Schenken ist anstrengend, kann enttäuschen. Alle Jahre wieder läuft man Gefahr, danebenzuliegen. Das macht nichts – wenn man den wahren Wert des Geschenks erkennt.
Von Moritz Hackl
Ein armes Ehepaar kann sich gerade so die Miete für ihre kleine Wohnung leisten. Aber sie lieben einander. Deshalb entscheidet sich die Frau, ihrem Mann zu Weihnachten eine Kette für seine geliebte Taschenuhr zu schenken. Dafür lässt sie sich ihre langen Haare abschneiden, die ihr alles bedeuten, und verkauft sie an einen Perückenhersteller. Zur gleichen Zeit beschließt der Mann, seine Uhr zu verkaufen, um seiner Frau mit dem Gewinn einen aufwendig gefertigten Kamm für ihre langen Haare zu schenken. So erzählt es O. Henry in seiner 1905 erschienenen Kurzgeschichte Das Geschenk der Weisen.