»Intrigen, Machtspiele« Grüner Mutlu verlässt wegen Gelbhaar-Affäre die Partei
Özcan Mutlu: »Stefan Gelbhaar wurde politisch vernichtet«
Foto: Sophia Kembowski / picture allianceDer frühere Grünen-Bundestagsabgeordnete Özcan Mutlu ist aus der Partei ausgetreten. Hintergrund sind die Diskussionen um eine parteiinterne Intrige und Belästigungsvorwürfe gegen den Berliner Bundestagsabgeordneten Stefan Gelbhaar. Die Partei sei nicht mehr die politische Heimat, für die er einst gekämpft habe, erklärte Mutlu in einem offenen Brief an die Bundesvorsitzenden Felix Banaszak und Franziska Brantner sowie an den Berliner Landesvorstand.
»Intrigen, Machtspiele und eine eklatante Fehlerkultur haben Bündnis 90/Die Grünen zu einer Organisation gemacht, die meine Überzeugungen und Werte nicht länger repräsentiert«, schrieb Mutlu, der 14 Jahre Grünenabgeordneter im Berliner Landesparlament und von 2013 bis 2017 im Bundestag war. Er trete deshalb mit sofortiger Wirkung aus der Partei aus.
Gelbhaar verzichtete auf Kandidatur für die Landesliste
Gegen Gelbhaar stehen seit Mitte Dezember Belästigungsvorwürfe im Raum. Der RBB berichtete nach eigenen Angaben auf Grundlage von eidesstattlichen Versicherungen von Frauen. Außerdem hatte der Sender nach eigenen Angaben Einblick in anonyme Meldungen an die Ombudsstelle der Grünen.
Am Freitag zog der Sender Teile seiner Berichterstattung dazu zurück und berichtete über Zweifel an der Identität einer Person, die solche Vorwürfe erhoben hatte.
Für den Sender steht fest, dass eine Grünen-Bezirkspolitikerin sich als eine betroffene Person ausgegeben und unter falschem Namen eine eidesstattliche Versicherung abgegeben hat. Gelbhaar hatte die Anschuldigungen stets zurückgewiesen.
Der Bundesvorstand der Grünen hat mittlerweile angekündigt, eine Kommission einzusetzen, um die Vorwürfe gegen Gelbhaar aufzuklären. Zudem soll wegen einer mutmaßlichen Falschaussage zulasten des Berliner Bundestagsabgeordneten Strafanzeige gestellt werden. Das kündigte der Parteivorsitzende Felix Banaszak an.
Banaszak sagte, es gehe um ein Verhalten, »das von krimineller Energie und Niedertracht geprägt ist«. So etwas habe bei den Grünen keinen Platz. Man habe deshalb auch ein Parteiausschlussverfahren vorgesehen. Dieses habe sich jedoch durch den Austritt der betreffenden Person erledigt.
- Vorwürfe gegen Bundestagsabgeordneten: Wie die Grünen den Fall Gelbhaar in den Griff kriegen wollen Von Arne Matzanke, Christoph Schult und Severin Weiland
- Mutmaßlich falsche Belästigungsvorwürfe: RBB-Chefredakteur räumt Fehler bei Gelbhaar-Recherche ein
- Belästigungsvorwürfe gegen Berliner Abgeordneten: Grüne wollen Strafanzeige wegen Falschaussage im Fall Gelbhaar stellen
Für Mutlu hat der Umgang mit Gelbhaar System. »Die aktuellen Vorfälle sind kein isolierter Einzelfall, sondern Ausdruck eines tief verwurzelten strukturellen Problems im grünen Landesverband Berlin«, sagte er. »Stefan Gelbhaar wurde aufgrund einer haltlosen und offensichtlich falschen Anschuldigung sexueller Belästigung nicht nur öffentlich diffamiert, sondern politisch vernichtet.« Das Muster sei immer gleich: »Es wird mit Unterstellungen gearbeitet, die jeglicher Grundlage entbehren, deren Zerstörungskraft jedoch unwiderruflich bleibt.«
Bei der Aufstellung der Landesliste verzichtete Gelbhaar Mitte Dezember aufgrund der Vorwürfe gegen ihn auf eine Kandidatur – nicht aber auf die Direktkandidatur in seinem Wahlkreis. Hier landete er bei einer erneuten Abstimmung nur auf Platz zwei in seinem Wahlkreis.