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Die Physik der Trompete
Juni 2006 Dipl.-Ing. H. Gerber
Kontakt: Helmut@gerberdobrasil.de
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H. Gerber: Die Physik der Trompete
 
- 2 -
 
1 Die Trompete
Blasinstrumente kennt der Mensch schon seit Jahrtausenden; zusammen mit Saiten- und Schlaginstrumenten benutzt er sie bis heute zum kreativen Gestalten, zur Freude seiner Hörer und seiner selbst. Blechblasinstrumente fanden nicht nur im privaten und öffentlichen Musizieren ihre Verwendung. Sie wurden wegen ihres kräftigen Klanges auch als Signalinstrumente eingesetzt; sei es bei der Jagd, zur Repräsentation bei Hofe und im Tempel, später auch im Postreiseverkehr und leider auch im Krieg. Dagegen blieb den Flöten und Rohrblattinstrumenten das intimere Musizieren vorbehalten. Bei geringerem Klangvolumen erlaubten diese es, mit einer feiner unterteilten Tonskala zu spielen. Bis ins Mittelalter hinein waren die Blechblasinstrumente reine Naturtoninstrumente. Unter den Naturtönen eines Blechblasinstrumentes versteht man diejenigen Töne, die der Bläser auf dem Instrument blasen kann, ohne weitere Hilfsmittel wie Grifflöcher, Ventile oder einen Zug (ausziehbare Verlängerung des Rohres) zu benutzen. Grifflöcher finden sich erst bei den Zinken, die vom 13. bis ins 18. Jahrhundert gespielt wurden. Man rechnet sie, obwohl aus Holz gefertigt, zu den Blechblasinstrumenten, da sie ein den Trompeten und Posaunen verwandtes Mundstück besitzen, und so den gleichen Anregungsmechanismus benutzen. (Die ersten Trompeten waren auch aus Holz gefertigt und mit Leder umwickelt, um die beiden Halbröhren, aus denen sie bestanden luftdicht abzuschließen.) Vor der Erfindung der Trompetenventile war der Trompeter gezwungen in der sogenannten Clarinlage (oberster Bereich des Naturtonspektrums) zu musizieren, da hier die Naturtöne so dicht beieinanderliegen, dass es möglich ist Melodien zu blasen.
Abbildung 1-1: Naturtöne der Trompete in ihrer musikalischen Notation /28/
Durch die hohen physischen Anforderungen, die das Spiel in der Clarinlage mit sich brachte (Muskelspannung, Luftdruck), war es nur wenigen hochangesehenen Spezialisten möglich, ihren Instrumenten die benötigten Töne zu entlocken. Die Entwicklung der Musik erforderte es schließlich, die Trompeten und ihre Verwandten ähnlich flexibel in Bezug auf die Tonauswahl zu machen wie die Flöten, Orgeln und Rohrblattinstrumente. Dies führte in den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts zur Erfindung der Ventilmechaniken, nachdem schon lange vorher mit der Posaune durch ihren Posaunenzug chromatisches Spielen (das Spielen aller 12 Halbtöne einer Tonleiter) möglich war.

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Abbildung 1-3: Schnittzeichnung Drehventile /28/
Durch Hinzuschalten von genau abgestimmten Rohrlängen wird nun bei der Trompete erreicht, dass der Musiker auch die Töne spielen kann, die zwischen den Naturtönen liegen.
Abbildung 1-2: Schnittzeichnung einer Trompete mit Drehventilen /20/

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2 Akustische Grundlagen 2.1 Wesen des Schalls
Schallwellen sind mechanische Longitudinalwellen. Ausgehend von der Schallquelle, einem schwingendem Körper, breiten sie sich in Festkörpern, Flüssigkeiten und Gasen in Form von Druckschwankungen (Druckwellen) aus. Für das menschliche Ohr sind in der Regel die Frequenzen von 16 bis 20000 Hz hörbar.
2.2 Schallempfindung
Man unterscheidet Ton, Klang, Geräusch und Knall. Ein Ton (reiner Ton) ist eine Sinusschwingung. Ein Klang ist die Überlagerung mehrerer Töne; es überlagern sich mehrere sinusförmige Schwingungen zu einer nicht sinusförmigen Schwingung. Der Ton mit der niedrigsten Frequenz bestimmt die Tonhöhe der gesamten Schallempfindung, die anderen (Obertöne) verursachen den Eindruck der Klangfarbe. Ein Geräusch ist eine unregelmäßige Schwingung, ein Gemisch aus sehr vielen Frequenzen etwa gleicher Größenordnung Ein Knall ist ein kurzzeitiger und starker Schalleindruck. Zwischen den Schwingungen der Schallquelle und der Schallempfindung bestehen folgende Beziehungen:
Schwingung Schalleindruck
Amplitude Lautstärke Frequenz Tonhöhe Schwingungsform Klangfarbe
2.3 Intervalle
Das Verhältnis der Tonhöhen zweier Töne zueinander nennt man Intervall. Die meisten der möglichen Kombinationen besitzen besondere Bezeichnungen, je nach Anzahl der eingeschlossenen Halbtonintervalle.
Intervall Eingeschlossene Halbtöne Frequenzverhältnis
Prime 0 1:1 kl. Sekunde 1 16:15 gr. Sekunde 2 9:8 kl. Terz 3 6:5 gr. Terz 4 5:4 Quarte 5 4:3 Tritonus 6 45:32 Quinte 7 3:2 kl. Sexte 8 8:5 gr. Sexte 9 5:3 kl. Septime 10 16:9 gr. Septime 11 15:8 Oktave 12 2:1

