Berlin

Gaza-Demo in Berlin: „Die in Deutschland ermordeten Juden würden sich im Grabe umdrehen“

BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht protestierte mit einer Großkundgebung am Brandenburger Tor gegen Israels Vorgehen in Gaza. Laut Polizei waren bis zu 12.000 Menschen vor Ort.

Sahra Wagenknecht auf der Bühne
Sahra Wagenknecht auf der BühneMarcus Wächter/Berliner Zeitung

Großdemonstration im Herzen der Hauptstadt: Die BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht rief an diesem Samstag zu einer Solidaritätskundgebung unter dem Motto „Stoppt den Völkermord in Gaza“ auf. Die Demonstration begann am Nachmittag am Brandenburger Tor und nach Angaben der Organisatoren ein Zeichen für Frieden und gegen Wettrüsten setzen.

Nach Aussagen der Veranstalter hatten sich bis zu 20000 Menschen auf dem Platz vor dem Brandenburger Tor versammelt – die Polizei spricht von 12000 Demonstranten. Die Veranstaltung verlief bis laut Polizei weitgehend störungsfrei. Laut Polizei wurde am Rande der Demo, an der Simonstrasse, ein Mann festgenommen - wegen eines strafbaren Plakates.

Gabriele Krone-Schmalz schämt sich

Journalistin Gabriele Krone-Schmalz betrat die Bühne und lobte das Treffen zwischen Donald Trump und Wladimir Putin. „Die zwei größten Atommächte der Welt“ würden nun endlich wieder Vertrauen aufbauen, sagte sie. Deutschland und die EU hätten diesen „Anfang in Alaska“ jedoch sofort „herabgewürdigt“. Die ablehnende Haltung der Bundesregierung erklärte sie damit, dass immer mehr Menschen auf die Straße gingen und ihre Stimme erhöben – ein Versuch, diese Stimmung zu überlagern.

Wie andere Redner verurteilte sie den Angriff der Hamas, betonte zugleich aber das „unverhältnismäßige Vorgehen Israels“ und sprach von einem „Völkermord in Gaza“. „Was haben alte und kranke Leute mit der Hamas zu tun? Ich schäme mich für die Sinnentleerung des Begriffs Antisemitismus“, sagte sie. Die in Deutschland ermordeten Juden „würden sich im Grabe umdrehen“, wenn sie die heutige Verwendung des Begriffs sähen. Als Deutsche sehe sie keine Veranlassung, die Angriffe in Gaza zu tolerieren, „nur weil es sich bei den Tätern um Juden handelt“.

Sahra Wagenknecht will sich „Mund nicht verbieten lassen“

Nach einer guten Stunde betrat Sahra Wagenknecht die Bühne der Kundgebung. Sie sprach von „Steinen im Weg“, weil manche in Berlin und „im Kanzleramt“ die Veranstaltung hätten verhindern wollen. Doch niemand lasse sich den Mund verbieten, wenn es darum gehe, die Stimme für Frieden zu erheben. Wagenknecht erklärte, ihre Kritik richte sich gegen alle Kriege und „gegen alle, die mit Bomben und Lügen ihr Geld verdienen“. Sie verurteilte den Angriff der Hamas, warnte aber zugleich davor, das Vorgehen Israels zu rechtfertigen: Tausende Menschen seien gestorben, und „auf hungernde Kinder“ werde geschossen.

Die BSW-Chefin betonte, man dürfe nicht aus deutscher Geschichte ableiten, „einer rechtsextremen Regierung, die einen Völkermord begeht, bedingungslos zur Seite“ zu stehen. Die richtige Lehre sei vielmehr, die eigene Stimme zu erheben. Deutschland sei nicht nur Zuschauer, sondern „Mittäter“. Bundeskanzler Merz trete mit Waffenlieferungen das Völkerrecht „mit den Füßen“. Wichtigstes Ziel bleibe für sie: „Nie wieder Krieg.“ Die Menge rief diesen Satz im Chor, während Wagenknecht Kompromissbereitschaft in allen Konflikten forderte.

Didi Hallervorden und Roger Waters gegen Krieg

Auch Dieter Hallervorden hatte einen Redebeitrag. „Kriegstüchtig – das ist für mich das Unwort des Jahrzehnts“, sagt er. „Ich habe Krieg erlebt und fordere alle jungen Menschen auf, friedlichen Ungehorsam zu leisten, wenn sie einen Wehrdienstbrief bekommen.“ Anschließend stimmt er ein Anti-Kriegs-Lied an.

Darauf folgte eine Videobotschaft von Roger Waters. „Ich weiß, dass wir hier sind, um über den Genozid in Gaza zu sprechen“, begann er, wandte sich dann aber dem Krieg in der Ukraine zu. „Ich habe eine gute Idee: Stoppt den Krieg sofort!“ Die Menschen dort sollten selbst entscheiden dürfen, ob sie Teil der Russischen Föderation werden wollen. Die Teilnehmer der Kundgebung applaudieren. Danach richtet Waters den Blick auf Gaza: „Das grundlegende Ziel des Kolonialismus ist es, Land zu stehlen – im Namen Gottes.“ Demokratie sei dabei nur „Theater“. „Wir werden sie überwinden“, fügt er hinzu und nennt in diesem Zusammenhang auch US-Präsident Donald Trump. Zum Abschluss hob er die Faust in die Kamera und sang „From the River to the sea“, die Menschen applaudierten.

Viele Demonstranten fordern lautstark Frieden.
Viele Demonstranten fordern lautstark Frieden.Markus Wächter/Berliner Zeitung

Daniel Aminati ruft zu Frieden und Menschlichkeit auf

Moderator Daniel Aminati eröffnete die Veranstaltung mit einem Appell an Menschlichkeit und Zusammenhalt. Er betonte, dass Frieden nur möglich sei, wenn Menschen Verbundenheit zueinander empfinden. In seiner Rede sprach er auch die Opfer des 7. Oktober, die Hungernden in Gaza sowie die noch immer in Geiselhaft befindlichen Israelis an. Antisemitismus, so Aminati, dürfe niemals mit einem Ruf nach Frieden verwechselt werden. „Mensch ist Mensch“, schloss er unter großem Applaus.

Die Veranstaltung richtete sich sowohl gegen das militärische Vorgehen Israels im Gazastreifen als auch grundsätzlich gegen Waffenlieferungen in Konfliktregionen. Unterstützt wurde Wagenknecht auch  vom Rapper Massiv, vom Schauspieler Dieter Hallervorden und vom Musiker Peter Maffay. Zudem schaltete sich Pink-Floyd-Gründer Roger Waters mit einer Grußbotschaft aus New York zu.

Die Demonstration war bereits vor rund einem Monat angekündigt worden und steht seitdem im Fokus der öffentlichen Debatte. Polizei und Versammlungsbehörde bereiten sich auf einen Großeinsatz vor, um einen geordneten Ablauf der Veranstaltung zu gewährleisten. Auch Wagenknechts frühere Partei, die Linke, plant Ende des Monats eine eigene Solidaritätsdemonstration für Gaza.

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