Kasseler Internetanbieter wehrt sich gegen Gerüchte von Netz-Stilllegungen
Der Kasseler Internetanbieter Netcom wehrt sich vehement gegen Gerüchte, dass angeblich Teile des von ihm genutzten Netzes stillgelegt werden sollen.
Kassel – „Diese Falschbehauptungen werden immer wieder kolportiert“, sagt dazu Netcom-Geschäftsführer Ralph Jäger. Das sei regelmäßig aus allen fünf Landkreisen Nordhessens zu hören, in denen die Netcom ihre Internetprodukte anbiete. „Nichts daran stimmt.“
Vielmehr werde die Netcom noch etliche Jahre mit dem Netz am Markt sein, das die Breitband Nordhessen mit öffentlicher Förderung in den Jahren 2014 bis 2019 geplant und aufgebaut hat.
Den Hauptgrund für die immer wieder kursierenden Vermutungen über mögliche Stilllegungen sieht Jäger vor allem in der von der Netcom genutzten Netztechnik. „Das Netz, das die Breitband Nordhessen aufgebaut hat, basiert noch auf der FTTC-Technik“, sagt Jäger. Das heißt: Das Glasfaserkabel reicht nur bis zu den alten Verteilerkästen der Telekom. Die letzte Meile hin zum Endkunden werde noch mit einem Kupferkabel überbrückt.
Kasseler Internetanbieter Netcom sucht Partner, um das eigene Netz weiter auszubauen
Der Nachteil dabei: Mit dieser Technik lassen sich Datenraten von 100 MBit pro Sekunde übertragen (VDSL). Je länger das Kupferkabel hin zum Endkunden ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit für Störungen bei der Weiterleitung von Daten.
Natürlich entspricht das nicht mehr dem aktuellen Standard. Schon seit vielen Jahren bauen Internetanbieter wie die Deutsche Glasfaser oder die Goetel Internet nach dem FTTH-Prinzip aus. Das heißt: Das Glasfaserkabel reicht bis in Haus der Kunden hinein. Entsprechend höhere Datenraten können übertragen werden. Als Standard gelten 1000 MBit pro Sekunde.
„Vermutlich ist das der Grund dafür, warum unser Netz immer wieder in Misskredit gerät“, erklärt Jäger.
Tatsächlich sucht die Netcom schon seit Jahren nach einem Partner, um das eigene Netz weiter ausbauen zu können. Grund: Die Netcom selbst hat nicht das nötige Geld, um ihr Netz auf FTTH-Niveau zu heben.
So war schon im April 2022 der Versuch unternommen worden, die Netcom zusammen mit der Breitband Nordhessen an einen großen Player zu verkaufen. Bis heute ohne Erfolg. Die Breitband Nordhessen meldete im Januar 2024 Insolvenz an. Kurze Zeit später wurde im Juni 2024 die Netcom komplett von der KVV übernommen.
Netcom selbst hat nicht das nötige Geld, um ihr Netz auf FTTH-Niveau zu heben
An der Grundsituation hat sich damit für die Netcom nicht viel geändert. Sie betreibt weiter ihr FTTC-Netz in den fünf Landkreisen Nordhessens mit der letzten Meile aus Kupfer bis hin zu den Haushalten.
In Kassel und Vellmar allerdings springt inzwischen in Sachen FTTH-Netzausbau die Netz & Service in Zusammenarbeit mit der Telekom in die Bresche. Bis 2032 sollen alle 142.000 Haushalte in Kassel und Vellmar ans Glasfasernetz angeschlossen sein. Die Netz & Service ist als 100-prozentige Tochter der Städtischen Werke ebenfalls Teil des KVV-Konzerns. Und auch sie baut schon seit vielen Jahren ein eigenes Netz aus und betreibt es. Netcom und Netz & Service sind somit Konzerngeschwister.
Entsprechend habe es in den vergangenen Monaten im Raum Kassel „eine kleine Flurbereinigung gegeben“, wie es Jäger nennt. Netcom-Kunden aus Kassel mit Galsfaseranschluss der Netz & Service wurde gekündigt und empfohlen, jetzt bei der Netz & Service Kunde zu werden (Viyonet). „Natürlich stand allen frei, welchen Anbieter sie nehmen wollen“, sagt Jäger. „Es gibt ja noch Telekom, 1&1 und O2 auf dem Netz der Netz & Service“. Betroffen habe das etwa 100 Gewerbetreibende und etwa 250 Privathaushalte. Es mache keinen Sinn, wenn sich KVV-Töchter gegenseitig Konkurrenz machten.
Aktuell zählt die Netcom in Nordhessen noch rund 25.000 Internetkunden
Wohl auch dieser Schritt sei an mancher Stelle in Richtung eines vorzeitigen Aus für das Netcom-Netz fehlgedeutet worden. „Dabei betraf es gar nicht unsere FTTC-Kunden, die wir in Kassel und Vellmar auch jetzt noch haben“, sagt Jäger. Diese Kunden würden auch weiterhin Netcom-Kunden bleiben, wenn sie mit dem VDSL-Angebot, also mit dem Kupferkabel, zufrieden seien.
Gleiches gelte auch für alle weiteren Kunden in den fünf Landkreisen Nordhessens. 100 MBit pro Sekunde seien für einen durchschnittlichen Internetgebrauch auch heute noch ausreichend. Jedoch wissen Jäger wie auch der Geschäftsführer der Netz & Service, Andreas Kreher, dass sich die Bandbreiten laufend erhöhen. „Fernsehen, Gaming, Telefonie und Streaming – immer mehr läuft über das Internet“, sagt Kreher.
So sei seit einigen Jahren schon von Natur aus eine langsame Abkehr von FTTC-Produkten zu beobachten. „Wir verlieren pro Jahr rund 1000 VDSL-Kunden an die FTTH-Konkurrenz“, sagt Jäger. Aktuell zähle die Netcom in Nordhessen noch rund 25.000 Internetkunden, geplant nach dem Netzausbau der Breitband Nordhessen Ende 2019 waren einmal 30.000 bis 40.000 Kunden.
Natürlich werde die Kupfer-Technologie irgendwann überholt sein. „Aber eben jetzt noch nicht“, sagt Jäger. Wenn es irgendwann in vielen Jahren soweit sei, werde es einen regulierten Übergang geben. „Wir werden keinen Kunden ohne Versorgung haben.“