Pres­se­mit­tei­lung Nr. 39/2024 vom 14.08.2024

Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt setzt So­fort­voll­zug des COM­PACT-Ver­bots teil­wei­se aus

Dem An­trag der COM­PACT-Ma­ga­zin GmbH, die auf­schie­ben­de Wir­kung ih­rer Kla­ge ge­gen die Ver­bots­ver­fü­gung des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums des In­nern und für Hei­mat (BMI) wie­der­her­zu­stel­len, hat das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt heu­te mit be­stimm­ten Ma­ß­ga­ben statt­ge­ge­ben. Dem­ge­gen­über hat das Ge­richt die An­trä­ge wei­te­rer An­trag­stel­ler ab­ge­lehnt.


Mit Ver­bots­ver­fü­gung vom 5. Ju­ni 2024 - voll­zo­gen am 16. Ju­li 2024 - stell­te das BMI un­ter Be­ru­fung auf § 3 Abs. 1 Satz 1 Var. 2, § 17 Nr. 1 Var. 1 Ver­einsG i. V. m. Art. 9 Abs. 2 Var. 2 GG fest, dass die An­trag­stel­le­rin zu 1 - die COM­PACT-Ma­ga­zin GmbH - und ih­re Teil­or­ga­ni­sa­ti­on, die An­trag­stel­le­rin zu 2, sich ge­gen die ver­fas­sungs­mä­ßi­ge Ord­nung rich­te­ten, des­halb ver­bo­ten wür­den und auf­ge­löst sei­en. Die An­trag­stel­ler zu 3 bis 10 wer­den in der Ver­bots­ver­fü­gung als Mit­glie­der ge­nannt. Zur Be­grün­dung führ­te das BMI an, die Ver­ei­ni­gung leh­ne die ver­fas­sungs­mä­ßi­ge Ord­nung nach ih­ren Zwe­cken und ih­rer Tä­tig­keit ab und wei­se ei­ne ver­fas­sungs­feind­li­che Grund­hal­tung auf. Dies kom­me u. a. in zahl­rei­chen Bei­trä­gen des mo­nat­lich er­schei­nen­den "COM­PACT-Ma­ga­zin für Sou­ve­rä­ni­tät" zum Aus­druck. Hier­ge­gen ha­ben die An­trag­stel­ler zu 1 bis 10 am 24. Ju­li 2024 Kla­ge er­ho­ben, über die der Se­nat noch nicht ent­schie­den hat. Zu­gleich ha­ben sie je­weils An­trä­ge auf Ge­wäh­rung vor­läu­fi­gen Rechts­schut­zes ge­stellt, die vor al­lem dar­auf ab­zie­len, den Be­trieb als Pres­se- und Me­di­en­un­ter­neh­men wäh­rend der Dau­er des an­hän­gi­gen Kla­ge­ver­fah­rens fort­füh­ren zu kön­nen.


Bei der im Eil­ver­fah­ren ge­bo­te­nen sum­ma­ri­schen Prü­fung der Ver­bots­ver­fü­gung er­wei­sen sich die Er­folgs­aus­sich­ten der Kla­ge der An­trag­stel­le­rin zu 1 als of­fen. Zwar be­stehen kei­ne Be­den­ken ge­gen die An­wend­bar­keit des Ver­eins­ge­set­zes auf die in der Rechts­form ei­ner Ge­sell­schaft mit be­schränk­ter Haf­tung or­ga­ni­sier­te und als Pres­se- und Me­di­en­un­ter­neh­men tä­ti­ge An­trag­stel­le­rin zu 1. Al­les spricht auch da­für, dass die Ver­bots­ver­fü­gung for­mell recht­mä­ßig ist. In ma­te­ri­el­ler Hin­sicht gibt es kei­ne Zwei­fel dar­an, dass es sich bei der An­trag­stel­le­rin zu 1 um ei­nen Ver­ein i.S.d. § 2 Abs. 1 Ver­einsG han­delt, der sich die Ak­ti­vi­tä­ten der An­trag­stel­le­rin zu 2 als sei­ner Teil­or­ga­ni­sa­ti­on zu­rech­nen las­sen muss. Ob die­se Ver­ei­ni­gung aber den - wie al­le Grün­de des § 3 Abs. 1 Satz 1 Ver­einsG, Art. 9 Abs. 2 GG eng aus­zu­le­gen­den - Ver­bots­grund des Sich­rich­tens ge­gen die ver­fas­sungs­mä­ßi­ge Ord­nung er­füllt, kann der­zeit nicht ab­schlie­ßend be­ur­teilt wer­den.


Ein­zel­ne Aus­füh­run­gen in den von der An­trag­stel­le­rin zu 1 ver­brei­te­ten Print- und On­line-Pu­bli­ka­tio­nen las­sen zwar An­halts­punk­te ins­be­son­de­re für ei­ne Ver­let­zung der Men­schen­wür­de (Art. 1 Abs. 1 GG) er­ken­nen. Es deu­tet auch Über­wie­gen­des dar­auf hin, dass die An­trag­stel­le­rin zu 1 mit der ihr ei­ge­nen Rhe­to­rik in vie­len Bei­trä­gen ei­ne kämp­fe­risch-ag­gres­si­ve Hal­tung ge­gen­über ele­men­ta­ren Ver­fas­sungs­grund­sät­zen ein­nimmt. Zwei­fel be­stehen je­doch, ob an­ge­sichts der mit Blick auf die Mei­nungs- und Pres­se­frei­heit in wei­ten Tei­len nicht zu be­an­stan­den­den Bei­trä­ge in den Aus­ga­ben des "COM­PACT-Ma­ga­zin für Sou­ve­rä­ni­tät" die Art. 1 Abs. 1 GG ver­let­zen­den Pas­sa­gen für die Aus­rich­tung der Ver­ei­ni­gung ins­ge­samt der­art prä­gend sind, dass das Ver­bot un­ter Ver­hält­nis­mä­ßig­keits­punk­ten ge­recht­fer­tigt ist. Denn als mög­li­che mil­de­re Mit­tel sind pres­se- und me­di­en­recht­li­che Maß­nah­men, Ver­an­stal­tungs­ver­bo­te, orts- und ver­an­stal­tungs­be­zo­ge­ne Äu­ße­rungs­ver­bo­te so­wie Ein­schrän­kun­gen und Ver­bo­te von Ver­samm­lun­gen in den Blick zu neh­men.


Bei der dem Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt im Eil­ver­fah­ren ob­lie­gen­den Ab­wä­gung über­wiegt das Aus­set­zungs­in­ter­es­se der An­trag­stel­le­rin zu 1 das öf­fent­li­che In­ter­es­se an der so­for­ti­gen Voll­zie­hung. Da die Voll­zie­hung des Ver­eins­ver­bots zu der so­for­ti­gen Ein­stel­lung des ge­sam­ten Print- und On­line­an­ge­bots führt, das den Schwer­punkt der Tä­tig­keit der An­trag­stel­le­rin zu 1 aus­macht, kommt ih­rem In­ter­es­se an der auf­schie­ben­den Wir­kung ih­rer Kla­ge im Hin­blick auf die Grund­rech­te der Mei­nungs- und Pres­se­frei­heit aus Art. 5 Abs. 1 GG ein be­son­de­res Ge­wicht zu. Dem An­lie­gen der An­trags­geg­ne­rin, die Fort­set­zung der Tä­tig­kei­ten der Ver­ei­ni­gung auf Dau­er zu un­ter­bin­den, kann in aus­rei­chen­dem Ma­ße durch die in dem Be­schluss nä­her be­zeich­ne­ten Ma­ß­ga­ben Rech­nung ge­tra­gen wer­den. Die­se die­nen vor al­lem der wei­te­ren Aus­wer­tung der be­schlag­nahm­ten Be­weis­mit­tel für das an­hän­gi­ge Haupt­sa­che­ver­fah­ren.


Im Un­ter­schied hier­zu ha­ben die Kla­gen der wei­te­ren An­trag­stel­ler zu 2 bis 10 vor­aus­sicht­lich kei­nen Er­folg. Ih­re Eil­an­trä­ge wa­ren da­her ab­zu­leh­nen.


BVer­wG 6 VR 1.24 - Be­schluss vom 14. Au­gust 2024


Be­schluss vom 14.08.2024 -
BVer­wG 6 VR 1.24ECLI:DE:BVer­wG:2024:140824B6VR1.24.0

Ver­eins­recht­li­ches Ver­bot ei­nes Me­di­en­un­ter­neh­mens - COM­PACT

Leit­satz:

Ein Ver­eins­ver­bot ge­mäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Ver­einsG kann als In­stru­ment des "prä­ven­ti­ven Ver­fas­sungs­schut­zes" auch ge­gen­über zum Zweck der Ver­brei­tung von Nach­rich­ten und Mei­nungs­bei­trä­gen ge­grün­de­ten Me­di­en­or­ga­ni­sa­tio­nen er­las­sen wer­den (wie BVer­wG, Ur­teil vom 29. Ja­nu­ar 2020 - 6 A 1.19 - BVer­w­GE 167, 293 Rn. 34 ff.).