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 Ob der Mensch das gleichzeitige Erklingen zweier Töne als Konsonanz oder Dissonanz empfindet, hängt vom Frequenzverhältnis beider Töne ab. Je kleiner die Zahlenwerte, desto größer die Konsonanz.
2.4 Schallgeschwindigkeit
Die Phasengeschwindigkeit der Schallwellen, meist als Schallgeschwindigkeit c bezeichnet, hängt (bei genügend kleinen Amplituden) nur von den mechanischen Eigenschaften des Mediums, nicht aber von der Frequenz der Welle ab. Da der Wechsel von Schallüber- und Schallunterdruck eines Gases sehr schnell erfolgt, kann er als isentroper Vorgang angesehen werden. Die Schallgeschwindigkeit in Gasen hängt innerhalb weiter Grenzen nur von der Temperatur des Gases ab. Für trockene Luft bei t=O°C gilt: c = 331,6 m/s allgemein: c=(331,6+0,6·t) in m/s. Durch den Gehalt an Wasserdampf ändert sich die Schallgeschwindigkeit gegenüber trockener Luft nur unwesentlich.
2.5 Schallschnelle
Als Schallschnelle v bezeichnet man die Schwinggeschwindigkeit der Teilchen des Mediums (Wechselgeschwindigkeit) Im Allgemeinen wird die Schallschnelle nicht gemessen, sondern aus dem Schalldruck berechnet.
2.6 Schalldruck
Als Schalldruck p bezeichnet man die in einer Schallwelle auftretenden periodischen Druckabweichungen (Wechseldruck). In gasförmigen Medien ist der Schalldruck p dem vorhandenen Gasdruck überlagert.
2.7 Schallintensität (Schallstärke)
Als Schallintensität (oder Schallstärke) J bezeichnet man das Verhältnis der auf eine Fläche treffenden Schallleistung P zur Größe dieser Fläche A.
2.8 Schallpegel
Der Vergleich zweier Schallintensitäten bzw. Schalldrücke erfolgt durch Angabe des Schallpegels. Als Schallintensitätspegel bezeichnet man den 10-fachen dekadischen Logarithmus vom Verhältnis zweier Schallintensitäten; als Schalldruckpegel den 20-fachen Logarithmus vom Verhältnis zweier Schalldrücke. Zur Angabe des absoluten Schallpegels führt man die Hörschwelle des menschlichen Ohres für f=1 kHz als Bezugsschallintensität ein, mit der Einheit dB.

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2.9 Lautstärkepegel
Die bisher angeführten Schallfeldgrößen sind physikalische Größen, objektiv vorhanden und deshalb messbar. Die Lautstärke dagegen, mit der der Mensch eine Schallstärke subjektiv empfindet, hängt vom Gehörsinn ab und ist eine physiologische Größe.
2.10 Bewerteter Schallpegel
Da sich der Lautstärkepegel von Frequenzgemischen nur schwer berechnen lässt, wird der bewertete Schallpegel eingeführt. Er wird mit Schallpegelmessern bestehend aus Messmikrofon, Messverstärker und Anzeige gemessen. Dabei wird durch Korrekturglieder die frequenzabhängige Empfindlichkeit des menschlichen Ohres angenähert. Dafür gibt es international festgelegte Bewertungskurven, deren Bezeichnung angefügt wird.
2.11 Hörfläche
Abbildung 2-1: Hörfläche /14/
Eine Übersicht über die vom menschlichen Ohr wahrnehmbaren Intensitäts- und Frequenzbereiche bietet die Hörfläche. Hörbar ist für ein 'normales' Ohr nur das, was innerhalb dieser Fläche liegt. Die untere Begrenzungskurve zeigt den Schwellenwert (Hörschwelle, Reizschwelle) in Abhängigkeit von der Frequenz, die obere Kurve die Schmerzgrenze, ebenfalls als Funktion der Frequenz. Man erkennt, dass bei gleichem Schalldruck (und damit auch bei gleicher Schallintensität) Töne unterschiedlicher Frequenz vom Ohr verschieden laut wahrgenommen werden. Da das Ohr für 1000 Hz den größten Intensitätsbereich wahrnehmen kann (die Hörfläche besitzt bei 1000 Hz ihren größten Durchmesser), werden Lautstärken auf diese Frequenz bezogen.

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3 Das Funktionsprinzip der Trompete
Das Prinzip, welches der Funktion der Trompete zugrundeliegt, ist die Rückkopplung. Zum Aufrechterhalten der Tonschwingung muss der Energieverlust von Abstrahlung und Reibung ausgeglichen werden, was mit Hilfe eines Rückkopplungsmechanismus geschehen kann. Die Funktionsweise von Musikinstrumenten kann in einem einfachen Schema beschrieben werden. Man weist den verschiedenen Teilen des Klangerzeugungsmechanismus Funktionsblöcke zu, denen wiederum jeweils eine einzelne, stark vereinfachte Aufgabe zugeteilt wird. Eine Energiequelle wird an und abgeschaltet und dient als Initiator für einen Oszillator, der erst einmal die Voraussetzung für einen Klang liefert. Seine Schwingungen werden nach Maßgabe eines Filterblocks gewandelt, und dem Strahler zugeführt, der letztendlich für die Umwandlung in den hörbaren Klang sorgt.
Abbildung 3-1: Funktionsblöcke beim Instrumentalspiel /22/
Wenden wir dieses einfache Schema auf die konventionellen Musikinstrumente an, so sind bis auf den Gesang die Blöcke "Filter" und "Strahler" immer durch das Instrument geprägt. Der Einfluss des Spielers hängt dagegen von der Familie ab, dem das Instrument zugeordnet werden kann. Während der Musiker bei der Orgel - grob vereinfacht - nur den Schalter für die Energiezufuhr darstellt, übernimmt er bei den Blechblasinstrumenten bereits die Funktionen der Energiequelle, des Schalters und sogar des Oszillators. Blechblasinstrumente sind ja die einzigen Instrumente, bei denen die Tonerzeugung durch die Vibration der Lippen des Spielers vorgenommen wird.

