Private Media Group Die Porno-Recycler
Barcelona - In den Räumen des Medienunternehmens Milcap sieht es aus wie in jedem anderen Büro. Angestellte hocken vor ihren Computern, machen Kopien, halten ein Schwätzchen. Ein wesentlicher Unterschied: Die meisten Mitarbeiter betrachten an ihrem Arbeitsplatz Hardcore-Pornobilder. Einige surfen im Internet und schauen sich per Breitbandvideo ein halbes Dutzend nackter Leiber an, die sich an einem tropischen Strand räkeln. Und keiner schaut verstohlen über seine Schulter, um zu gucken, ob nicht vielleicht der Chef im Anmarsch ist.
Barcelona ist die Heimat von Milcap, dem Flaggschiff der an der Nasdaq notierten Private Media Group, einem der weltweit wichtigsten Produzenten von Hardcore-Pornografie. Jetzt will das Unternehmen sich zusätzliches Kapital beschaffen und strebt ein Zweitlisting am Neuen Markt in Frankfurt an. Insgesamt 5,8 Millionen Aktien will das Unternehmen verkaufen.
Die Erlöse aus dem Listing, die nach Angaben des "Wall Street Journal Europe" bis zu 100 Millionen Euro betragen könnten, sollen vor allem für eine Expansion in den lukrativen US-Markt verwendet werden.
Von der Klitsche zum Multimediakonzern
Private ist eine erotische Erfolgsgeschichte. 1991 produzierte das Unternehmen nur ein einziges Sexmagazin, noch dazu ein nicht besonders professionell gemachtes. Heute ist die Private Gruppe ein Multimedia-Imperium mit vier Magazinen, 35 Websites, etwa 400 Filmen, Online-Shops, einer eigenen Bekleidungsmarke sowie Übertragungs-Deals auf drei Kontinenten.
Private-Chef Berth Milton Junior will mit den Einnahmen aus der Zweitnotierung am ganz großen Rad drehen. "Das würde uns genug Geld einbringen, um in dieser Branche alles zu kaufen", so Milton. Der Mann entspricht nicht dem Bild, dass man von einem Porno-Produzenten hat. Keine ölige Frisur, kein Auftreten wie Burt Reynolds in "Boogie Nights". In seinem Büro gibt es Fotos seiner drei Töchter, auf dem Schreibtisch liegen Arbeitspapiere. Was im Raum des 43-Jährigen fehlt, sind die eindeutigen Poster und Magazine, denen man sich im Rest des Milcap-Gebäudes kaum entziehen kann.
Milton ist Schwede, und zumindest das passt irgendwie ins Porno-Klischee. Sein Vater hatte Private Mitte der Sechziger gegründet. Der Junior beobachtete die Schmuddelaktivitäten seines Vaters zunächst mit Abscheu. "Es gelang ihm, die Dubiosität eines Larry Flynt mit der Selbstbeweihräucherung eines Hugh Hefner zu verbinden", beschrieb Milton die Aktivitäten seines Vaters dem "Journal". Der Filius floh bereits mit 15 Jahren vor den Rotlichtgeschäften des Seniors und heuerte auf einem Schiff an. Später verkaufte er Uhren, dann Immobilien, machte Aktiengeschäfte.
Erst 1989 machte Milton seinen Frieden mit dem Vater - und stieg ins Geschäft ein. Milton Senior produzierte damals die Bilder für sein Sex-Heftchen in Handarbeit auf Ibiza und war fast Pleite. Binnen kurzer Zeit krempelte Sohn Berth das Geschäftsmodell um und stieg in die Videoproduktion ein. 1996 eröffnete er die Website private.com. Die Umsätze explodierten.
Lesen Sie im zweiten Teil, welche drei Erfolgsgeheimnisse Private profitabel machten
Erfolgsgeheimnis eins: Keine Briefträgergeschichten
Einer der Gründe für Privates Erfolg ist die hohe Qualität der Produkte. Er produziere keine Geschichten der Marke "Hier kommt der Pizzabote und dort ist das Sofa", so Milton. Soweit man von gut gemachten Pornos sprechen kann, ist Private der ""Playboy"" der Hardcore-Branche. Das sehen auch Porno-Connaisseure so. Der Branchendienst Adult Video News verlieh Private bereits zwanzigmal den AVN-Award - eine Art Oscar der Pornoindustrie. "Sie sind ein Synonym für qualitativ hochwertige Produktionen", sagt AVN-Chefredakteur. Mike Ramone. Private-Filme kosten häufig mehr als 100.000 Dollar. Nach Hollywood-Standards ist das ein Witz, im Pornogeschäft aber eine Menge Geld: Der Durchschnittsstreifen wird für 20.000 Dollar zusammengeklatscht. Im vergangenen Jahr produzierte Private etwa 80 neue Titel.