  • Rechts­quel­len
  • Zi­tier­vor­schlag

Be­schluss

BVer­wG 6 VR 1.24

    In der Ver­wal­tungs­streit­sa­che hat der 6. Se­nat des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts
    am 14. Au­gust 2024
    durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Prof. Dr. Kraft so­wie die Rich­te­rin­nen am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Stei­ner und Dr. Gamp
    be­schlos­sen:

    1. Die auf­schie­ben­de Wir­kung der Kla­ge der An­trag­stel­le­rin zu 1 ge­gen die Ver­bots­ver­fü­gung des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums des In­nern und für Hei­mat vom 5. Ju­ni 2024 wird, so­weit in ihr die so­for­ti­ge Voll­zie­hung an­ge­ord­net wor­den ist, mit fol­gen­den Ma­ß­ga­ben wie­der­her­ge­stellt:
    2. a) Die An­trags­geg­ne­rin darf vor der Rück­ga­be der bei dem Voll­zug des Ver­eins­ver­bots si­cher­ge­stell­ten und be­schlag­nahm­ten Be­weis­mit­tel und Ver­mö­gens­ge­gen­stän­de bin­nen ei­ner Wo­che ab Zu­stel­lung des voll­stän­dig ab­ge­fass­ten Be­schlus­ses Ko­pi­en von pa­pier­ge­bun­de­nen Un­ter­la­gen (Ak­ten, Kon­to­aus­zü­gen etc.) so­wie elek­tro­ni­schen Spei­cher­me­di­en (u. a. Com­pu­ter und Lap­tops mit in­ter­nen Fest­plat­ten, Note­books, Ta­blets so­wie ex­ter­nen Fest­plat­ten, USB-Sticks, USB-Kar­ten, NAS-Spei­cher, SD-Kar­ten, DVDs, CDs) an­fer­ti­gen so­wie Mo­bil­te­le­fo­ne und SIM-Kar­ten aus­wer­ten.
    3. b) Von der Her­aus­ga­be der bei dem Ver­eins­ver­bot si­cher­ge­stell­ten und be­schlag­nahm­ten Ge­gen­stän­de sind Waf­fen und waf­fen­ähn­li­che Ge­gen­stän­de aus­ge­nom­men.
    4. Im Üb­ri­gen wer­den die An­trä­ge ab­ge­lehnt.
    5. Die Ge­richts­kos­ten tra­gen die An­trags­geg­ne­rin und die An­trag­stel­le­rin zu 2 zu je 3/10 so­wie die An­trag­stel­ler zu 3 bis 10 zu je 1/20. Die au­ßer­ge­richt­li­chen Kos­ten der An­trag­stel­le­rin zu 1 trägt die An­trags­geg­ne­rin. Die au­ßer­ge­richt­li­chen Kos­ten der An­trags­geg­ne­rin tra­gen die An­trag­stel­le­rin zu 2 zu 3/10 und die An­trag­stel­ler zu 3 bis 10 zu je 1/20; im Üb­ri­gen tra­gen die Be­tei­lig­ten ih­re au­ßer­ge­richt­li­chen Kos­ten selbst.
    6. Der Wert des Streit­ge­gen­stan­des wird auf 50 000 € fest­ge­setzt.

    Grün­de

    I

    1 Die An­trag­stel­le­rin zu 1 ist ein im Jah­re 2010 ge­grün­de­tes Un­ter­neh­men mit Sitz im Bun­des­land Bran­den­burg, das sei­nen Un­ter­neh­mens­ge­gen­stand in der Her­aus­ga­be ei­nes Ma­ga­zins so­wie wei­te­rer Pu­bli­ka­tio­nen und der Or­ga­ni­sa­ti­on von da­mit im Zu­sam­men­hang ste­hen­den Ver­an­stal­tun­gen und Film­pro­duk­tio­nen sieht. Sie ver­legt die Mo­nats­zeit­schrift "COM­PACT-Ma­ga­zin für Sou­ve­rä­ni­tät" (Auf­la­ge: 40 000 Ex­em­pla­re pro Mo­nat) so­wie wei­te­re mehr­mals pro Jahr er­schei­nen­de Print-For­ma­te (COM­PACT­Spe­zi­al so­wie COM­PACT­Ge­schich­te). Dar­über hin­aus ist die An­trag­stel­le­rin zu 1 im In­ter­net prä­sent. Sie ver­öf­fent­licht über ei­nen You­Tube-Ka­nal das On­line-TV-For­mat "COM­PACT.Der­Tag", in dem sich wech­seln­de Ge­sprächs­part­ner zu ge­sell­schafts­po­li­ti­schen The­men aus­tau­schen; zeit­wei­se er­schien es im Sti­le ei­nes Nach­rich­ten­for­mats mit Mo­de­ra­to­rin. Zu­sätz­li­che An­ge­bo­te er­gän­zen das On­line-TV-For­mat (u. a. "COM­PACT.In­ter­view" und "COM­PACT.Live"). Zur Pro­dukt­pa­let­te der An­trag­stel­le­rin zu 1 zäh­len fer­ner um­fang­rei­che On­line-An­ge­bo­te (u. a. ein On­line-Shop und ei­ne kos­ten­pflich­ti­ge Club­mit­glied­schaft). Die You­Tube-Vi­de­os von "COM­PACT.Der­Tag" ver­zeich­nen bis zu 460 000 Klicks pro Vi­deo. An­teils­eig­ner der An­trag­stel­le­rin zu 1 sind der An­trag­stel­ler zu 3 (66,67 % der An­tei­le) so­wie der An­trag­stel­ler zu 5 (33,33 %).

    2 Der Ge­sell­schafts­zweck der im März 2021 ge­grün­de­ten An­trag­stel­le­rin zu 2 be­steht in der Pro­duk­ti­on und in dem Ver­trieb von Fil­men und Vi­de­os. Sie pro­du­ziert für die An­trag­stel­le­rin zu 1 die Nach­rich­ten­sen­dung "COM­PACT.Der­Tag" mit den Au­ßen­auf­nah­men, In­ter­views und Talk­run­den. Ne­ben der An­trag­stel­le­rin zu 1 (78,94 %) sind der An­trag­stel­ler zu 3 (4,39 %), die An­trag­stel­le­rin zu 4 (12,28 %) so­wie der An­trag­stel­ler zu 6 (4,39 %) an der An­trag­stel­le­rin zu 2 be­tei­ligt.

    3 Der An­trag­stel­ler zu 3 ist Ge­schäfts­füh­rer der An­trag­stel­le­rin zu 1 und zu­gleich Chef­re­dak­teur des "COM­PACT-Ma­ga­zin für Sou­ve­rä­ni­tät", die An­trag­stel­le­rin zu 4 ist Ge­schäfts­füh­re­rin der An­trag­stel­le­rin zu 2. Der An­trag­stel­ler zu 5 ist als Pro­ku­rist bei der An­trag­stel­le­rin zu 1 an­ge­stellt. Die An­trag­stel­ler zu 6 bis 10 sind als Re­dak­teu­re bzw. kauf­män­ni­sche An­ge­stell­te bei der An­trag­stel­le­rin zu 1 be­schäf­tigt.

    4 Mit Ver­bots­ver­fü­gung vom 5. Ju­ni 2024 - den An­trag­stel­lern zu 3 bis 10 am 16. Ju­li 2024 aus­ge­hän­digt und am sel­ben Tag mit dem ver­fü­gen­den Teil im Bun­des­an­zei­ger ver­öf­fent­licht - stell­te das Bun­des­mi­nis­te­ri­um des In­nern und für Hei­mat (BMI) un­ter Be­ru­fung auf § 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2, § 17 Nr. 1 Alt. 1 Ver­einsG i. V. m. Art. 9 Abs. 2 Alt. 2 GG fest, dass die An­trag­stel­le­rin zu 1 und ih­re Teil­or­ga­ni­sa­ti­on, die An­trag­stel­le­rin zu 2, sich ge­gen die ver­fas­sungs­mä­ßi­ge Ord­nung rich­te­ten, des­halb ver­bo­ten wür­den und auf­ge­löst sei­en. Zur Be­grün­dung führ­te das BMI an, die Ver­ei­ni­gung leh­ne die ver­fas­sungs­mä­ßi­ge Ord­nung nach ih­ren Zwe­cken und ih­rer Tä­tig­keit ab und wei­se ei­ne ver­fas­sungs­feind­li­che Grund­hal­tung auf. Bei der Ver­wirk­li­chung der ver­fas­sungs­feind­li­chen Zie­le neh­me der Ver­ein ei­ne ag­gres­siv-kämp­fe­ri­sche Hal­tung ge­gen­über der ver­fas­sungs­mä­ßi­gen Ord­nung ein. Die An­trag­stel­le­rin zu 1 pro­pa­gie­re ein völ­kisch-na­tio­na­lis­ti­sches Ge­sell­schafts­kon­zept. Dies spie­ge­le sich in zahl­rei­chen Bei­trä­gen ih­rer Print­aus­ga­ben so­wie in den On­line-For­ma­ten wi­der. Zu­dem be­die­ne sie sich des Nar­ra­ti­ves des "Gro­ßen Aus­tauschs" bzw. "Be­völ­ke­rungs­aus­tauschs", "Volks­aus­tauschs" oder der "Er­set­zungs­mi­gra­ti­on" und prä­sen­tie­re die "Re­mi­gra­ti­on" und "Re-Tri­ba­li­sie­rung" als Lö­sungs­kon­zep­te zum Er­halt ei­nes eth­nisch-ho­mo­ge­nen Vol­kes. In zahl­rei­chen Ver­öf­fent­li­chun­gen of­fen­ba­re sich Frem­den- und Mi­gran­ten­feind­lich­keit so­wie An­ti­se­mi­tis­mus.