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 Filter und Strahler stellen bei der Trompete einen Resonator dar. Der Anregungsmechanismus sorgt für die Energiezufuhr zum Resonator, der mindestens durch Schallabstrahlung Energie verliert - sonst würde man ja nichts hören und könnte kaum von einem Musikinstrument sprechen. Der Schalltrichter der Trompete lässt nur einen sehr kleinen Teil der Schallenergie entweichen (je nach Modell, Lautstärke und Tonhöhe entweichen nur wenige Prozent die dann als Klang im Raum hörbar sind). Der Großteil der Schallenergie wird in die Trompete zurückreflektiert, wo er zur Rückkopplung auf den Oszillator benötigt wird. Der Trompeteschalltrichter stellt einen teildurchlässigen Reflektor für Schallwellen dar. Der Resonator hat die Aufgabe, einzelne Frequenzen (Töne) auszusondern und auf den Anregungsmechanismus zurückzukoppeln.
Abbildung 3-2: Modell der Trompete /28/
Dies geschieht entweder durch eine mechanische oder eine akustische passive Resonanz (z.B. bei Harmonika oder Flöte). Um Musik machen zu können, muss der Resonator i.a. mit verschiedenen Mechanismen abgestimmt werden, z.B. Ventile, Klappen, Löcher bei Blasinstrumenten, Verkürzung der Saitenlänge bei Streichinstrumenten etc.. Bei der Trompete ist es jedoch möglich, den Ton mit dem Anregungsmechanismus aus den vielen, durch den Resonator vorgegebenen Tönen (Naturtönen) auszuwählen. Auch der Laser stellt ein derartiges Rückkopplungssystem dar:
Abbildung 4-3: Modell des Lasers /28/

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 Der Anregungsmechanismus, der die Energie zuführt, ist das Pumpsystem, das für die Überbesetzung des energetisch höheren Zustandes sorgt. Durch die stehende elektromagnetische Welle im Oszillator, der von zwei Spiegeln (einer der Spiegel ist teildurchlässig) gebildet wird, werden die darin befindlichen Atome phasenrichtig zur stimulierten Emission gebracht. Das Verhalten eines solchen quantenmechanischen Systems lässt sich auch auf die Trompete übertragen. Selbst Phänomene wie der "Tunneleffekt" (der Schalltrichter stellt einen akustischen Potentialwall dar, an dem in der klassischen Physik "verbotene" Reflexionen und Transmissionen stattfinden), Chaos (nichtlinearer Oszillator, linearer Resonator), oder der radioaktive Zerfall von
α
-Teilchen (im Atomkern können nur
α
-Teilchen existieren, deren Energie einer Resonanz entspricht) haben Analogien zum Verhalten der Trompete. Die Trompete besteht akustisch gesehen aus folgenden Teilen: Mundstück, Mundrohr, zylindrischer Teil (eventuell mit Ventilen) und Schalltrichter. Im Anregungsmechanismus sind die Lippen des Bläsers, sein Rachenraum und seine Luftröhre enthalten. Dies stellt schon allein mindestens ein schwingungsfähiges System dar. Gegenüber den übrigen Blasinstrumenten dominiert bei der Trompete das erste Teilsystem: durch die Lippenspannung etc. kann der Bläser die verschiedenen Naturtöne auswählen, oder die Trompete lediglich als Megaphon benutzen. Das Ersatzmodell für den Anregungsmechanismus der Trompete sieht folgendermaßen aus:
Abbildung 3-4: Anregungsmechanismus /24/
Die Lippen des Bläsers öffnen sich in das Mundstück hinein, so stellen sie nach außen schlagende Zungen dar. Der Druck im Mund öffnet die Lippen gegen die Lippenspannung. Jetzt kann Luft nach außen strömen. Dadurch entsteht zwar auch eine Kraft (Bernoulli) die die Lippen schließen will, aber vor allem ein Druckabfall im Mund- und Rachenraum, so dass die Druckdifferenz vor und hinter den Lippen absinkt. Sobald die Lippenspannung überwiegt, schließen sich

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 die Lippen. Damit wird die Strömung eingeschnürt, der Fluss nimmt ab. Die Druckdifferenz steigt wieder an und die Lippen öffnen erneut. Nach diesem Prinzip schwingen die Lippen schon ohne Instrument. Setzt man das Instrument an die Lippen, kommt auch noch die Wechselwirkung mit der Luftsäule im Resonator ins Spiel. Um das Wechselspiel zwischen Lippen und Resonator zu verstehen, betrachten wir das idealisierte zeitliche Geschehen im Verlauf einer Schwingperiode: Für t=0 seien die Lippen geöffnet. Luft kann in die Trompete einströmen. Wegen des hohen Eingangswiderstandes der Trompete (im eingeschwungenen Zustand) wird der Druck im Mundstück praktisch gleich dem Druck im Mund des Spielers. Sobald der Druckunterschied gering ist, überwiegt die Lippenspannung und die Lippen schließen sich.
Abbildung 3-5: Impulsverlauf bei t=0 /28/
t=1/4 T. Der Druckpuls erreicht das 'Endender Trompete und wird invertiert reflektiert. Die Lippen schließen sich wegen ihrer Massenträgheit weiter.
Abbildung 3-6: Impulsverlauf bei t=1/4 T /28/
t = 1/2 T. Der Druckpuls erreicht als Unterdruckpuls die Lippen. Diese sind Bereits geschlossen. Die entstehende Druckdifferenz verursacht eine Kraft auf die Lippen, die das öffnen der Lippen einleitet.
Abbildung 3-7: Impulsverlauf bei t=1/2 T /28/
t = 3/4 T. Einmal angestoßen öffnen sich die Lippen weiter. Der Unterdruckimpuls läuft abermals reflektiert und invertiert als Druckpuls die Trompete entlang. Der Druck im Mundstück hat schon wieder Mundinnendruck erreicht.
Abbildung 3-8: Impulsverlauf bei t=3/4 T /28/

