Richard Thomet aus KlotenDer Bauleiter, der die späteren Hockeymeister bändigte
Ob EHC, Stadtfest, Politik – es gibt wenig, für das sich Richard Thomet in Kloten nicht engagiert hat. Auch mit 70 Jahren lehnt er sich noch lange nicht zurück.
«Ich war ja überall der Präsident», sagt Richard Thomet gleich zu Beginn des Gesprächs an dem Ort, wo dies heute noch zutrifft – und lässt zum ersten Mal sein herzhaftes Lächeln über sein hellwaches Gesicht strahlen, wenn er über sich selbst spricht. Einige Tage sind vergangen, seit er am UNO-Tag der Freiwilligen den Prix Volontaire der Stadt Kloten erhalten hat. Dass er von der Ehrung komplett überrascht wurde, bringt ihn noch immer zum Schmunzeln. «Die ganze Welt hat es gewusst, ausser ich», sagt Thomet lachend und schüttelt den Kopf. Doch auch wenn der 70-Jährige die Auszeichnung für sein Lebenswerk als Ehrenamtlicher erhalten hat – abgeschlossen ist dieses noch lange nicht.
Der Stiftung Pigna, an deren Stammsitz im Wohnhaus Graswinkel er zum Kaffee im Restaurant Hans im Glück eingeladen hat, wird Thomet auch in den nächsten vier Jahren als Stiftungs- und Betriebskommissionspräsident erhalten bleiben. Im September erst haben er und seine Kolleginnen und Kollegen sich erneut ins Gremium wählen lassen. «Danach aber ist Schluss, dann müssen neue Köpfe ran», kündigt Thomet an.
Es scheint ein Muster zu sein, das sich als roter Faden durch seine 40 Jahre als ehrenamtlich Engagierter zieht: Richard Thomet übernimmt Verantwortung, wenn es ihn braucht, auch in leitender Position. Doch er klebt keineswegs an seinem Sessel und räumt ihn, wenn er den Moment dafür gekommen sieht. «In jedem Amt nützt man sich mit der Zeit ab, darum sollte man immer nur so lange bleiben, wie man noch Energie hat, um etwas zu bewegen», lautet seine Devise. An seinen bisherigen Stationen schien und scheint seine Kraft freilich lange anzuhalten.
Die intensivsten Pigna-Jahre
So gehört Richard Thomet der Betriebskommission und dem Stiftungsrat der Pigna, die er beide seit sechs Jahren präsidiert, bereits seit 2004 an. Walter Hertig, der einst während der Ausbildung zum Hochbauzeichner sein Lehrmeister gewesen war, trat damals aus der Betriebskommission aus und fragte Thomet, ob er sein Nachfolger werden wolle. «Ich musste gar nicht lange überlegen, es war für mich selbstverständlich und naheliegend, mich hier zu engagieren», erzählt er, «zumal ja meine Schwester hier gewohnt hat.»
Die vergangenen beiden Jahre seien die intensivsten seiner Pigna-Zeit gewesen. Zum einen, weil die Geschäftsleitung während dieser Zeit lange vakant blieb, sodass sich Thomet als Betriebskommissionspräsident nicht nur auf strategische Belange konzentrieren konnte, sondern sich auch um die Nachfolgeregelung und andere operative Angelegenheiten kümmern musste. Daneben galt es, den Neubau an der Graswinkelstrasse als Präsident der Baukommission zu überwachen – und die Stiftung mit ihren 280 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und einem Jahresbudget von 28 Millionen Franken gut durch die Pandemie zu führen. Auch und gerade für Einrichtungen für Menschen mit Beeinträchtigungen sei diese aufgrund der häufig wechselnden Regeln eine fordernde Zeit gewesen.
«Das hat alles viel Kraft und Einsatz gekostet», sagt Thomet rückblickend. «Seit 1. August sind wir mit dem neuen Geschäftsführer Markus Spühler aber gut aufgestellt.»
In drei Firmen gleichzeitig involviert
Den temporär so erhöhten Einsatz im Ehrenamt konnte Richard Thomet auch deswegen leisten, weil er seine eigene Firma bereits vor drei Jahren verkauft hatte. Gegründet hatte der Ur-Klotener die Thomet Partner AG einst als 26-Jähriger, unmittelbar nach dem Abschluss seiner Weiterbildung zum Diplom-Bautechniker TS. Sein Büro für Bauleitungen baute Thomet von null auf. Und das, obwohl er die meiste Zeit beruflich gleichzeitig in zwei weiteren Firmen involviert war: in der Garaplan AG, einem Planungsbüro mit Schwerpunkt Tankstellenbau, und in der Nyffenegger Kloten AG. Sie wiederum ist in den Bereichen Ladenbau und Innenausbauten tätig und hat sich zu einem führenden Anbieter für Tankstellenunterhalt entwickelt. «Die beiden Firmen sind parallel gelaufen», schildert Thomet.