    5 Die An­trag­stel­ler ha­ben am 24. Ju­li 2024 je­weils An­fech­tungs­kla­ge ge­gen die Ver­bots­ver­fü­gung er­ho­ben und um die Ge­wäh­rung vor­läu­fi­gen Rechts­schut­zes nach­ge­sucht. Zur Be­grün­dung der An­trä­ge ha­ben sie im We­sent­li­chen aus­ge­führt, das Ver­bot zie­le auf ein To­tal­ver­bot der pu­bli­zis­ti­schen Ver­brei­tung des mo­nat­li­chen Ma­ga­zins und der Me­di­en­häu­ser der COM­PACT-Ma­ga­zin GmbH so­wie der CONSPECT FILM GmbH ab. Es kon­stru­ie­re da­für ein rechts­ex­tre­mis­ti­sches Netz­werk in Form ei­nes Ver­eins. Ih­re un­ter­neh­me­ri­sche Be­tä­ti­gung ge­nie­ße den Schutz der Mei­nungs- und Pres­se­frei­heit aus Art. 5 Abs. 1 GG. Für das Pres­se- und Me­di­en­recht lie­ge die Ge­setz­ge­bungs­kom­pe­tenz bei den Län­dern. Das Ver­eins­ge­setz dür­fe nicht so aus­ge­legt und an­ge­wen­det wer­den, dass die Ge­setz­ge­bungs­kom­pe­tenz der Län­der für das in­halts­be­zo­ge­ne Pres­se- und Me­di­en­recht un­ter­lau­fen wer­de. Auch die feh­len­de Zi­tie­rung von Art. 5 Abs. 1 GG in § 32 Ver­einsG deu­te dar­auf hin, dass ei­ne Ein­schrän­kung der Pres­se­frei­heit durch den Ver­eins­ge­setz­ge­ber nicht be­ab­sich­tigt ge­we­sen sei. Die An­trag­stel­le­rin­nen zu 1 und 2 sei­en dar­über hin­aus kei­ne Ver­ei­ne i. S. d. § 2 Abs. 1 Ver­einsG. Je­den­falls sei der Ver­bots­grund des Sich­rich­tens ge­gen die ver­fas­sungs­mä­ßi­ge Ord­nung nicht er­füllt. Das Ver­eins­ver­bot sei im Üb­ri­gen un­ver­hält­nis­mä­ßig.

    6 Die An­trags­geg­ne­rin ist den Kla­gen und An­trä­gen ent­ge­gen­ge­tre­ten.

    7 We­gen der Ein­zel­hei­ten des Sach- und Streit­stan­des wird auf den In­halt der Ge­richts­ak­ten die­ses Ver­fah­rens und der an­hän­gi­gen Kla­ge­ver­fah­ren (BVer­wG 6 A 4.24 ) so­wie die von der An­trags­geg­ne­rin vor­ge­leg­ten Ver­wal­tungs­vor­gän­ge ver­wie­sen. Der Se­nat hat er­gän­zend Pu­bli­ka­tio­nen der An­trag­stel­le­rin zu 1 aus den Jah­ren 2022 bis 2024 und ein As­ser­va­ten­ver­zeich­nis bei­ge­zo­gen.

    II

    8 Die An­trä­ge auf Wie­der­her­stel­lung der auf­schie­ben­den Wir­kung der Kla­gen nach § 80 Abs. 5 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Vw­GO ha­ben le­dig­lich in dem aus dem Te­nor er­sicht­li­chen Um­fang Er­folg. Sie sind statt­haft, so­weit in Zif­fer 9 des Be­scheids die so­for­ti­ge Voll­zie­hung an­ge­ord­net ist, und auch im Üb­ri­gen zu­läs­sig.

    9 1. Der An­trag der An­trag­stel­le­rin zu 1 ist mit den aus der Be­schluss­for­mel er­sicht­li­chen Ma­ß­ga­ben auch be­grün­det. Bei der im Rah­men der Ent­schei­dung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Vw­GO vor­zu­neh­men­den In­ter­es­sen­ab­wä­gung ge­bührt ih­rem In­ter­es­se am Auf­schub der Voll­zie­hung der Ver­bots­ver­fü­gung bei Be­ach­tung der be­zeich­ne­ten Ma­ß­ga­ben der Vor­rang vor dem von der An­trags­geg­ne­rin gel­tend ge­mach­ten öf­fent­li­chen In­ter­es­se an ei­ner so­for­ti­gen Voll­zie­hung. Dies folgt dar­aus, dass nach der in dem Ver­fah­ren des einst­wei­li­gen Rechts­schut­zes al­lein ge­bo­te­nen und mög­li­chen sum­ma­ri­schen Prü­fung die Er­folgs­aus­sich­ten ih­rer Kla­ge ge­gen die Ver­bots­ver­fü­gung der­zeit of­fen sind (a.). Die so­for­ti­ge Voll­zie­hung der Ver­bots­ver­fü­gung den­noch auf­recht­zu­er­hal­ten, wä­re mit dem Ge­bot ef­fek­ti­ven Rechts­schut­zes nur dann ver­ein­bar, wenn die mit der An­ord­nung der so­for­ti­gen Voll­zie­hung ver­bun­de­ne Rechts­be­ein­träch­ti­gung der An­trag­stel­le­rin zu 1 mit hin­rei­chend ge­wich­ti­gen Grün­den des All­ge­mein­wohls zu recht­fer­ti­gen wä­re. Dies ist nicht der Fall (b.).

    10 a. Der ge­gen­wär­ti­ge Sach- und Streit­stand er­mög­licht dem be­schlie­ßen­den Se­nat kei­ne ver­läss­li­che Pro­gno­se über den Er­folg des von der An­trag­stel­le­rin zu 1 an­ge­streng­ten Haupt­sa­che­ver­fah­rens. De­ren An­fech­tungs­kla­ge ist zu­läs­sig. Sie wä­re be­grün­det, wenn sich die Ver­bots­ver­fü­gung vom 5. Ju­ni 2024 als rechts­wid­rig er­wie­se und die Rech­te der An­trag­stel­le­rin zu 1 ver­letz­te (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Vw­GO). Ob die Ver­bots­ver­fü­gung in § 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 i. V. m. § 17 Nr. 1 des Ge­set­zes zur Re­ge­lung des öf­fent­li­chen Ver­eins­rechts (Ver­eins­ge­setz - ‌Ver­einsG) vom 5. Au­gust 1964 (BGBl. I S. 593), zu­letzt ge­än­dert durch Ge­setz vom 30. No­vem­ber 2020 (BGBl. I S. 2600), ih­re recht­li­che Grund­la­ge fin­det, ist of­fen. Zwar be­stehen kei­ne Be­den­ken ge­gen die An­wend­bar­keit des Ver­eins­ge­set­zes auf die in der Rechts­form ei­ner Ge­sell­schaft mit be­schränk­ter Haf­tung or­ga­ni­sier­te und als Pres­se- und Me­di­en­un­ter­neh­men tä­ti­ge An­trag­stel­le­rin zu 1 (aa.). Al­les spricht auch da­für, dass die Ver­bots­ver­fü­gung for­mell recht­mä­ßig ist (bb.). In ma­te­ri­el­ler Hin­sicht be­stehen kei­ne Zwei­fel dar­an, dass es sich bei der An­trag­stel­le­rin zu 1 um ei­nen Ver­ein i. S. d. § 2 Abs. 1 Ver­einsG han­delt (cc.), der sich die Ak­ti­vi­tä­ten sei­ner Teil­or­ga­ni­sa­ti­on - der An­trag­stel­le­rin zu 2 - zu­rech­nen las­sen muss (dd.). Ob die­se Ver­ei­ni­gung aber den - wie al­le Grün­de des § 3 Abs. 1 Satz 1 Ver­einsG, Art. 9 Abs. 2 GG eng aus­zu­le­gen­den - Ver­bots­grund des Sich­rich­tens ge­gen die ver­fas­sungs­mä­ßi­ge Ord­nung er­füllt, ver­mag der Se­nat der­zeit nicht ab­schlie­ßend zu be­ur­tei­len (ee.).

    11 aa. Das Ver­eins­ge­setz ist auf die An­trag­stel­le­rin zu 1 an­wend­bar. Die hier­ge­gen ge­rich­te­ten Ein­wän­de der An­trag­stel­ler drin­gen nicht durch.