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 I = T. Die Lippen sind geöffnet. Das Spiel beginnt von neuem.
Abbildung 3-9: Impulsverlauf bei t=T /28/
4 Stehende Wellen in zylindrischen Rohren
Zwei Wellen, die gleichzeitig in entgegengesetzter Richtung durch ein Medium laufen, überlagern sich zu einer stehenden Welle, vorausgesetzt, beide Wellen stimmen in Amplitude Frequenz und Wellenlänge überein. Bereiche der Welle, deren Amplitude immer null ist, heißen Wellenknoten, Bereiche, deren Amplitude immer maximal ist, heißen Wellenbäuche. In zylindrischen Rohren können sich stehende Wellen ausbilden. Man unterscheidet hier zwischen beidseitig offenen und einseitig geschlossenen Rohren. An beidseitig offenen Rohren existieren an beiden Öffnungen Schalldruckmaxima. Die kleinste stehende Welle, die sich somit in einem solchen Rohr ausbilden kann, besteht nur aus einer halben Wellenlänge, die nächstgrössere aus einer und die folgende aus eineinhalb Wellenlängen und so weiter.
4-1: Resonanzen beidseitig offener Rohre /28/
d.h. in beidseitig offenen Rohren findet man ganzzahlige Vielfache der halben Wellenlänge. Dies trifft für Instrumente wie Flöten und Labialpfeifen der Orgel zu.

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- 12 -
 
Abbildung 4-2:Resonanzmoden beidseitig offener Rohre /28/
Bei einseitig offenen Rohren existiert am offenen Ende ein Schalldruckmaximum.
Abbildung 4-3: Resonanzen einseitig geschlossener Rohre /28/
Hier ist die kleinste mögliche stehende Welle nur eine viertel Wellenlänge lang, d.h. ein einseitig geschlossenes Rohr klingt bei gleicher Länge eine Oktave tiefer als ein beidseitig offenes.
Abbildung 4-4: Resonanzmoden einseitig geschlossener Rohre /28/
Wählt man ein nur halb so langes einseitig geschlossenes Rohr,welches dieselbe Grundfrequenz hat wie das beidseitig offene, so sieht das Eigenmodenspektrum so aus:

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Abbildung 4-5: Resonanzmoden einseitig geschlossener Rohre /28/
Es fehlen also die geraden Harmonischen. Dies trifft zu bei den gedackten Orgelpfeifen und bei der Klarinette. Die konische Bohrung bei Oboe und Fagott und der Schallbecher der Blechblasinstrumente verändert jedoch dieses Modenspektrum so, dass es etwa dem einer gleichlangen Flöte entspricht.
Abbildung 4-6: Resonanzmoden der Trompete /15/
Will man die Lage der Schalldruckknoten bei Blechblasinstrumenten bestimmen, kann man sich folgender Formel bedienen: Lt = 1,3·Lg)/(n - 0,2) mit den Größen Lt - Abstand des ersten Schalldruckknotens vom Schallbecherrand, Lg - Instrumentengesamtlänge, n - Ordnungszahl der Resonanz (n = 1, 2, 3,...). Alle weiteren Minima im Anschluss an diesen ersten Knoten liegen im gleichen Abstand Lr = 1.3 • (0.5 • LT) voneinander entfernt, während sich die einzelnen Maxima oder Druckbäuche recht genau in der Mitte zwischen den Knoten befinden. Eine Ausnahme macht dabei nur das erste vom Schallbecherrand aus gerechnete Maximum, das ein wenig aus der Mitte heraus in das Instrumentenrohr hinein verlagert ist. Sein Abstand vom Becherrand beträgt Lm = 0,65·Lt

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- 14 -
 
Abbildung 4-7: Schalldruckverlauf in der Trompete /21/
Querschnittserweiterungen im Bereich von Schalldruckbäuchen wirken frequenzerniedrigend, während Einschnürungen hier frequenzerhöhend wirken. Für Schalldruckknoten gilt entsprechend das Gegenteil. Die Berechnung der Größe und Länge der für bestimmte Frequenzänderungen erforderlichen Querschnittserweiterungen ist relativ aufwendig, und die Darstellung dieser Berechnungen würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen.

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- 15 -
 
5 Die Lage der Resonanzen bei der Trompete
Aus der Resonanzkurve der Trompete lassen sich die Eigenfrequenzen ablesen und für jede eine effektive Rohrlänge berechnen, die ein zylindrischess Rohr haben müsste, um die jeweilige Eigenfrequenz als entsprechende Grundresonanz zu besitzen.
Tabelle 5-1: Resonanzfrequenzen Rohr-Trompete /28/
Wie sich zeigt, entspricht die Trompete einem Lambda/4 - Resonator mit wachsender Rohrlänge, d.h. die tieferen Frequenzen werden schon früher (weiter innen) reflektiert. Dies liegt daran,dass der Schalltrichter der Trompete Potentialwall darstellt. Schallwellen geringerer Energie, also niedriger Frequenz, müssen am Potentialwall früher umkehren (wie eine Kugel, die langsam eine Steigung heraufrollt früher umkehrt als eine schnelle Kugel mit höherer kinetischer Energie). Damit erscheint die Trompete für niedrige Frequenzen kürzer als für hohe.