Als die SBB in den 1990er-Jahren das Zürcher S-Bahn-Netz aufbauten, übernahm Thomet mit seiner Firma die Montage der rund 1200 Fahrplan- und Informationsstelen. Thomet, sein Vater und vor allem sein Bruder Jean-Michel, aufmerksamen Leserinnen und Lesern als Medienchef des EHC Bülach bekannt, legten damals selbst als Monteure Hand an. «Sie haben mir viel geholfen», sagt er im Rückblick, «im Nachhinein ist es kaum zu glauben, wie viel wir damals gearbeitet haben. Aber wir waren jung, haben einfach mal losgelegt und gemacht.» Es heutzutage ruhiger angehen zu können, geniesse er sehr, betont Thomet.
Mit der Nyffenegger Kloten AG ist er indes als Teilhaber und Verwaltungsratsmitglied noch immer an einem Tag pro Monat beschäftigt. «VR-Präsident Roland Steiger ist mein bester Freund, wir besprechen die Strategie auch mal bei einem guten Essen, einem Glas Wein und einer Zigarre danach», erzählt er verschmitzt grinsend.
Die wilden Jahre der EHC-Meister hautnah miterlebt
Dass Richard Thomet so lange Zeit in drei Firmen gleichzeitig tätig war, mag schon für sich erstaunen. Umso verblüffender ist jedoch, dass die frühen Jahre seiner Selbstständigkeit mit seiner ersten, zeitlich aufwendigsten ehrenamtlichen Arbeit überhaupt zusammenfielen: jener im EHC Kloten. Im Verein, für den er als Aktiver des Reserveteams selbst dabei gewesen war, fing er zu Beginn der 1980er-Jahre als Assistenztrainer der Elite-Junioren an. Bald rückte er zur ersten Mannschaft auf und war in deren Umkreis als Assistenzcoach, Materialwart, TK-Chef und vor allem als Teamleiter tätig. In dessen Aufgabenbereich fiel alles rund um die Equipe, wie etwa die Organisation von Freundschaftsspielen, Hotelzimmern und Carfahrten.
Jahrelang sei er damals an praktisch jedem Training und Match und natürlich an den Trainingslagern im Ausland mit von der Partie gewesen. «Ich bin da schnell hineingewachsen und hatte grosse Freude an meinen Aufgaben», erinnert sich Thomet. Auch wenn ihm das spätere Serienmeisterteam mit dem Kern um Felix Hollenstein, Roman Wäger und Reto Pavoni in seinen jungen Jahren bisweilen ein starkes Nervenkostüm und diplomatisches Geschick zu nächtlicher Stunde abverlangte. So etwa während einer Tankpause mit dem Car an einer österreichischen Autobahnraststätte auf der Heimfahrt von einem Freundschaftsturnier. «Leider hing dort ein Korb voller Fussbälle am Eingang zum Shop, was den Übermut von Limi Wäger und Co. erst recht entfacht hat», erzählt Thomet. «Man konnte gar nicht so schnell schauen, wie sie die Bälle in alle Himmelsrichtungen weggekickt haben – aber auch nicht, wie schnell die Gendarmerie, vom Verkäufer im Tankstellenshop angefordert, dann vor Ort war.»
Trotz der Flausen der Eishockeyaner, die in ihren jungen Jahren «wie in einer anderen Welt gelebt» hätten, habe er mit ihnen allen ein gutes Verhältnis gepflegt. Dass er sich während zwölf Jahren in diversen Funktionen dem EHC widmete, erklärt sich Richard Thomet aber auch damit, «dass ich womöglich auf dem Weg etwas nachholen wollte, was mir selbst als Spieler vergönnt gewesen war». Ausserdem sei damals in der Flughafenstadt noch besonders hoch angesehen gewesen, wer sich im Verein engagierte. «Wenn man etwas im EHC gemacht hat, dann war man jemand in Kloten», erklärt Thomet. Obwohl seine Zeit als TK-Chef des Vereins 1993, noch vor dem ersten der vier Meistertitel in Serie, mit der Entlassung endete – der einzigen in seinem Leben – blieb er dem EHC als Mitglied der von ihm gegründeten ersten Donatoren-Vereinigung Red-Liner-Club sowie später dem Business Club bis heute verbunden.