    12 Be­den­ken er­ge­ben sich nicht aus der Rechts­form, in der die An­trag­stel­le­rin zu 1 or­ga­ni­siert ist. Denn § 17 Nr. 1 Ver­einsG be­zieht aus­drück­lich auch Ge­sell­schaf­ten mit be­schränk­ter Haf­tung als "Wirt­schafts­ver­ei­ni­gun­gen" in das Ver­eins­ge­setz mit ein, wenn sie sich u. a. – wor­auf die Ver­bots­ver­fü­gung al­lein ge­stützt ist - ge­gen die ver­fas­sungs­mä­ßi­ge Ord­nung rich­ten.

    13 Auch der Un­ter­neh­mens­ge­gen­stand der An­trag­stel­le­rin zu 1 hin­dert nicht die An­wen­dung ver­eins­recht­li­cher Nor­men. In der höchst­rich­ter­li­chen Recht­spre­chung ist ge­klärt, dass ein Ver­eins­ver­bot ge­mäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Ver­einsG als In­stru­ment des "prä­ven­ti­ven Ver­fas­sungs­schut­zes" auch ge­gen­über zum Zweck der Ver­brei­tung von Nach­rich­ten und Mei­nungs­bei­trä­gen ge­grün­de­ten Me­di­en­or­ga­ni­sa­tio­nen er­las­sen wer­den kann. Denn Ge­gen­stand ei­nes sol­chen Ver­bots, das der prä­ven­ti­ven Be­kämp­fung der mit dem zweck­ge­rich­te­ten Zu­sam­men­schluss meh­re­rer Per­so­nen ein­her­ge­hen­den Ge­fah­ren dient, ist die hin­ter dem Me­di­um ste­hen­de Or­ga­ni­sa­ti­on, die sich der von ihr ver­leg­ten Druckerzeug­nis­se oder Te­le­me­di­en zur Ver­fol­gung ih­rer Zie­le be­dient (vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 14. Mai 2014 - 6 A 3.13 - Buch­holz 402.45 Ver­einsG Nr. 62 Rn. 26 und vom 29. Ja­nu­ar 2020 - 6 A 1.19 - BVer­w­GE 167, 293 Rn. 34 ff.). Die Dif­fe­ren­zie­rung zwi­schen Or­ga­ni­sa­ti­on und Pres­se­er­zeug­nis bzw. Me­di­um als An­knüp­fungs­punkt und Ob­jekt staat­li­cher Maß­nah­men ent­spricht der Ab­gren­zung zwi­schen der kon­kur­rie­ren­den Ge­setz­ge­bungs­kom­pe­tenz des Bun­des für das Ver­eins­recht (Art. 74 Abs. 1 Nr. 3 GG) ge­gen­über der Lan­des­ge­setz­ge­bungs­kom­pe­tenz für das Me­di­en- und Pres­se­recht (Art. 70 Abs. 1 GG). Zwar wä­re ein Ver­ei­ni­gungs­ver­bot mit den An­for­de­run­gen des Grund­ge­set­zes nicht zu ver­ein­ba­ren, wenn es nur das Mit­tel wä­re, Mei­nungs­äu­ße­run­gen oder Pu­bli­ka­tio­nen zu un­ter­sa­gen, die für sich ge­nom­men den Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG ge­nie­ßen. Ins­be­son­de­re darf ein Ver­ei­ni­gungs­ver­bot nicht be­wir­ken, dass auf die­sem We­ge un­ter­sagt wird, was die Frei­heits­rech­te sonst er­lau­ben. Die­ser Fra­ge ist aber - ent­ge­gen der Auf­fas­sung der An­trag­stel­ler - nicht auf der Ebe­ne der An­wend­bar­keit der ver­eins­recht­li­chen Ver­bots­norm nach­zu­ge­hen, son­dern im Rah­men der Prü­fung der Ver­bots­grün­de (BVerfG, Be­schluss vom 13. Ju­li 2018 - 1 BvR 1474/12 u. a. - BVerf­GE 149, 160 Rn. 93, 98 und 113).

    14 bb. An der for­mel­len Recht­mä­ßig­keit der Ver­bots­ver­fü­gung be­stehen kei­ne Zwei­fel.

    15 Ge­mäß § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Ver­einsG war das BMI für ih­ren Er­lass zu­stän­dig. Hier­nach ist das BMI Ver­bots­be­hör­de für Ver­ei­ne und Teil­ver­ei­ne, de­ren Or­ga­ni­sa­ti­on oder Tä­tig­keit sich über das Ge­biet ei­nes Lan­des hin­aus er­streckt. Zu­stän­dig­keits­be­grün­dend ist da­nach un­ter an­de­rem be­reits, dass die be­trof­fe­ne Ver­ei­ni­gung über das Ge­biet ei­nes Bun­des­lan­des hin­aus durch nicht ganz un­be­deu­ten­de Tä­tig­kei­ten an­hal­tend in Er­schei­nung tritt, wo­bei es nicht dar­auf an­kommt, ob die­se für sich ge­nom­men den Ver­bots­tat­be­stand er­fül­len (vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 5. Au­gust 2009 - 6 A 3.08 - BVer­w­GE 134, 275 Rn. 12). Dies ist hier des­halb der Fall, weil sich das mo­nat­lich er­schei­nen­de Print­ma­ga­zin "COM­PACT-Ma­ga­zin für Sou­ve­rä­ni­tät" (im Fol­gen­den: COM­PACT-Ma­ga­zin) er­kenn­bar an ei­nen bun­des­wei­ten Kun­den­kreis rich­tet. Es wird mit ei­ner Auf­la­ge von 40 000 Ex­em­pla­ren über den sta­tio­nä­ren Ein­zel­han­del so­wie zu­sätz­lich über ein von der An­trag­stel­le­rin zu 1 be­wor­be­nes Abon­ne­ment im ge­sam­ten Bun­des­ge­biet ver­trie­ben. Auch die reich­wei­ten­star­ke Nach­rich­ten­sen­dung "COM­PACT.Der­Tag", die als "ers­te op­po­si­tio­nel­le Nach­rich­ten­sen­dung in Deutsch­land" an­ge­kün­digt wird, ver­brei­tet die An­trag­stel­le­rin zu 1 über ih­ren You­Tube-Ka­nal im ge­sam­ten deutsch­spra­chi­gen Raum. Hin­zu kom­men die bun­des­wei­ten Ver­an­stal­tun­gen mit zahl­rei­chen Teil­neh­mern, die die An­trag­stel­le­rin zu 1 (mit-)or­ga­ni­siert (u. a. "Die blaue Wel­le" so­wie die jähr­li­che "COM­PACT­Kon­fe­renz" in un­ter­schied­li­chen Bun­des­län­dern).

    16 Ei­ne vor­he­ri­ge An­hö­rung der An­trag­stel­le­rin zu 1 war nicht er­for­der­lich. Die Ver­bots­be­hör­de kann von der An­hö­rung der von ei­ner Ver­bots­ver­fü­gung Be­trof­fe­nen nach § 28 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG ab­se­hen, wenn An­halts­punk­te für die An­nah­me be­stehen, auf­grund des mit der An­hö­rung ver­bun­de­nen An­kün­di­gungs­ef­fekts könn­ten Be­weis­mit­tel oder Ver­mö­gens­wer­te bei­sei­te­ge­schafft und dem be­hörd­li­chen Zu­griff ent­zo­gen wer­den. Die Er­mes­sens­ent­schei­dung hier­über, die im Hin­blick auf das Ver­bot ei­ner Ver­ei­ni­gung als Ge­samt­ver­ein mit­samt Teil­or­ga­ni­sa­tio­nen nur ein­heit­lich mit Blick auf den Ge­samt­ver­ein ge­trof­fen wer­den kann (BVer­wG, Ur­tei­le vom 7. Ju­li 2023 - 6 A 2.21 - ju­ris Rn. 23 und - 6 A 4.21 - BVer­w­GE 179, 284 Rn. 31 so­wie vom 19. Sep­tem­ber 2023 - 6 A 12.21 - ju­ris Rn. 39), be­darf ei­ner Be­grün­dung, die er­ken­nen lässt, auf wel­chen Er­wä­gun­gen das Ab­se­hen von der An­hö­rung be­ruht (BVerfG, Be­schluss vom 13. Ju­li 2018 - 1 BvR 1474/12 u. a. - BVerf­GE 149, 160 Rn. 161; BVer­wG, Ur­tei­le vom 26. Ja­nu­ar 2022 - 6 A 7.19 - Buch­holz 402.45 Ver­einsG Nr. 77 Rn. 36, vom 14. De­zem­ber 2022 - 6 A 6.21 - BVer­w­GE 177, 259 Rn. 20 und vom 19. Sep­tem­ber 2023 - 6 A 12.21 - ju­ris Rn. 39). Be­stehen nach dem ge­sam­ten In­halt des Be­scheids An­halts­punk­te da­für, dass sonst Be­weis­mit­tel und Ver­mö­gens­wer­te bei­sei­te­ge­schafft wür­den, reicht dies je­doch re­gel­mä­ßig schon aus, um das Ab­se­hen von der An­hö­rung zu recht­fer­ti­gen (vgl. BVerfG, Be­schluss vom 13. Ju­li 2018 ‌- 1 BvR 1474/12 u. a. - BVerf­GE 149, 160 Rn. 161). Nur in aty­pi­schen Fäl­len muss die Be­grün­dung des Be­scheids dar­über hin­aus ei­ne Ab­wä­gung al­ler für und ge­gen den Ver­zicht spre­chen­den Ge­sichts­punk­te ent­hal­ten (stren­ger noch: BVer­wG, Ur­tei­le vom 26. Ja­nu­ar 2022 - 6 A 7.19 - Buch­holz 402.45 Ver­einsG Nr. 77 Rn. 36 und vom 14. De­zem­ber 2022 - 6 A 6.21 - BVer­w­GE 177, 259 Rn. 20; Be­schluss vom 9. Ju­ni 2022 - 6 VR 2.21 - ju­ris Rn. 15). Die in den Grün­den der Ver­bots­ver­fü­gung ent­hal­te­ne Recht­fer­ti­gung des BMI für den An­hö­rungs­ver­zicht wird die­sen An­for­de­run­gen ge­recht.