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- 16 -
 
6 Die Entstehung der Obertöne
BW. Martin führte Anfang der Vierziger Jahre unseres Jahrhunderts fotografische Studien der Lippenbewegung eines Kornettspielers durch. Mit einem Stroboskop und einer Filmkamera machte er Fotos von den schwingenden Lippen unter Zuhilfenahme eines Mundstücks mit Glasfenster. Es zeigte sich, dass die Schwingung der Lippen nahezu sinusförmig ist, und die Obertöne der Grundschwingung nur einen sehr kleinen Anteil (10%) an der Gesamtschwingung der Lippen haben (dagegen beträgt der Obertonanteil im Trompetenklang etwa 50%). Die Amplitude der Lippenschwingung wird mit wachsender Frequenz kleiner, und die obere Lippe übernimmt die Schwingung hauptsächlich. Warum ist aber der Klang der Trompete so obertonreich ? Zum Einen verursacht der Hochpasscharakter der Trompete eine Heraushebung der Obertöne, da die tiefen Frequenzen stark reflektiert und somit kaum abgestrahlt werden. Zum Anderen ist für die Tonentstehung weniger die rein mechanische Schwingung der Lippen verantwortlich, als vielmehr die akustische Impendanz der Lippenöffnung in Beziehung zur Lastimpendanz der Trompete.
7 Die Hochpasscharakteristik der Trompete
Vergleicht man die Amplituden eines Trompetenklanges innerhalb und außerhalb der Trompete, so lässt sich feststellen, dass die Außenamplituden der tiefen Frequenzen nur sehr gering sind. Sie werden in der Trompete reflektiert und zur Koppelung der Lippen mit der Trompete benötigt. Kürzere Wellen, also solche höherer Energie, werden dagegen kaum noch reflektiert. Ihre Außenamplitude ist im Verhältnis zur Innenamplitude deutlich größer. Die fehlende Reflexion der höheren Frequenzen ist auch ein Grund, warum es so schwierig ist, der Trompete hohe Töne zu entlocken: Die Trompete unterstützt diese Töne durch ihre fehlende Resonanz kaum noch. Durch diese Hochpasscharakteristik entsteht der strahlende Klang der Trompete.
Abbildung 7-1:Hochpasscharakteristik der Trompete /28/

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- 17 -
 
8 Das Summenprinzip
Die Naturtonfrequenzen der Trompete werden nicht nur durch die Grundtonresonanz bestimmt, sondern von der Energieverteilung im ganzen Tonspektrum d.h. es müssen möglichst viele Obertöne des Grundtones angeregt werden (im Bereich hoher Eingangsimpendanzen liegen). Die Summe aus allen Impendanzanteilen der Obertöne eines Klanges und dessen Grundton, aufgetragen über der Frequenz, bildet die Summenfunktion. Je stärker die Impendanzspitzen aus dem Diagramm herausragen, desto leichter ist die Ansprache des entsprechenden Grundtones.
Abbildung 8-1: Summenfunktion einer Posaune /24/
Das bedeutet, dass ein Instrument mit sehr ausgeglichener Stimmung auch eine leichtere Ansprache hat. Musiker sind bei einem Instrument mit schlechter Stimmung bestrebt, in einer höheren Dynamikstufe zu blasen und Piano-Klänge zu vermeiden. Im Forte ist die Schallenergie nämlich hauptsächlich auf die Obertöne des Klanges verteilt, so dass der Einfluss der Grundtonresonanz in seiner ungünstigen Lage an Bedeutung verliert. Zur Erhöhung der Treffsicherheit eines Naturtones im Piano ist der Spieler eines Instrumentes mit schlechter Ansprache gezwungen, zuerst im Forte anzustoßen und dann auf die gewünschte Dynamikstufe abzusinken.

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- 18 -
 
9 Störstellen
Einschnürungen und Unterbrechungen der gleichmäßigen Mensur eines Blechblasinstrumentes, wie Wasserklappen, Querschnittssprünge an Ventilen und Rohrverbindungen etc., werden als Störstellen bezeichnet. Sie beeinflussen die Ausbildung der Resonanzen im Instrument sowohl in ihrer Höhe und Schärfe als auch in ihrem Einschwingvorgang.
Abbildung 9-1: Impulsecho von Trompeten: a) Instrument mit Störstelle bei l=40cm b) Instrument ohne Störstelle /22/
So kann die durch eine Störstelle verursachte Reflexion unter Umständen den Einschwingvorgang der Lippen unterstützen, da sie am Mundstück früher eintrifft als die Hauptreflexion des Schalltrichters. Der Bläser hat das Gefühl, dass der Ton schneller und direkter anspricht, und außerdem leichter zu erzeugen ist. Eine solche Anspracheverbesserung hat jedoch den Nachteil, dass sie durch eine Reduzierung des abgestrahlten Schalles erkauft wird. Außerdem wirkt sie sehr selektiv, d.h. es gibt andere Resonanzen, die durch die Störstelle in ihrer Wirksamkeit herabgesetzt werden können. Die Schärfe der Resonanzen im Frequenzspektrum nimmt durch Störstellen ebenfalls ab. Nur so war es den Trompetern früherer Jahrhunderte, die ja nicht auf Hilfsmittel wie Ventile etc. zurückgreifen konnten, möglich, fehlende Resonanzen auf ihren Instrumenten 'zurechtzubiegen'. Die Stärke und Schärfe der Resonanzen dieser hier verwendeten Naturtrompeten war wesentlich geringer, was auf die ungenaueren Fertigungsmethoden der damaligen Zeit zurückzuführen ist.

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- 19 -
 Untersuchungen von Raffaj wiederum haben gezeigt, dass nur solche Instrumente beste Bewertungen in Bezug auf Ansprache und Spielverhalten erzielen, welche sehr geringe Diskontinuitäten im Bohrungsverlauf aufweisen. Auch die Oberflächenbeschaffenheit spielt bezüglich des Dämpfungsverhaltens eine Rolle. Raffaj ließ sieben Trompeten von vier professionellen Musikern testen, und eine Rangliste erstellen. Danach rekonstruierte er den Bohrungsverlauf der Trompeten mit einem Impulsechoverfahren.
Abbildung 9-2: Bohrungsrekonstruktion der besten Trompete /19/ Abbildung 9-3: Bohrungsrekonstruktion der schlechtesten Trompete /19/
Den Einfluss der Innenoberfläche der Trompetenrohre konnte man unter Zuhilfenahme einer Stufenröhre mit verschiedenen Beschichtungen nachweisen. Das Rohr mit einer Ölbeschichtung erzielte die geringsten Dämpfungswerte.

