Ist es möglich, die Wurzelballen von den Resten gesammelter Steinpilze wieder in der Nähe von passenden Baumarten in der Erde möglichst tief zu vergraben und so einen Teil des Myzels weiter zu verbreiten? So dass sich darüber ein neues Myzel mit späteren Fruchtkörpern bildet?
Ja, das ist grundsätzlich möglich und wird von vielen Pilzfreunden auch erfolgreich praktiziert – allerdings mit einigen wichtigen Einschränkungen und realistischen Erfolgsaussichten.
Warum es funktionieren kann
Steinpilze (Boletus edulis und verwandte Arten) bilden eine ektomykorrhizale Symbiose mit bestimmten Baumarten (vor allem Fichte, Kiefer, Buche, Eiche, seltener auch Douglasie, Tanne oder Hainbuche). Das Myzel lebt nicht allein im Boden, sondern in enger Verbindung mit den Feinwurzeln der Bäume.
Wenn du frische Wurzelballen (also das Myzel-gefüllte Substrat unter den Fruchtkörpern) von reifen Steinpilzen sammelst und diese in der Nähe geeigneter Wirtsbäume wieder einbringst, kannst du tatsächlich Teile des Myzels „verimpfen“. Es gibt zahlreiche Berichte von Pilzsammlern und Förstern, dass genau so neue Steinpilzvorkommen entstanden sind – manchmal schon nach 2–5 Jahren die ersten Fruchtkörper auftauchen.
Erfolgsquote und wichtige Tipps für höhere Chancen
Die Erfolgsquote liegt aber eher bei 10–30 %, selten höher. Folgende Punkte sind entscheidend:
- Richtige Wirtsbäume in der Nähe Idealerweise junge bis mittelalte Bäume (10–60 Jahre), deren Feinwurzeln noch aktiv wachsen. Alte Bäume haben oft schon „besetzte“ Mykorrhiza-Partner.
- Frische und vitale Myzelstücke Nur von frischen, gesunden Pilzen nehmen, am besten von großen, reifen Exemplaren kurz vor oder während der Sporenreife. Die Stiele mit dem gesamten Erd- und Myzelballen vorsichtig ausgraben (nicht abschneiden!).
- Tiefe und Methode des Einbringens 15–30 cm tief in den mineralischen Boden (nicht nur in die Humusauflage) eingraben, direkt in den Feinwurzelbereich der Bäume (ca. unter der Krone, wo die meisten Feinwurzeln sind). Am besten mehrere kleine Löcher (10–20 cm Durchmesser) rund um den Baum machen und jeweils ein Stück Myzel + Erde einbringen. Danach locker mit der ursprünglichen Erde + etwas Laub wieder abdecken.
- Feuchtigkeit und Bodenbeschaffenheit Steinpilze mögen eher frische, gut drainierte, kalkarme bis neutrale Böden. Staunässe vermeiden.
- Zeitpunkt Am besten im Herbst während der Steinpilz-Saison (September–November), wenn das Myzel aktiv ist.
- Kombination mit Sporensuspension erhöht die Chance Viele schwören darauf, zusätzlich reife Kappen in Wasser einzulegen (24–48 h), die Sporenbrühe abzuseihen und über die Stellen zu gießen. Sporen allein keimen zwar schlecht, aber in Kombination mit lebendem Myzel aus den Wurzelballen steigt die Wahrscheinlichkeit.
Bekannte Erfolge
- In Skandinavien und Norddeutschland haben Förster und Pilzvereine so gezielt neue Steinpilzvorkommen angelegt (z. B. entlang von Forstwegen unter jungen Fichten).
- Private Grundstücksbesitzer berichten immer wieder, dass nach 3–8 Jahren plötzlich Steinpilze an Stellen wachsen, wo sie vorher jahrzehntelang nie waren – genau dort, wo sie früher Myzel vergraben hatten.
Fazit
Ja, es funktioniert oft genug, dass es sich lohnt – besonders wenn du mehrere Stellen an mehreren geeigneten Bäumen „impfst“. 100 % Garantie gibt es nicht (wie bei jeder Mykorrhiza-Impfung), aber es ist eine der besten Methoden, die einem Hobby-Pilzfreund zur Verfügung stehen. Viel Erfolg – und gedulde dich ein paar Jahre! 🍄