    17 cc. Die An­trag­stel­le­rin zu 1 war zum Zeit­punkt des Be­schei­der­las­ses ein Ver­ein i. S. d. § 2 Abs. 1 Ver­einsG. Da­nach ist ein Ver­ein oh­ne Rück­sicht auf die Rechts­form je­de Ver­ei­ni­gung, zu der sich ei­ne Mehr­heit na­tür­li­cher oder ju­ris­ti­scher Per­so­nen für län­ge­re Zeit zu ei­nem ge­mein­sa­men Zweck frei­wil­lig zu­sam­men­ge­schlos­sen und ei­ner or­ga­ni­sier­ten Wil­lens­bil­dung un­ter­wor­fen hat. Die­se Vor­aus­set­zun­gen lie­gen bei sum­ma­ri­scher Prü­fung vor.

    18 Ge­sell­schaf­ter der An­trag­stel­le­rin zu 1 sind die An­trag­stel­ler zu 3 und 5, die sich vor mehr als zehn Jah­ren in ei­nem kon­sti­tu­ti­ven Akt zu­sam­men­ge­schlos­sen ha­ben, um ge­mein­sam zu­nächst nur die Zeit­schrift COM­PACT-Ma­ga­zin, spä­ter auch wei­te­re Pu­bli­ka­tio­nen her­aus­zu­ge­ben und da­mit in Zu­sam­men­hang ste­hen­de Ver­an­stal­tun­gen und Film­pro­duk­tio­nen zu or­ga­ni­sie­ren. Sie bil­den ei­nen - für sich ge­nom­men schon aus­rei­chen­den - Kern der Ver­ei­ni­gung i. S. d. § 2 Abs. 1 Ver­einsG, für den je­den­falls die ge­sell­schafts­recht­li­chen Re­ge­lun­gen des GmbH-Ge­set­zes ei­ne or­ga­ni­sier­te Wil­lens­bil­dung vor­ge­ben.

    19 An der Her­aus­ga­be der zahl­rei­chen Me­di­en, der (Mit-)Or­ga­ni­sa­ti­on von Ver­an­stal­tun­gen so­wie der Be­reit­hal­tung des um­fang­rei­chen On­line-An­ge­bots der Ver­ei­ni­gung sind über die­se Ge­sell­schaf­ter hin­aus wei­te­re Per­so­nen be­tei­ligt, u. a. Au­to­ren, Re­dak­teu­re und kauf­män­ni­sche An­ge­stell­te. Sie ha­ben sich - auf­grund von Ar­beits­ver­trä­gen, zu­min­dest aber kon­klu­dent - mit den be­schrie­be­nen Zie­len des Zu­sam­men­schlus­ses ein­ver­stan­den ge­zeigt und wir­ken ar­beits­tei­lig zu­sam­men, um das mul­ti­me­dia­le Pro­dukt­port­fo­lio auf­recht­zu­er­hal­ten und die Ver­an­stal­tun­gen durch­füh­ren zu kön­nen. Ob auch die­se Per­so­nen - wie die Ver­bots­ver­fü­gung an­nimmt - als Mit­glie­der der Ver­ei­ni­gung an­zu­se­hen sind, braucht je­den­falls im Eil­ver­fah­ren nicht ab­schlie­ßend ent­schie­den zu wer­den.

    20 Er­kenn­bar kommt dem Wort des Mehr­heits­ge­sell­schaf­ters, Ge­schäfts­füh­rers und Chef­re­dak­teurs - des An­trag­stel­lers zu 3 - in dem Per­so­nen­zu­sam­men­schluss be­son­de­res Ge­wicht zu. Das zeigt sich schon dar­an, dass mit sei­nem Edi­to­ri­al je­de Aus­ga­be des COM­PACT-Ma­ga­zins so­wie von "COM­PACT­Spe­zi­al" be­ginnt. Er ist die zen­tra­le Füh­rungs­ge­stalt der Ver­ei­ni­gung und hat - wo­von auch die An­trag­stel­ler aus­ge­hen – "die Ge­schi­cke un­ent­wind­bar in sei­nen Hän­den". Be­reits ei­ne von al­len Mit­glie­dern an­er­kann­te Au­to­ri­tät ge­nügt, um von ei­ner vom Wil­len der ein­zel­nen Mit­glie­der los­ge­lös­ten und or­ga­ni­sier­ten Ge­samt­wil­lens­bil­dung aus­zu­ge­hen; ei­ner Sat­zung oder an­de­ren for­ma­len Re­ge­lun­gen der Or­ga­ni­sa­ti­ons­struk­tur be­darf es nicht (vgl. BVerfG, Kam­mer­be­schluss vom 2. Ju­li 2019 - 1 BvR 1099/16 - NVwZ 2020, 224 Rn. 17; BVer­wG, Ur­teil vom 7. Ja­nu­ar 2016 - 1 A 3.15 - BVer­w­GE 154, 22 Rn. 21, 34).

    21 dd. Die in der Ver­bots­ver­fü­gung ex­pli­zit ge­nann­te An­trag­stel­le­rin zu 2 ist ei­ne nicht­ge­biet­li­che Teil­or­ga­ni­sa­ti­on der An­trag­stel­le­rin zu 1 i. S. d. § 3 Abs. 3 Satz 2 Ver­einsG. Denn die Vor­aus­set­zun­gen des § 3 Abs. 3 Satz 1 Ver­einsG lie­gen bei sum­ma­ri­scher Prü­fung vor. Des­halb muss sich die An­trag­stel­le­rin zu 1 de­ren Tä­tig­kei­ten zu­rech­nen las­sen.

    22 Die Recht­spre­chung zu § 3 Abs. 3 Satz 1 Ver­einsG ver­langt für das Vor­lie­gen ei­ner Teil­or­ga­ni­sa­ti­on im Un­ter­schied zu rei­nen Hilfs- oder Ne­ben­or­ga­ni­sa­tio­nen, dass ei­ne Iden­ti­tät zwi­schen dem Ver­ein als Gan­zem und sei­ner Glie­de­rung be­steht. Die Glie­de­rung muss tat­säch­lich in die Ge­samt­or­ga­ni­sa­ti­on ein­ge­bun­den sein. Ei­ne to­ta­le or­ga­ni­sa­to­ri­sche Ein­glie­de­rung et­wa in dem Sin­ne, dass aus­schlie­ß­lich Mit­glie­der oder Sym­pa­thi­san­ten der Ge­samt­or­ga­ni­sa­ti­on der Teil­or­ga­ni­sa­ti­on an­ge­hö­ren dür­fen, ist al­ler­dings nicht er­for­der­lich. Die Glie­de­rung muss im We­sent­li­chen von der Ge­samt­or­ga­ni­sa­ti­on be­herrscht wer­den. In­di­zi­en hier­für kön­nen sich aus der per­so­nel­len Zu­sam­men­set­zung der Ver­ei­ni­gun­gen, ih­rer Ge­schich­te, ih­rem Selbst­ver­ständ­nis und ih­ren Zie­len, ih­rer Tä­tig­keit und Fi­nan­zie­rung so­wie aus Ver­flech­tun­gen bei der Wil­lens­bil­dung und aus Wei­sungs­ge­ge­ben­hei­ten, re­spek­ti­ve auch aus hier­ar­chi­schen Struk­tu­ren, er­ge­ben. An­halts­punk­te für der­ar­ti­ge Struk­tu­ren kön­nen Be­richts­pflich­ten so­wie ei­ne stän­di­ge Be­glei­tung und Be­treu­ung durch Ver­tre­ter des Ge­samt­ver­eins sein. Es ist ei­ne Ge­samt­wür­di­gung al­ler Um­stän­de vor­zu­neh­men, wo­bei sich die je­wei­li­ge Aus­sa­ge­kraft der In­di­zi­en nach den tat­säch­li­chen Um­stän­den des Ein­zel­fal­les rich­tet. Nicht not­wen­dig ist es da­her zum ei­nen, dass sämt­li­che ge­nann­ten In­di­zi­en nach dem Ge­samt­bild die An­nah­me ei­ner Teil­or­ga­ni­sa­ti­on tra­gen. Zum an­de­ren kön­nen auch In­di­zi­en, die für sich ge­nom­men als nicht zwin­gend er­schei­nen mö­gen, in ih­rer Sum­me ei­ne Qua­li­fi­ka­ti­on als Teil­or­ga­ni­sa­ti­on recht­fer­ti­gen (vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 7. Ju­li 2023 - 6 A 4.21 - BVer­w­GE 179, 284 Rn. 35 m. w. N.).