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- 20 -
 
Abbildung 9-4: Bohrungsrekonstruktion einer Stufenröhre /19/
10 Der Einfluss des Mundstücks und des Rachenraumes
Das Trompetenmundstück ist in Bezug auf sein Resonanzverhalten ein Helmholzresonator, d.h. es hat nur eine Resonanzfrequenz. Setzt man das Mundstück auf die Trompete, werden die Resonanzen des Horns, die in der Nähe der Mundstückresonanz liegen, verstärkt. Die weiter entfernt liegenden Resonanzen werden verkleinert, in ihrer Frequenz in Richtung der Mundstückresonanz verschoben und dadurch asymetrisch. Je weiter entfernt sie liegen, desto stärker macht sich dieser Effekt bemerkbar. Also lassen sich die Resonanzen der Trompete durch Veränderung des Mundstücks beeinflussen und auch verschieben. Auch lassen sich durch geeignete Formgebung des Mundstücks die Resonanzen in ihrer relativen Lage und Höhe verändern. Somit hat das Mundstück größte Bedeutung für den Klang des Instrumentes. Einen Überblick über die Wirkungen von Veränderungen des Mundstückvolumens und des Bohrungsdurchmessers geben folgende Diagramme. Vertikal aufgetragen sieht man die Größe der Resonanzverschiebung, horizontal die Ordnungszahl der Naturtöne.
Abbildung 10-1: Resonanzverschiebung bei Änderung des Mundstückvolumens /25/

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- 21 -
 
Abbildung 10-2: Resonanzverschiebung bei Änderung des Bohrungsdurchmessers /25/
Daraus lassen sich folgende Tendenzen ableiten: Eine Vergrößerung des Mundstückvolumens bewirkt eine Absenkung der Resonanzfrequenz, während eine Vergrößerung der Bohrung oder des Halses eine Erhöhung der Resonanzfrequenz des Mundstückes bewirkt. (Dies besonders im Bereich der höheren Formanten). Die Lippen - vor allem die Oberlippe - leisten einen wesentlichen Beitrag zur Tonerzeugung. So werden sie bei hohen Tönen enger, und der schwingende Bereich ist kleiner. Außerdem können die Lippen in das Mundstück vorgewölbt werden und damit dessen Volumen verringern. Um hohe Töne spielen zu können, ist es förderlich, den Rachenraum zu verkleinern, also die Zunge nach oben zu wölben, denn dadurch wird die Resonanzfrequenz der Mundhöhle erhöht. Außerdem vergrößert sich die Turbulenz des Luftstromes, was eine kleinere Auslenkung der Lippen bewirkt. Allerdings hat dieses Verkleinern des Rachenraumes auch Auswirkungen auf den Klang der Trompete. Ein kleiner Rachenraum erzeugt mehr, ein großer weniger Obertöne. Spielt man tiefere Töne mit verkleinertem Rachenraum, klingt die Trompete schlecht, da der Anteil der tieferen Frequenzen nun im Verhältnis zu klein ist. Außerdem erzeugt ein kleines resonantes Mundvolumen mehr Rauschanteile im Klang.

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11 Die Horngleichung
Wie wir im vorhergehenden Abschnitt gesehen haben, bewirkt der Schall¬trichter eine Verschiebung der Resonanzen, was offensichtlich am sich ändernden Querschnitt liegt. Die Ausbreitung einer Schallwelle in einem sich aufweitenden Rohr beschreibt die Horngleichung. Diese Gleichung wurde zuerst von Daniel Bernoulli, Leonhard Euler und Joseph Louis Lagrange in den Jahren 1760 - 1770 abgeleitet, geriet aber in Vergessenheit. George Green fand sie 1838 wieder, als er Erosionsschäden am englischen Kanalnetz untersuchte. 1876 leitete Pochhammer sie neu für die Ausbreitung von Schallwellen her, und schließlich entdeckte sie 1920 A.G. Webster wieder, nach dem sie oft benannt wird. Seitdem findet sie breite praktische Anwendung, so z.B. in der Elektroakustik, bei Grammophontrichtern und Lautsprechern. Die Horngleichung ist weitgehend identisch mit der zeitunabhängigen Schrödingergleichung: Die Hornfunktion U(x) entspricht einem akustischen Potential. Eine Schwierigkeit besteht nun darin, den richtigen Ansatz der Funktion der Querschnittsfläche zu finden. Für Hörner mit langsam wachsendem Querschnitt reichen ebene Wellen zur Beschreibung aus: Hieraus schließt man, dass eine starke Krümmung einen hohen, und ein großer Radius einen niedrigen Potentialwert erzeugt. So muss also ein Lautsprechertrichter bei kleinem Querschnitt eine möglichst geringe Krümmung aufweisen, damit möglichst wenig Schall zurückreflektiert wird, denn ein hoher Potentialwall reflektiert stark. Betrachtet man einen alten Grammophontrichter, findet man oft einen langen konischen Teil, mit dem man problemlos Querschnitt und damit Abstrahlfläche gewinnen kann, und erst bei größeren Querschnitten krümmt er sich stärker. Andererseits müssen Schalltrichter von Blechblasinstrumenten genügend Schallenergie reflektieren, damit sich im Hörn eine stehende Welle mit definierten Frequenzen aufbauen kann.

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H. Gerber: Die Physik der Trompete
 
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Abbildung 11-1: Hornfunktion U /15/
Die Trompete ist nach Benade nahezu ein Besselhom. Analog zur Quantenmechanik lassen sich Wellenlösungen finden. Das Mundstückende wird dabei als geschlossen betrachtet, so dass es einen totalen Reflektor bildet, oder quantenmechanisch gesprochen, einen unendlich hohen Potentialwall, während der durch die Krümmung des Horns entstehende Potentialwall einen teildurchlässigen Reflektor bildet. In Abbildung 11-2 sehen wir die Trompete als akustischen Resonator. Das Mundstück wurde vernachlässigt. Oben ist die Hornfunktion U im Kugelwellenansatz dargestellt. Die Resonanzwellenfunktionen sind in Höhe der quadratischen Wellenzahl eingetragen (dies entspricht ihrer Energie). Rechts ist die Resonanzkurve der Trompete als log(A/B) ebenfalls gegen die quadratische Wellenzahl aufgetragen. Diese Abbildung korrespondiert vollständig mit quantenmechanischen Sachverhalten wie z.B. dem
α
- Zerfall.
Abbildung 11-2: Resonanzwellenfunktion /20/

