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Tausende Corona-Geimpfte in „aussichtslosem Kampf” – Forscher erklärt, warum

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Viele Menschen in Deutschland glauben, einen Schaden von der Corona-Impfung davongetragen zu haben. Ob das wirklich stimmt, ist oft nicht eindeutig zu klären. Betroffene fühlen sich alleingelassen und stigmatisiert.
Viele Menschen in Deutschland glauben, einen Schaden von der Corona-Impfung davongetragen zu haben. Ob das wirklich stimmt, ist oft nicht eindeutig zu klären. Betroffene fühlen sich alleingelassen und stigmatisiert. © Montage: IPPEN.MEDIA; [M] Sok Eng Lim; Fotos: Andrew Neel/ Unsplash, Peter Kneffel/ picture alliance/ dpa, Imago/ Westend61

Nach der Corona-Impfung hat Franziska M. mit schweren gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Sie erhält – wie mehr als zehntausend andere – keine Anerkennung.

+++ 13. März 2021: Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts wurden in Deutschland mittlerweile 6.113.484 Corona-Erstimpfungen durchgeführt. +++

Frankfurt – Für Franziska M. (Name von der Redaktion geändert) begann ihre Leidensgeschichte mit der Corona-Impfung. Während der Pandemie engagierte sie sich ehrenamtlich als Notfallsanitäterin, heute hat sie Pflegegrad 4. Die Bundeswehrsoldatin berichtet bei IPPEN.MEDIA von erheblichen gesundheitlichen Problemen und einem „nahezu aussichtslosen Kampf.“

Bundeswehrsoldatin wird nach Corona-Impfung schwer krank: „Vollständig auf mein Umfeld angewiesen“

Ihre Beschwerden traten nach der zweiten Impfung auf. Franziska M. beschreibt schwerwiegende Symptome, darunter „Menstruationsstörungen, Hautprobleme, Gewichtszunahme, ausgeprägte Müdigkeit und ein massiver Einbruch der körperlichen Leistungsfähigkeit.“ Etwa zwei Monate später erlitt sie erstmals eine Synkope, einen plötzlichen Bewusstseinsverlust durch verminderte Blutzufuhr zum Gehirn. Die Symptome verschlimmerten sich weiter: „Anhaltende Schmerzen, Belastungsintoleranz, Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Reizempfindlichkeit, Wortfindungsstörungen und Konzentrationsschwäche.“ Sie erinnert sich: „Ich war vollständig auf mein Umfeld angewiesen, um meinen Alltag zu bewältigen.“

Trotz dieser Umstände erhielt sie im Rahmen der Duldungspflicht bei der Bundeswehr den Befehl zur dritten Impfung. Eine Befreiung durch die Truppenärztin wurde abgelehnt, obwohl ein niedergelassener Kardiologe bereits einen Zusammenhang zwischen ihren Symptomen und der zweiten Impfung festgestellt hatte. „Ich wollte kein Disziplinarverfahren riskieren, daher ließ ich mir den Termin für die dritte Impfung geben.“ Nach dieser Impfung verschlechterten sich ihre Symptome erneut erheblich.

IPPEN-Serie: Fünf Jahre Corona

In der Serie zum fünften Jahrestag der Corona-Pandemie spricht IPPEN.MEDIA mit Menschen, die die Pandemie aus verschiedenen Blickwinkeln erlebt, durchlebt und größtenteils noch lange nicht abgeschlossen haben. Auf der Suche nach Folgen, Lehren und der Aufarbeitung.

Im Moment lesen Sie Teil 3 der Serie. In Teil 1 zieht Virologe Hendrik Streeck Bilanz und spricht über Folgen, Lehren und die Zukunft nach Corona. Teil 2 behandelt den womöglich größten Fehler in der Corona-Pandemie und seine Folgen für Kinder.

Schwere Symptome nach Corona-Impfung: Soldatin zeigt keine andere Ursache für Folgeerkrankung

Es folgten mehrere Krankenhausaufenthalte und Diagnosen von Herz- und Nervenleiden sowie zwei unabhängige Verdachtsdiagnosen auf ME/CFS, eine Erkrankung, die nach einer Corona-Infektion oder Impfung auftreten kann. „Bemerkenswert ist, dass ich nachweislich nie an Corona erkrankt bin“, betont sie.

Was ist ME/CFS?

Die Myalgische Enzephalomyelitis / das Chronische Fatigue Syndrom ist eine schwere neuroimmunologische Erkrankung, die oft zu einem hohen Grad körperlicher Behinderung führt. Betroffene leiden neben einer schweren Fatigue (körperliche Schwäche), die das Aktivitätsniveau erheblich einschränkt, unter neurokognitiven, autonomen und immunologischen Symptomen. ME/CFS beginnt häufig nach einer Infektionskrankheit. Bekannte Pathogene sind z.B.: Das Epstein-Barr-Virus, die Influenza oder eben das Coronavirus COVID-19.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für ME/CFS

Franziska M. sieht die Ursache ihrer Erkrankung klar in den Corona-Impfungen. Ausschluss- und differenzialdiagnostisch sei keine andere Ursache festgestellt worden. Dennoch befindet sich die Anerkennung ihrer Erkrankung in einem Widerspruchsverfahren. Sie beklagt außerdem: „Die Bundeswehr versucht weiterhin, eine psychosomatische Diagnose aus meiner ME/CFS zu machen.“

Zehntausende fordern Anerkennung von Corona-Impfschäden

Die Anerkennung eines Impfschadens ist in Deutschland kompliziert. Laut Daten der Sozialministerien der Länder, die IPPEN.MEDIA eingeholt hat, wurden 13.686 Anträge gestellt, aber nur 601 anerkannt.