    23 Am Vor­lie­gen die­ser Vor­aus­set­zun­gen hat der be­schlie­ßen­de Se­nat kei­ne Zwei­fel. Die An­trag­stel­le­rin zu 1 ist nicht nur mit 78,94 % Haupt­ge­sell­schaf­te­rin der An­trag­stel­le­rin zu 2. Dar­über hin­aus hält der An­trag­stel­ler zu 3 (4,39 %) so­wie sei­ne Ehe­frau, die An­trag­stel­le­rin zu 4, wei­te­re 12,28 % an der Ge­sell­schaft. Mit die­ser ge­sell­schafts­recht­lich be­herr­schen­den Stel­lung ist ei­ne Do­mi­nanz des Haupt­ge­sell­schaf­ters und Ge­schäfts­füh­rers der An­trag­stel­le­rin zu 1 ver­bun­den, die es ihm - dem An­trag­stel­ler zu 3 - er­laubt, auch die Ge­schi­cke der An­trag­stel­le­rin zu 2 zu be­stim­men. Hier­bei kommt ihm zu­gu­te, dass die Ge­schäfts­füh­re­rin der An­trag­stel­le­rin zu 2 sei­ne Ehe­frau ist und sich der Un­ter­neh­mens­sitz die­ser Ge­sell­schaft an der­sel­ben Adres­se wie die Re­dak­ti­ons­räu­me der An­trag­stel­le­rin zu 1 be­fin­det, an dem die Ehe­leu­te über­dies ih­ren ge­mein­sa­men Wohn­sitz ha­ben. Die­se fa­mi­liä­re und zu­gleich or­ga­ni­sa­to­ri­sche Ver­flech­tung ist ein wei­te­res star­kes In­diz für die Ein­bin­dung der An­trag­stel­le­rin zu 2 in die An­trag­stel­le­rin zu 1. Über­dies deu­tet der Um­stand, dass der Ge­schäfts­be­trieb der An­trag­stel­le­rin zu 2 ganz auf die mul­ti­me­dia­len Be­dürf­nis­se der An­trag­stel­le­rin zu 1 aus­ge­rich­tet ist, auf ei­ne en­ge wirt­schaft­li­che Ver­zah­nung. Dies gilt auch des­we­gen, weil - was die An­trag­stel­ler nicht in Ab­re­de stel­len - die An­trag­stel­le­rin zu 2 kei­ne Pro­duk­tio­nen für an­de­re Auf­trag­ge­ber vor­nimmt. Im Üb­ri­gen be­zeich­nen die An­trag­stel­ler die An­trag­stel­le­rin zu 2 selbst als "Toch­ter­ge­sell­schaft un­ter dem Kon­zern­d­ach" der An­trag­stel­le­rin zu 1 und se­hen die Ge­sell­schaf­ten bei wirt­schaft­li­cher Be­trach­tung als von dem An­trag­stel­ler zu 3 "be­herrsch­tes Un­ter­neh­men" an.

    24 ee. Zwei­fel­haft er­scheint je­doch zum ge­gen­wär­ti­gen Zeit­punkt, ob die An­trag­stel­le­rin zu 1 - auch un­ter Ein­be­zie­hung der ihr als Teil­or­ga­ni­sa­ti­on zu­zu­rech­nen­den Ak­ti­vi­tä­ten der An­trag­stel­le­rin zu 2 - den Ver­bots­grund des Sich­rich­tens ge­gen die ver­fas­sungs­mä­ßi­ge Ord­nung i. S. d. § 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 Ver­einsG i. V. m. Art. 9 Abs. 2 Alt. 2 GG ((1)) er­füllt. Zwar las­sen ein­zel­ne Aus­füh­run­gen in den von der An­trag­stel­le­rin zu 1 ver­brei­te­ten Print- und On­line-Pu­bli­ka­tio­nen An­halts­punk­te ins­be­son­de­re für ei­ne Ver­let­zung der Men­schen­wür­de er­ken­nen ((2)). Es spricht auch viel da­für, dass die An­trag­stel­le­rin zu 1 mit der ihr ei­ge­nen Rhe­to­rik in zahl­rei­chen Bei­trä­gen ei­ne kämp­fe­risch-ag­gres­si­ve Hal­tung ge­gen­über ele­men­ta­ren Ver­fas­sungs­grund­sät­zen ein­nimmt ((3)). Zwei­fel be­stehen je­doch, ob an­ge­sichts der mit Blick auf die Mei­nungs- und Pres­se­frei­heit in wei­ten Tei­len nicht zu be­an­stan­den­den Bei­trä­ge in den dem Se­nat der­zeit vor­lie­gen­den Aus­ga­ben des COM­PACT-Ma­ga­zins die Art. 1 Abs. 1 GG ver­let­zen­den Pas­sa­gen für die Aus­rich­tung der Ver­ei­ni­gung ins­ge­samt der­art prä­gend sind, dass das Ver­bot un­ter Ver­hält­nis­mä­ßig­keits­punk­ten ge­recht­fer­tigt ist ((4)).

    25 (1) Das Schutz­gut der ver­fas­sungs­mä­ßi­gen Ord­nung um­fasst - wie die frei­heit­lich de­mo­kra­ti­sche Grund­ord­nung in Art. 18 und Art. 21 Abs. 2 GG - die ele­men­ta­ren Grund­sät­ze der Ver­fas­sung, na­ment­lich die Men­schen­wür­de nach Art. 1 Abs. 1 GG, das De­mo­kra­tie­prin­zip und den Grund­satz der Rechts­staat­lich­keit. Die Ga­ran­tie der Men­schen­wür­de ent­hält ins­be­son­de­re die Wah­rung per­so­na­ler In­di­vi­dua­li­tät, Iden­ti­tät und In­te­gri­tät so­wie die ele­men­ta­re Rechts­gleich­heit (BVerfG, Ur­teil vom 17. Ja­nu­ar 2017 - 2 BvB 1/13 - BVerf­GE 144, 20 Rn. 539). Die Men­schen­wür­de ist ega­li­tär; sie ist un­ab­hän­gig von Merk­ma­len wie u. a. der Her­kunft, ei­ner be­haup­te­ten "Ras­se" oder Re­li­gi­ons­zu­ge­hö­rig­keit. Dem Ach­tungs­an­spruch des Ein­zel­nen als Per­son ist die An­er­ken­nung als gleich­be­rech­tig­tes Mit­glied in der recht­lich ver­fass­ten Ge­mein­schaft im­ma­nent. Mit der Men­schen­wür­de sind da­her ein recht­lich ab­ge­wer­te­ter Sta­tus oder de­mü­ti­gen­de Un­gleich­be­hand­lun­gen nicht ver­ein­bar. Dies gilt ins­be­son­de­re, wenn der­ar­ti­ge Un­gleich­be­hand­lun­gen ge­gen die Dis­kri­mi­nie­rungs­ver­bo­te des Art. 3 Abs. 3 GG ver­sto­ßen, die sich je­den­falls als Kon­kre­ti­sie­rung der Men­schen­wür­de dar­stel­len. Auf ras­sis­ti­sche Dis­kri­mi­nie­rung zie­len­de Kon­zep­te sind da­mit un­ver­ein­bar und ver­sto­ßen ge­gen die frei­heit­lich de­mo­kra­ti­sche Grund­ord­nung (BVerfG, Ur­teil vom 23. Ja­nu­ar 2024 - 2 BvB 1/19 - NJW 2024, 645 Rn. 253 m. w. N.). Nichts An­de­res gilt, wenn ein Vor­rang ei­ner eth­nisch de­fi­nier­ten "Volks­ge­mein­schaft" pro­pa­giert wird (vgl. BVerfG, Ur­teil vom 17. Ja­nu­ar 2017 - 2 BvB 1/13 - BVerf­GE 144, 20 Rn. 635).