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H. Gerber: Die Physik der Trompete
 
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12 Die Anregung der Trompete
Der Klang der Trompete hängt wesentlich von den Eigenschaften der Quelle ab, also vom von den Lippen im Mundstück erzeugten Schallspektrum. Abbildung 12-1 zeigt den von Vössing aufgenommenen Schalldruck für die Naturtöne. Dieser hat für die tiefen Töne einen nichtsinusförmigen, also obertonreichen Verlauf. Über große Teile der Schwingungsperiode ist er nahezu gleich dem Anblasdruck und bricht nur für kurze Zeit stark ein, nämlich wenn die Lippen fast geschlossen sind. Für hohe Töne wird der Schalldruckverlauf immer sinusförmiger und damit ärmer an Obertönen.
Abbildung 12-1: Schalldruckverlauf im Mundstück /28/

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H. Gerber: Die Physik der Trompete
 
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13 Mechanische Schwingungen
Alle in Musikinstrumenten vorkommenden Schwinger sind meistens komplizierte mechanische Strukturen, die nicht nur eine einzige, sondern eine Vielzahl von resonanten Mitschwingfrequenzen aufweisen. Bevor wir uns diesen realen Schwingern zuwenden, wollen wir das grundsätzliche Verhalten einfacher Schwingungssysteme kennenlernen. Da ist zunächst das aus einer Masse und einer Feder bestehende Grundmodell mit einem einzigen Freiheitsgrad, d.h. einer einzigen Resonanzfrequenz.
Abbildung 13-1: Einfacher Schwinger /26/
Dieser einfachste Schwinger zeichnet sich dadurch aus, dass er mit einer Schwingfrequenz auf und ab wippt, wenn er aus seiner Ruhelage heruntergezogen wird. Die Feder mit ihrer Federsteifigkeit c und die Größe der Masse m bestimmen die Resonanzfrequenz f: Je größer die Masse und/oder je kleiner die Steifigkeit der Feder, desto langsamer schwingt das System auf und ab. Versucht man die Masse langsamer als die Resonanzfrequenz zu bewegen, so spürt man deutlich die Gegenkraft durch die Feder. Versucht man es schneller als die Resonanzfrequenz zu bewegen, so muss man gegen die Trägheit der Masse ankämpfen. In jedem Falle „wehrt“ sich das System dagegen, eine erzwungene Schwingung auszuführen, wenn sie nicht seiner Resonanzfrequenz entspricht. Komplexe Schwingsysteme, bei denen unendlich viele, durch die Steifigkeit des Materials miteinander verkoppelte Einmassenschwinger Schwingungen ausführen, weisen meist mehrere verschieden große Resonanzfrequenzen auf.
13.1 Schwingungsparameter
Jeder Schwinger, ganz gleich wie er aufgebaut ist, kann in seinem Schwingungsverhalten durch eine Reihe von Größen oder Parametern gekennzeichnet werden. Da ist zunächst die Resonanzfrequenz (größte Amplitude, geringste Anregungsenergie), oder die Resonanzfrequenzen (Moden) bei komplexen Schwingern. Da sich bei jeder Schwingung eine Biegewelle auf dem Körper des

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H. Gerber: Die Physik der Trompete
 
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 Schwingers ausbreitet, ist der Schwingungsausschlag (Amplitude) der einzelnen Elemente unterschiedlich. Eine weitere wichtige Größe ist die Schwingungsdämpfung. Jeder Schwinger, der durch einen Impuls zu seiner Resonanzschwingung angeregt wurde, schwingt nach dem Anschlag nicht unendlich weiter, sondern klingt mehr oder weniger langsam aus. Der Grund liegt im Energieentzug durch äußere und innere Einwirkungen wie z.B. Schallabstrahlung, Luft- oder auch innere Reibung. Je höher der Energieentzug ist, umso schneller klingt die Schwingung aus, sie wird gedämpft. Die Dämpfung lässt sich z.B. aus der Ausklingzeit berechnen oder auch aus der Form der Resonanzkurve. Je spitzer die Resonanzkurve um ihr Maximum herum verläuft, umso geringer ist die Dämpfung.
13.2 Schwingungsformen
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen freien und erzwungenen Schwingungen, wobei freie Schwingungen immer dann vorliegen, wenn ein resonanzfähiges System kurz angeschlagen oder gezupft wird und anschließend frei ausschwingen kann. Dies ist z.B. bei einer Stimmgabel der Fall, deren freie Schwingung von z.B. 440 Hz nach dem mechanischen Anschlag erklingt. Hält man den Fuß der Stimmgabel gegen eine Tischplatte, so werden die Stimmgabelschwingungen auf die Platte übertragen, und sorgen für ein Mitschwingen bei genau der aufgezwungenen Frequenz von 440 Hz. Der Tisch führt eine erzwungene Schwingung aus, die durch die andauernde Anregung durch die Stimmgabel synchronisiert wird. Der Tischplatte gelingt es besser, die angrenzende Luftsäule in Schwingungen zu versetzen als der viel kleineren Stimmgabel, so dass der Stimmgabelton beim Aufsetzen auf die Tischplatte viel lauter wird. Würde man die Tischplatte mit einem Hammer kurz anschlagen, so erklänge mit Sicherheit eine ganz andere Schwingungstonhöhe, denn jetzt führt die Platte wieder freie Schwingungen aus. Je besser die freien Schwingungen (Resonanzen) der Tischplatte mit denen der Stimmgabel übereinstimmen, desto besser kann sie mitschwingen und desto lauter wird der Klang sein. Will man wissen, in welchem Maße ein Schwinger auf angreifende, erzwungene Schwingungen reagiert, so ist es notwendig, seine eigenen freien Schwingungen zu kennen. Derartige freie oder auch erzwungene Schwingungen können gewollt oder auch störend sein. Gewollt sind sie natürlich immer dann, wenn dadurch der typische Instrumentenklang entsteht; stören werden sie meistens, wenn dieser typische Klang durch sie auf unangebrachte Weise verändert wird. Bei Musikinstrumenten, bei denen mechanische Schwingungen nicht zur typischen Schallabstrahlung zählen (z.B. Blechblasinstrumente) sind die Verhältnisse etwas komplizierter. Hier werden die Wandschwingungen des Instrumentes durch die Schallschwingungen der im Rohrinneren befindlichen Luftsäule angeregt. Der Einfluss dieser mechanischen Schwingungen auf den für den Zuhörer wahrnehmbaren Klang des Instrumentes ist nur sehr gering, da die Energie des vom Blechblasinstrument abgestrahlten Körperschalls im Verhältnis zum Schall der Luftsäule nur äußerst klein ist. Der Einzige der möglicherweise im Stande ist die Abstrahlung der mechanischen Schwingungen wahrzunehmen, ist der Musiker selbst, da der Schalltrichter seines Instruments immer von ihm wegweist, die Instrumente eine stark gerichtete