BundeslandAnträge insgesamtDavon anerkannt
Bayern (Stand 20.1.2025)2911143
Nordrhein-Westfalen (Stand 31.1.2025)2311135
Baden-Württemberg (Stand 31.12.2024)140965
Berlin (Stand: 4.2.2025)106130
Hessen (Stand 28.1.2025)98134
Niedersachsen (Stand 3.2.2025)94558
Sachsen (Stand 31.10.2024)75528
Rheinland-Pfalz (Stand: 3.2.2025)70617
Thüringen (Stand: 31.1.2025)44213
Schleswig-Holstein (Stand 11.3.2025)41534
Brandenburg (Stand: 31.1.2025)4067
Sachsen-Anhalt (Stand 31.12.2024)3744
Mecklenburg-Vorpommern (Stand 21.1.2025)37217
Hamburg (Stand 3.2.2025)2687
Saarland fehlt (Stand 14.02.2025)2178
Bremen (Stand 31.12.2024)1131
Bundesweit gesamt13.686601

Covid-Experte erklärt, wieso Impfschäden auch fünf Jahre nach der Pandemie schwer zu erkennen sind

Warum gibt es eine so große Diskrepanz zwischen den Berichten der Betroffenen und den offiziellen Anerkennungen?

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„Leider können auch neue Tests noch nicht eindeutig zwischen den Folgen einer Infektion oder Folgen einer Impfung unterscheiden“, erklärt Prof. Dr. med. Bernhard Schieffer, Direktor am Universitätsklinikum Marburg, bei IPPEN.MEDIA. Die Uniklinik Marburg bietet eine „Spezialsprechstunde Post-Vax“ an, die sich an Personen mit lang anhaltenden Beschwerden richtet, die nach einer Infektion und/oder Impfung gegen Sars-CoV-2 aufgetreten sind.

Prof. Dr. med. Bernhard Schieffer ist Direktor der Klinik für Kardiologie, Angiologie und internistische Intensivmedizin am Universitätsklinikum Gießen/Marburg. Er forscht zu Long Covid, dem Post-Covid-Syndrom sowie zum Post-Vac-Syndrom und leitet die Post-Covid-Ambulanz an der Uniklinik.
Prof. Dr. med. Bernhard Schieffer ist Direktor der Klinik für Kardiologie, Angiologie und internistische Intensivmedizin am Universitätsklinikum Gießen/Marburg. Er forscht zu Long Covid, dem Post-Covid-Syndrom sowie zum Post-Vac-Syndrom und leitet die Post-Covid-Ambulanz an der Uniklinik. © Thomas Stoll

Viele post-virale Syndrome zeigen ähnliche Symptome wie Corona-Folgeerkrankungen oder Impfschäden, und die meisten Menschen hatten in den letzten Jahren zahlreiche Infektionen, erläutert Schieffer. Der Kardiologe stellt fest: „Ein Impfschaden bleibt eine Ausschlussdiagnose, die nur in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung gestellt werden kann.“

Corona-Impfung statistisch extrem sicher

Das Risiko von Nebenwirkungen durch die Corona-Impfung ist statistisch sehr gering. Schieffer erklärt, dass 0,002 Prozent der Menschen Nebenwirkungen nach der Impfung entwickeln. Im Vergleich dazu ist das Risiko, nach einer Infektion mit Sars-CoV-2 an Post-Covid zu erkranken, mit 6 bis 8 Prozent deutlich höher.

Unabhängig davon, ob die Ursache die Impfung oder eine Infektion ist, sollte Post-Covid ernst genommen werden. Schieffer betont: „Diese Menschen sind ernsthaft krank, jede Stigmatisierung als rein psychogene Erkrankung ist falsch.“ Die zugrundeliegenden Mechanismen werden weiterhin erforscht.

Post-Covid-Erkrankte alleingelassen und missverstanden – „Patienten teilweise zu Recht erbost“

Viele Betroffene, wie Franziska M., fühlen sich alleingelassen und missverstanden. Sie sind krank, erhalten jedoch keine Atteste oder medizinische Versorgung. Dies führt zu Frustration, die Klinikdirektor Schieffer in manchen Fällen nachvollziehen kann: „Die Patienten sind teilweise völlig zu Recht erbost, weil sie weder ernst genommen werden, noch Hilfe oder Unterstützung erfahren. Ich verstehe manche laute Äußerung als Hilferuf an die Politik.“ (moe)

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