    26 Ei­ne Ver­ei­ni­gung muss sich ge­gen die­se ele­men­ta­ren Grund­sät­ze "rich­ten". Ihr Ver­bot ist nicht be­reits dann zu recht­fer­ti­gen, wenn sie sich kri­tisch oder ab­leh­nend ge­gen die­se Grund­sät­ze wen­det oder für ei­ne an­de­re Ord­nung ein­tritt. Art. 9 Abs. 2 GG ist - auch un­ter Be­ach­tung von Art. 5 Abs. 1 so­wie Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG - kein Welt­an­schau­ungs- oder Ge­sin­nungs­ver­bot und zielt we­der auf in­ne­re Hal­tun­gen noch auf be­stimm­te po­li­ti­sche Über­zeu­gun­gen. Selbst die Ver­brei­tung ver­fas­sungs­feind­li­cher Ide­en über­schrei­tet als sol­che nicht die Gren­ze der frei­en po­li­ti­schen Aus­ein­an­der­set­zung. So wie das Grund­ge­setz die Mei­nungs­frei­heit im Ver­trau­en auf die Kraft der frei­en öf­fent­li­chen Aus­ein­an­der­set­zung grund­sätz­lich auch den Fein­den der Frei­heit ga­ran­tiert, ver­traut es mit der Ver­ei­ni­gungs­frei­heit im Grund­satz auf die Kraft des bür­ger­schaft­li­chen En­ga­ge­ments im frei­en und of­fe­nen po­li­ti­schen Dis­kurs. Da­her kommt es zur Recht­fer­ti­gung ei­nes Ver­ei­ni­gungs­ver­bots ent­schei­dend dar­auf an, ob die Ver­ei­ni­gung als sol­che nach au­ßen ei­ne kämp­fe­risch-ag­gres­si­ve Hal­tung ge­gen­über den ele­men­ta­ren Grund­sät­zen der Ver­fas­sung ein­nimmt, d. h. sie fort­lau­fend un­ter­gräbt. Es muss kei­ne kon­kre­te Ge­fahr für die frei­heit­lich de­mo­kra­ti­sche Grund­ord­nung ein­ge­tre­ten sein. Viel­mehr hat sich der Ver­fas­sungs­ge­ber mit Art. 9 Abs. 2 GG als Aus­druck des Be­kennt­nis­ses zu ei­ner streit­ba­ren De­mo­kra­tie für ei­nen prä­ven­ti­ven Ver­fas­sungs­schutz ent­schie­den. Schon wenn die Ver­ei­ni­gung als sol­che kämp­fe­risch-ag­gres­siv dar­auf aus­ge­rich­tet ist, we­sent­li­che Ele­men­te der ver­fas­sungs­mä­ßi­gen Ord­nung zu zer­stö­ren, recht­fer­tigt dies ihr Ver­bot (vgl. BVerfG, Be­schluss vom 13. Ju­li 2018 - 1 BvR 1474/12 u. a. -‌ BVerf­GE 149, 160 Rn. 107 ff.; BVer­wG, Ur­tei­le vom 14. Mai 2014 - 6 A 3.13 -‌ Buch­holz 402.45 Ver­einsG Nr. 62 Rn. 34 f. und vom 21. Au­gust 2023 - 6 A 3.21 -‌ BVer­w­GE 180, 1 Rn. 256).

    27 Schlie­ß­lich setzt ein Ver­eins­ver­bot, um dem Ver­hält­nis­mä­ßig­keits­prin­zip zu ge­nü­gen, vor­aus, dass die ver­fas­sungs­wid­ri­gen Ak­ti­vi­tä­ten für die Aus­rich­tung der Ver­ei­ni­gung der­art prä­gend sind, dass mil­de­re Maß­nah­men kei­nen ef­fek­ti­ven Schutz ver­spre­chen (BVer­wG, Ur­tei­le vom 21. Au­gust 2023 - 6 A 3.21 -‌ BVer­w­GE 180, 1 Rn. 121 und vom 19. Sep­tem­ber 2023 - 6 A 12.21 - ju­ris Rn. 109). Art. 9 Abs. 2 GG steht we­ni­ger ein­schnei­den­den Ein­grif­fen in die Grund­rech­te der Ver­ei­ni­gung als ih­rem Ver­bot nicht ent­ge­gen, wie et­wa ei­nem Ver­bot be­stimm­ter Tä­tig­kei­ten der Ver­ei­ni­gung und Maß­nah­men ge­gen ein­zel­ne Mit­glie­der. Da­zu zäh­len pres­se- und me­di­en­recht­li­che Maß­nah­men, Ver­an­stal­tungs­ver­bo­te, orts- und ver­an­stal­tungs­be­zo­ge­ne Äu­ße­rungs­ver­bo­te so­wie Ein­schrän­kun­gen und Ver­bo­te von Ver­samm­lun­gen, un­ab­hän­gig da­von, ob sol­che Maß­nah­men im Ver­eins­recht selbst, im sons­ti­gen Si­cher­heits- und Ord­nungs­recht oder auch im Straf­recht ver­an­kert sind (BVerfG, Be­schluss vom 13. Ju­li 2018 - 1 BvR 1474/12 u. a. - BVerf­GE 149, 160 Rn. 102). Für die Be­ur­tei­lung, ob die für die Er­fül­lung ei­nes Ver­bots­tat­be­stands her­an­ge­zo­ge­nen Tä­tig­kei­ten die Ak­ti­vi­tä­ten des Ver­eins prä­gen, kommt es nicht auf ei­ne quan­ti­ta­ti­ve, son­dern auf ei­ne wer­ten­de Be­trach­tung an (BVer­wG, Ur­teil vom 21. Au­gust 2023 - 6 A 3.21 - BVer­w­GE 180, 1 Rn. 264). Da Ver­ei­ni­gun­gen et­wai­ge ver­fas­sungs­feind­li­che Be­stre­bun­gen er­fah­rungs­ge­mäß zu ver­heim­li­chen su­chen, wird sich der ver­eins­recht­li­che Ver­bots­tat­be­stand in der Re­gel nur aus dem Ge­samt­bild er­ge­ben, das sich aus ein­zel­nen Äu­ße­run­gen und Ver­hal­tens­wei­sen zu­sam­men­fügt. Der Um­stand, dass die­se Äu­ße­run­gen und Ver­hal­tens­wei­sen ge­ge­be­nen­falls ei­ner mehr oder we­ni­ger gro­ßen Zahl un­ver­fäng­li­cher Sach­ver­hal­te schein­bar un­ter­ge­ord­net sind, be­sagt al­lein nichts über ih­re Aus­sa­ge­kraft (BVer­wG, Ur­teil vom 13. April 1999 - 1 A 3.94 - Buch­holz 402.45 Ver­einsG Nr. 30 S. 5).

    28 Ver­fas­sungs­recht­li­cher Prü­fungs­maß­stab für ein Ver­eins­ver­bot ist Art. 9 Abs. 2 GG. Das be­deu­tet aber nicht, dass die Wer­tun­gen an­de­rer Grund­rech­te im Rah­men der Prü­fung an Art. 9 GG kei­ne Be­rück­sich­ti­gung fän­den. Denn ein Ver­ei­ni­gungs­ver­bot wä­re mit den An­for­de­run­gen des Grund­ge­set­zes nicht zu ver­ein­ba­ren, wenn es nur das Mit­tel wä­re, Mei­nungs­äu­ße­run­gen oder Pu­bli­ka­tio­nen zu un­ter­sa­gen, die für sich ge­nom­men den Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG ge­nie­ßen. Der Schutz durch an­de­re Grund­rech­te darf von ei­nem Ver­ei­ni­gungs­ver­bot nicht un­ter­lau­fen wer­den (BVerfG, Be­schluss vom 13. Ju­li 2018 - 1 BvR 1474/12 u. a. - BVerf­GE 149, 160 Rn. 93 und 98). Um­ge­kehrt er­gibt sich aus der kol­lek­ti­ven Grund­rechts­aus­übung aber auch kein wei­ter­ge­hen­der Grund­rechts­schutz (BVerfG a. a. O. Rn. 113).

    29 Im vor­lie­gen­den Fall sind bei der Prü­fung des Ver­bots­grun­des des Art. 9 Abs. 2 Alt. 2 GG ins­be­son­de­re die Wer­tun­gen des Art. 5 Abs. 1 GG zu be­rück­sich­ti­gen. Denn die An­trag­stel­le­rin zu 1 und ih­re Teil­or­ga­ni­sa­ti­on, die An­trag­stel­le­rin zu 2, kön­nen sich als Pres­se- und Me­di­en­un­ter­neh­men auf die Pres­se- und Mei­nungs­frei­heit be­ru­fen. Die von der An­trags­geg­ne­rin dem Ver­eins­ver­bot zu­grun­de ge­leg­ten und der An­trag­stel­le­rin zu 1 zu­ge­rech­ne­ten Äu­ße­run­gen wer­den vom Schutz­be­reich des Art. 5 Abs. 1 GG un­ab­hän­gig da­von er­fasst, ob die ein­zel­ne Äu­ße­rung ra­tio­nal oder emo­tio­nal, be­grün­det oder grund­los ist und ob sie von an­de­ren für nütz­lich oder schäd­lich, wert­voll oder wert­los ge­hal­ten wird (BVerfG, Be­schluss vom 10. Ok­to­ber 1995 - 1 BvR 1476/91 u. a. - BVerf­GE 93, 266 <289>; Ur­teil vom 22. Fe­bru­ar 2011 - 1 BvR 699/06 - BVerf­GE 128, 226 <264 f.>). Die Mei­nungs­frei­heit ge­nie­ßt bei Kri­tik an staat­li­chen In­sti­tu­tio­nen ho­hes Ge­wicht, weil das Grund­recht ge­ra­de aus dem be­son­de­ren Schutz­be­dürf­nis der Macht­kri­tik er­wach­sen ist und dar­in un­ver­än­dert sei­ne Be­deu­tung fin­det (vgl. BVerfG, Be­schluss vom 10. Ok­to­ber 1995 - 1 BvR 1476/91 u. a. - BVerf­GE 93, 266 <293>). Über den In­halt ei­ner Äu­ße­rung hin­aus er­streckt sich der Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG auch auf ih­re Form, so dass selbst po­le­mi­sche oder ver­let­zend for­mu­lier­te Äu­ße­run­gen in den Schutz­be­reich des Grund­rechts fal­len (BVerfG, Be­schlüs­se vom 13. Mai 1980 - 1 BvR 103/77 - BVerf­GE 54, 129 <138 f.> und vom 22. Ju­ni 1982 - 1 BvR 1376/79 - BVerf­GE 61, 1 <7 f.>). Ins­be­son­de­re in der öf­fent­li­chen Aus­ein­an­der­set­zung, zu­mal im po­li­ti­schen Mei­nungs­kampf, ver­mit­telt die Mei­nungs- und Pres­se­frei­heit das Recht, auch in über­spitz­ter Form Kri­tik zu äu­ßern. Dass ei­ne Aus­sa­ge scharf und über­stei­gert for­mu­liert ist, ent­zieht sie des­halb nicht dem Schutz­be­reich des Grund­rechts (BVerfG, Kam­mer­be­schluss vom 24. Sep­tem­ber 2009 - 2 BvR 2179/09 - NJW 2009, 3503 Rn. 3).

