Unter dem bescheidenen Titel Theorie der Nachkriegszeiten wirft die edition suhrkamp in diesen Tagen einen "Sonderdruck" des Philosophen Peter Sloterdijk auf den Markt, dessen bengalisch blitzende Thesen ohne Übertreibung eine Sensation genannt werden dürfen. Denn niemals hat sich der Feuerkopf Sloterdijk mit solchem Elan zu sich selber und zu den rebellischen Emotionen eines Zeitbürgers deutscher Nation bekannt – eine Zuordnung, an der es nach dieser Konfession keinen Zweifel mehr gibt.

Der amerikanische Rapid-Denker Francis Fukuyama hat einst nach dem Zusammenbruch des Sowjetimperiums verkündet, dass die Welt – dank des umfassenden Sieges des Kapitalismus und der liberalen Demokratie – ans Ende der Geschichte gelangt sei. Sloterdijk greift nicht so weit aus, doch er bescheinigt Deutschen und Franzosen, dass sie die "Geschichte als eine abgelegte Option" betrachten. Sie hätten sich vom "Heroismus und Tragizismus" emanzipiert. Es ist zu vermuten, dass er damit auf den Spuren von Martin Walser einen Befreiungsschlag führt, der die Nation aus der Versklavung an die Befangenheiten seit 1945 erlösen möchte – ein nationaler Aufstand, den er durch "kulturdynamische Erklärungsmodelle" und "Theorien stressorischer Prozesse" mit einem dunklen Wortschwall camoufliert.