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 Schallabstrahlung, insbesondere bei hohen Frequenzen haben, und er sich nahe genug am Instrument befindet, um diese Schwingungen auch wahrzunehmen.
Abbildung 13-1: Hauptabstrahlungsgebiete der Trompete (0-3 dB) /17/
Der mögliche Einfluss dieser parasitären Schwingungen auf das Spielverhalten von Blechblasinstrumenten wird immer wieder diskutiert. Der Instrumentenhersteller kann die Größe und Erscheinungsform der mechanischen Schwingungen durch Anbringung von Stützen, Änderung der Blechdicke, der Blechlegierung etc., beeinflussen, durch entsprechend massive Bauweise sogar fast vollständig unterdrücken. Die Bewertung des Spielverhaltens unterschiedlich ausgeführter Instrumente durch den Musiker ist aber so von seinen persönlichen Neigungen abhängig, was Ansprache, Klang und ähnliche eher subjektive Parameter betrifft, so dass es kaum möglich ist, allgemeine Aussagen hierüber zu machen.

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14 Modalanalyse der Schalltrichterschwingungen
Bei der Analyse von Schwingungen an beliebigen Strukturen hat sich die Modalanalyse inzwischen einen festen Platz in der mechanischen und akustischen Messtechnik erobert. Die PTB Braunschweig führte unter Federführung von Klaus Wogram Modalanalysen an Trompetenschalltrichtern durch. Die wesentlichen Informationen, die die Modalanalyse über die untersuchten Schwingungssysteme liefern kann, sind Resonanzfrequenzen, Dämpfungen und die Schwingungsverteilung auf der Struktur. Die zu untersuchende Struktur wird an einer beliebigen Stelle zu Schwingungen angeregt. Gleichzeitig misst man an einer anderen beliebigen Stelle, was von der Anregung hier angekommen ist.
Abbildung 14-1: Schema Modalanalyse /26/
Die am Anregungspunkt eingebrachte mechanische Energie erfährt also auf ihrem Weg zum Messpunkt eine Veränderung, die von den Resonanzmoden der Struktur abhängig ist. Bezieht man das Antwortsignal auf die anregende Kraft für jede gewünschte Frequenz, so erhält man die Übertragungsfunktion für das gewählte Punktepaar. Mit Hilfe umfangreicher Computerhard- und Software kann die untersuchte Struktur in ihren Resonanzfrequenzen als animierte Strichzeichnung dargestellt werden.

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Abbildung 14-2: Schwingungsform einer Trompete bei ihrer ersten Resonanz. /26/ Abbildung 14-5: Schwingungsform einer Trompete bei ihrer 10. (707.8 Hz) und 17. (983.6 Hz) Resonanz /26/
Eine nennenswerte Mitschwingung der Trompete zeigt sich ausschließlich am Schalltrichter. Der Schalltrichter führt bei einer Frequenz von 41 Hz eine Biegeschwingung aus, die an der Befestigungsstelle der Maschine einen Knoten als Drehpunkt aufweist. Der Schalltrichter führt bei dieser Frequenz eine ausladende Auf- und Abbewegung aus. Allerdings kann diese Frequenz beim Trompetenspiel kaum angeregt werden, da der Spielbereich der Trompete erst bei 165 Hz beginnt.

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 Bei allen anderen Resonanzfrequenzen zeigen sich Biegeschwingungen entlang der Trichterachse, die mit steigender Frequenz durch Querschnittsresonanzen, d.h. Verformungen des kreisförmigen Querschnitts, überlagert werden. Da eine Beeinflussung der inneren Luftsäule nur dann denkbar ist, wenn sich auch die Querschnittsform verändert, können sich bei der gezeigten Trompete nur die parasitären Schwingungen oberhalb der 6. Mode mit 508 Hz bemerkbar machen.
15 Der Einfluss der Materialstärke
Wesentlich wichtiger als die Wahl des Materials des Schalltrichters ist die Materialstärke für die Ausbildung der Schalltrichterschwingungen. Versuche der Boosey & Hawkes Group haben gezeigt, dass es für einen Zuhörer fast unmöglich ist, zwischen dem Klang einer Trompete mit Fiberglasschallstück und einer Trompete mit einem Messingschallstück mit 0.5 mm Materialstärke zu unterscheiden (bei gleicher Mensur). Vergleicht man aber nun mit einer Trompete, deren Schallstück eine Materialstärke von nur 0.3 mm hat, so sind leicht Veränderungen im Klang erkennbar. Die folgende Grafik veranschaulicht die Zusammenhänge zwischen Wandstärke und Vibration:
Abbildung 15-1: Wandstärke-Vibration /21/

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16 Literaturverzeichnis

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