Maria Cristina Coppola hat im September Panificio Etna an der Ortsdurchfahrt eröffnet.Mittlerweile gibt es acht Bäckereien auf engstem Raum in Bernhausen: Dergah Gün (links) hat mit der Unterstützung seines Bruders Diyar die Antep-Bäckerei eröffnet Foto: Caroline Holowiecki

Sechs Geschäfte mit Backwaren innerhalb eines 500-Meter-Radius gab es schon, zuletzt sind zwei neue hinzugekommen: Warum ist Bernhausen zur Bäckereien-Hochburg geworden, und hat die Stadt einen Einfluss drauf, wer welchen Laden aufmacht?

Die Blumensträuße stehen noch, auch die Ballons haben noch Luft. Die Eröffnung der Antep-Bäckerei in Bernhausen liegt nur wenige Tage zurück, und der Inhaber Dergah Gün strahlt immer noch vor Glück. Der Stuttgarter hat sich mit seiner eigenen Bäckerei einen Traum erfüllt, sein Bruder Diyar hilft ihm. Zu tun gibt es viel für die beiden Endzwanziger. Immer wieder gehen orientalische, türkische oder italienische Speisen über die Theke. Auf der anderen Seite des Ladenlokals ist ein Kiosk samt DHL-Shop aufgebaut. „Ich habe das in Berlin gesehen“, sagt Diyar Gün über das Shop-im-Shop-Konzept. Das Sortiment wolle man nach Kundenwünschen noch anpassen. „Wir sammeln gerade viele Erfahrungen“, sagt Diyar Gün. Auch das vegane Backwarenangebot soll wachsen.

Dergah Gün (links) hat mit der Unterstützung seines Bruders Diyar jüngst die Antep-Bäckerei eröffnet. Foto: Caroline/ Holowiecki

Die Auswahl an Broten, Brötchen und süßen Stückchen ist in Bernhausen auch ohne die örtlichen Supermärkte und Discounter riesig. Seit Kurzem gibt es gleich acht Bäckereien innerhalb eines 500-Meter-Radius: zweimal Wanner und einmal Kettinger mit klassischem Repertoire, der traditionelle Bäcker Briem, À la Miss und Happy Baker mit Spezialitäten aus der Türkei oder vom Balkan, außerdem kamen zuletzt Panificio Etna aus Italien und eben auch die Antep-Bäckerei hinzu.

Running Gag in den sozialen Medien

In sozialen Medien ist die Bernhäuser Bäckerschwemme längst zum Running Gag geworden. „Brotlichtviertel Bernhausen“, witzelte ein Mann bei Facebook zuletzt. Auch Eva-Maria Jörg, die Referatsleiterin Wirtschaft und Marketing bei der Stadt, sieht diese Häufung. „Wir würden uns auch freuen, wenn wir eine andere Vielfalt hätten“, sagt sie, gleichwohl stellt sie klar: Die Stadt kann und darf keinen Einfluss nehmen. „Es gibt eine Gewerbefreiheit in Deutschland“, sagt sie. Die Gewerbeordnung besagt, dass jedermann grundsätzlich der Betrieb eines Gewerbes gestattet ist, soweit keine Beschränkungen vorliegen. Während Vergnügungsstättenverordnungen beispielsweise mitunter Spielotheken einschränken können, gibt es so etwas bei Bäckereien nicht. Und immerhin werden so teils langjährige Leerstände wieder mit Leben gefüllt. Hinzu kommt, dass es sich zumeist nicht um kommunale Gebäude handelt. Die Stadt hat also gleich doppelt keinen Einfluss. Allenfalls über den Gründungszuschuss der Wirtschaftsförderung könne man konzeptionell eingreifen.


Diesen Gründungszuschuss hat unter anderem Maria Cristina Coppola bekommen. Im September erst hat sie Panificio Etna an der Ortsdurchfahrt eröffnet. Bei der gebürtigen Sizilianerin gibt es Spezialitäten aus ihrer süditalienischen Heimat, etwa deftige Arancini oder süße Cannoli, außerdem Käse, Oliven, Obst, Gemüse, Feinkost – sowie Brot, Brötchen und Co. Ab Ende März soll Eis dazukommen. Dass es etliche Mitbewerber gibt, weiß sie freilich auch, dennoch ist die 32-Jährige aus Feuerbach zufrieden. „Ich kann mich nicht beschweren“, sagt Maria Cristina Coppola. Vor allem der Mittagstisch werde gut angenommen. „Jeder hat sein eigenes Konzept“, erklärt Dergah Gün von gegenüber. Vor allem das süße Baklava komme bei ihm an, „da freuen sich die türkischen Kunden sehr“. Auch Eva-Maria Jörg hat beobachtet, dass jede der Bernhäuser Bäckereien eine andere Zielgruppe hat und sich mit einem eigenen Konzept erfolgreich positioniert hat. „Die halten sich gut“, sagt sie über die Geschäfte. „Es ist immer so, dass sich der Markt selbst reguliert.“