Überraschende Wahl bringt Haussegen in Schieflage
Von der Eisfläche am Schluefweg wechselte Richard Thomet in den Klotener Gemeinderat – nahtlos, aber unverhofft. Der heutige Stadtpräsident René Huber habe ihn persönlich angefragt, ob er nicht als Listenfüller auf der SVP-Liste für die Gemeindewahlen 1994 fungieren wolle. «Als ich dann aber vom Platz 30 aus in den Gemeinderat gewählt wurde, hat meine Frau Esther zum ersten und einzigen Mal in unserem 40-jährigen Eheleben eine Woche lang nicht mit mir geredet», verrät Thomet.
Als der Haussegen wieder gerade hing, trat er sein Amt an und fand insbesondere an der Kommissionsarbeit grossen Gefallen. «Das war eine ganz gute Gruppe mit Leuten aus jeder politischen Richtung, die sehr gut miteinander arbeiten konnten», schwärmt er. «Und nach den offiziellen Sitzungen kam der inoffizielle Teil in der Beiz – aus dem sogar Freundschaften entstanden sind.» Dennoch verliess er den Gemeinderat nach zwölf Jahren wieder. «Ich habe viele gute Erinnerungen, aber irgendwann war es genug», sagt er dazu. Den krönenden Abschluss seiner politischen Arbeit bildete das letzte Amtsjahr, in dem er dem Stadtparlament als dessen Präsident und somit formell als höchster Klotener vorstand. Auch wenn Thomet relativiert: «Da waren sicher viele schöne Anlässe dabei – aber als höchste Auszeichnung meines Lebens sehe ich das Ratspräsidium nicht – der Prix Volontaire bedeutet mir mehr.»
Letzteren dürfte sich der Ur-Klotener, der als Sohn eines Fluglotsen im Buchhalden-Quartier mit drei Geschwistern aufwuchs, zu einem Gutteil mit einer weiteren Aufgabe verdient haben, die er zu Beginn noch parallel zu jener als Gemeinderat ausübte: dem OK-Präsidium der ersten vier Klotener Stadtfeste. «Das war wirklich ein Präsidentenamt, das ich nicht gesucht habe», schildert Richard Thomet. «Aber als sich niemand anderes dazu bereit erklärt hat, habe ich die Verantwortung übernommen – da aber schon im Wissen, dass ich gute, engagierte Leute für das OK um mich herum gefunden hatte.»
Nachdem er die gute Atmosphäre und den enormen Erfolg eines kleineren Quartierfests erlebt hatte, sei es ihm klar gewesen, welch grosse Bedeutung ein solches Stadtfest für das Zusammenleben in Kloten entwickeln könne, begründet er sein Engagement.
Vom Auftrag zum nächsten Amt
In kleinerem, aber durchaus bedeutendem Rahmen bewies Richard Thomet seine Brückenbauer-Qualitäten schliesslich 2013, als er als Gründungspräsident des Vereins freiwillig@kloten dazu beitrug, insbesondere in der Unterstützung für ältere Menschen die Kräfte zu bündeln. Am Anfang seines eigenen ehrenamtlichen Engagements in diesem Bereich stand ein beruflicher Auftrag. Thomets Firma hatte den Umbau des Pflegezentrums Spitz geplant. Simon Kuppelwieser, der damalige Bereichsleiter Gesundheit und Alter der Stadt Kloten, sei während ihrer langjährigen Zusammenarbeit zu einem Freund geworden. Und als solcher fragte Kuppelwieser Thomet an, im neuen Dachverein die bisherigen Anbieterinnen und Anbieter von Hilfsangeboten für ältere Menschen in der Flughafenstadt zusammenzuführen. Das Präsidium dort gab er freilich 2016 ab, als er jenes im Stiftungsrat der Pigna übernehmen musste.
Seine vielen, teilweise zeitgleichen Engagements habe er nur deswegen leisten können, weil seine Frau und er eine Ehe mit klassischer Aufgabenteilung gelebt hätten, sprich: sie sich zu Hause weitgehend allein um den Haushalt, die Betreuung und Erziehung ihrer beiden Töchter gekümmert habe, gibt Thomet zu bedenken. Zudem habe er sich stets einer robusten Gesundheit erfreut und sei nie ernsthaft verletzt oder krank gewesen. Nach dem inneren Antreiber, der alldem zugrunde liegt, gefragt, antwortet der 70-Jährige: «Ich glaube, ich bin ein grosszügiger Mensch, der vieles gegeben – aber auch ganz vieles retour bekommen hat im Leben.»
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