Dass Private gut im Geschäft ist, spiegelt sich auch im Aktienkurs wider. Das Papier mit dem Nasdaq-Kürzel PRVT stieg im vergangenen Jahr um knapp zehn Prozent - der Nasdaq-Composite-Index lag im gleichen Zeitraum etwa 17 Prozent im Minus. Über längere Sicht sah es noch besser aus: Seit Anfang 1998 legte Private etwa 110 Prozent zu. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis der Aktie liegt derzeit bei 50 - damit ist das Papier nicht gerade billig.
Dafür liefert Milton seinen Investoren allerdings auch am laufenden Band Rekordzahlen. In den ersten drei Quartalen 2001 hat der Porno-Produzent den Umsatz gegenüber dem Vorjahr um 45 Prozent steigern können. Der Nettogewinn verdoppelte sich im gleichen Zeitraum auf 6,6 Millionen Dollar. Im Jahr 2000 war der Gewinn bereits um mehr als 40 Prozent gestiegen. Damit hebt sich Private wohltuend von der Konkurrenz ab - andere Branchengrößen wie die "Playboy"-Gruppe schreiben rote Zahlen. Von wegen "Sex sells".
Für ein nach Kapitalmarktmaßstäben winziges Unternehmen wie Private (Marktkapitalisierung: 370 Millionen Dollar) gibt es erstaunlich viele namhafte Banken, die investiert haben. Barclays Plc, West Highland Capital und die Royal Bank of Scotland sind dabei, ebenso wie die Deutsche Bank, die über die New Yorker Taunus Corporation Anteile hält.
Erfolgsgeheimnis zwei: Recycling macht Marge
Privates größter Schatz ist das gigantische Film- und Bilderarchiv. Viele von Privates Konkurrenten, etwa der kürzlich von der "Playboy"-Gruppe aufgekaufte US-Kabelkanal Vivid TV, haben ihre Produktionen per Lizenzvereinbarung an Dritte verkauft. Private macht das nicht: "Uns gehören die weltweiten Rechte an allem, was wir je produziert haben", so Milton.
Deshalb kann Private jedes Foto und jeden Filmschnipsel beliebig oft recyceln. Ein Beispiel ist Privates bis dato erfolgreichster Film "Tatiana". Neben VHS- und DVD-Video vertreibt Private eine interaktive "Tatiana"-CD-Rom und verwendet die Fotos in seinen Magazinen und auf den zahlreichen Websites. Sobald die Produktionskosten für den Film oder das Foto-Shooting eingespielt sind, ist jede weitere Veröffentlichung bares Geld. Nebenbei ist das Unternehmen auch noch so gut wie schuldenfrei. Resultat ist eine phänomenale Netto-Gewinn-Marge von fast 25 Prozent. Das bedeutet im Klartext: Jeder Dollar verkaufter Pornos produziert unterm Strich 25 Cent Gewinn, Steuern bereits abgezogen. Bei Beate Uhse betrug die Marge im Geschäftsjahr 2000 nicht mal sechs Prozent.
Das ganz große Geld jedoch steckt im Internet. Dort betragen die Margen bis zu 50 Prozent. Und anders als für Nachrichten, Produkttests oder Suchmaschinen sind die Verbraucher offensichtlich bereit, für Hochglanz-Porno zu zahlen. Vor allem, wenn die Bilder richtig ruckeln und zuckeln. Auf dem neuen Breitband-Website Privatespeed.com zahlen Nutzer für je 360 Minuten Hardcore stattliche 45 Dollar - für Material, dass zuvor als Verleih- oder Kaufvideo vertrieben wurde und seine Herstellungskosten bereits eingespielt hat. Nach dem gleichen System vertreibt Private seine Inhalte über Vertriebspartnerschaften - in den USA zusammen mit "Playboy", in Großbritannien mit Sky Broadcasting, in Lateinamerika mit Liberty Media.
Erfolgsgeheimnis drei: Porno Pur
Private steht für Hardcore. Soften Sex und subtile Erotik überlässt das Unternehmen lieber Mitbewerbern wie etwa der "Playboy"-Gruppe. Die hat nach Meinung vieler Analysten inzwischen ein Imageproblem. Denn "Playboy" steht für hochwertige Erotik. Seit das Unternehmen mehrere Hardcore-TV-Kanäle gekauft hat, ist das saubere Image des Häschens leicht angeschmuddelt. Private-Chef Milton sind solche Probleme fremd - unter moralischen Gesichtspunkten ist der Ruf eh hinüber. "Private stand immer für Sex, und das bleibt auch so. Ich glaube, wir sind das, was sich früher alle unter dem Internet vorstellten."