    30 Als Vor­aus­set­zung je­der recht­li­chen Wür­di­gung ei­ner in den Schutz­be­reich der Mei­nungs­frei­heit fal­len­den Äu­ße­rung muss ihr Sinn zu­tref­fend er­fasst wor­den sein (BVerfG, Be­schluss vom 13. Fe­bru­ar 1996 - 1 BvR 262/91 - BVerf­GE 94, 1 <9>). Da schon auf der Deu­tungs­ebe­ne Vor­ent­schei­dun­gen über die recht­li­che Zu­läs­sig­keit ei­ner Äu­ße­rung fal­len, er­ge­ben sich aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG nicht nur spe­zi­fi­sche An­for­de­run­gen an die Aus­le­gung und An­wen­dung grund­rechts­be­schrän­ken­der Ge­set­ze, son­dern be­reits an die vor­ge­la­ger­te In­ter­pre­ta­ti­on um­strit­te­ner Äu­ße­run­gen (BVerfG, Be­schluss vom 10. Ok­to­ber 1995 - 1 BvR 1476/91 u. a. - BVerf­GE 93, 266 <295>; BVer­wG, Ur­teil vom 26. April 2023 ‌- 6 C 8.21 - BVer­w­GE 178, 246 Rn. 29). Ziel der Deu­tung ist die Er­mitt­lung des ob­jek­ti­ven Sinns ei­ner Äu­ße­rung. Ma­ß­geb­lich ist da­her we­der die sub­jek­ti­ve Ab­sicht des sich Äu­ßern­den noch das sub­jek­ti­ve Ver­ständ­nis der von der Äu­ße­rung Be­trof­fe­nen, son­dern der Sinn, den sie nach dem Ver­ständ­nis ei­nes un­vor­ein­ge­nom­me­nen und ver­stän­di­gen Pu­bli­kums ob­jek­tiv hat (BVerfG, Be­schluss vom 10. Ok­to­ber 1995 - 1 BvR 1476/91 u. a. - BVerf­GE 93, 266 <295> und Kam­mer­be­schlüs­se vom 25. März 2008 - 1 BvR 1753/03 - NJW 2008, 2907 <2908> so­wie vom 24. Sep­tem­ber 2009 - 2 BvR 2179/09 - NJW 2009, 3503 Rn. 7). Der Wort­laut ei­ner Äu­ße­rung legt ih­ren Sinn nicht ab­schlie­ßend fest, denn der ob­jek­ti­ve Sinn wird auch vom Kon­text und den Be­gleit­um­stän­den ei­ner Äu­ße­rung be­stimmt, so­weit die­se für den Re­zi­pi­en­ten er­kenn­bar sind (BVerfG, Be­schluss vom 10. Ok­to­ber 1995 - 1 BvR 1476/91 u. a. - BVerf­GE 93, 266 <295>). Die Not­wen­dig­keit der Be­rück­sich­ti­gung be­glei­ten­der Um­stän­de er­gibt sich in be­son­de­rer Wei­se dann, wenn die be­tref­fen­de For­mu­lie­rung er­sicht­lich ein An­lie­gen in nur schlag­wort­ar­ti­ger Form zu­sam­men­fasst (vgl. BVerfG, Kam­mer­be­schluss vom 1. De­zem­ber 2007 - 1 BvR 3041/07 - BVerf­GK 13, 1 <5>).

    31 Bei mehr­deu­ti­gen Äu­ße­run­gen ha­ben Be­hör­den und Ge­rich­te sank­ti­ons­recht­lich ir­rele­van­te Aus­le­gungs­va­ri­an­ten mit nach­voll­zieh­ba­ren und trag­fä­hi­gen Grün­den aus­zu­schlie­ßen, be­vor sie ih­rer Ent­schei­dung ei­ne zur An­wen­dung sank­tio­nie­ren­der Nor­men füh­ren­de Deu­tung zu­grun­de le­gen wol­len (BVerfG, Be­schlüs­se vom 19. April 1990 - 1 BvR 40 und 42/86 - BVerf­GE 82, 43 <52>, vom 9. Ok­to­ber 1991 - 1 BvR 1555/88 - BVerf­GE 85, 1 <14>, vom 13. Fe­bru­ar 1996 - 1 BvR 262/91 - BVerf­GE 94, 1 <9> und vom 25. Ok­to­ber 2005 - 1 BvR 1696/98 - BVerf­GE 114, 339 <349>). Ent­ge­gen der An­nah­me der An­trags­geg­ne­rin ist die­se In­ter­pre­ta­ti­ons­ma­xi­me bei der Aus­le­gung von Äu­ße­run­gen auch im Rah­men der Über­prü­fung ei­nes ge­gen­über ei­nem Pres­se- und Me­di­en­un­ter­neh­men aus­ge­spro­che­nen Ver­eins­ver­bots zu­grun­de zu le­gen. Denn an­dern­falls könn­te - ent­ge­gen der ver­fas­sungs­ge­richt­li­chen Vor­ga­ben (BVerfG, Be­schluss vom 13. Ju­li 2018 - 1 BvR 1474/12 u. a. - BVerf­GE 149, 160 Rn. 93, 98 und 113) – der Schutz der Pres­se­frei­heit durch ein Ver­ei­ni­gungs­ver­bot un­ter­lau­fen wer­den. Des­halb ist bei mehr­deu­ti­gen Äu­ße­run­gen die­je­ni­ge Va­ri­an­te zu­grun­de zu le­gen, die noch von der Mei­nungs­äu­ße­rungs­frei­heit ge­deckt ist. In­so­weit ist bei der Aus­le­gung von Äu­ße­run­gen, die ei­nen Bei­trag zur öf­fent­li­chen Mei­nungs­bil­dung leis­ten, mit Blick auf das Ge­wicht des Grund­rechts der Mei­nungs­frei­heit in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG und die grund­sätz­li­che Ver­mu­tung für die Frei­heit der Re­de in der li­be­ra­len De­mo­kra­tie nicht eng­her­zig zu ver­fah­ren (BVer­wG, Ur­teil vom 30. No­vem­ber 2022 - 6 C 12.20 - BVer­w­GE 177, 190 Rn. 61).

    32 (2) In den von der An­trag­stel­le­rin zu 1 ver­brei­te­ten Print- und On­line-Pu­bli­ka­tio­nen las­sen sich An­halts­punk­te ins­be­son­de­re für ei­ne Ver­let­zung der Men­schen­wür­de fin­den. Hier­bei geht es so­wohl um ei­ne de­mü­ti­gen­de Un­gleich­be­hand­lung deut­scher Staats­an­ge­hö­ri­ger mit Mi­gra­ti­ons­hin­ter­grund ge­gen­über den­je­ni­gen oh­ne Mi­gra­ti­ons­hin­ter­grund als auch dar­um, den Erst­ge­nann­ten le­dig­lich ei­nen recht­lich ab­ge­wer­te­ten Sta­tus zu­zu­bil­li­gen.

    33 In den Pu­bli­ka­tio­nen der Ver­ei­ni­gung scheint ein an ei­ner eth­ni­schen "Volks­ge­mein­schaft" ori­en­tier­tes völ­kisch-na­tio­na­lis­ti­sches Ge­sell­schafts­kon­zept auf. Dies zeigt sich dar­in, dass "eth­nisch Frem­de" aus­gren­zend als blo­ße "Pass­deut­sche" be­zeich­net wer­den und ih­nen im Un­ter­schied zu "Bio­deut­schen" bzw. "rich­ti­gen Deut­schen" ab­ge­spro­chen wird, im Rechts­sin­ne voll­wer­ti­ge Tei­le des deut­schen Vol­kes zu sein. Über die Zu­ge­hö­rig­keit zum deut­schen Volk und den da­mit ver­bun­de­nen staats­bür­ger­li­chen Rech­ten und Pflich­ten soll da­nach nicht die deut­sche Staats­an­ge­hö­rig­keit ent­schei­den. Pro­pa­giert wird viel­mehr ein an eth­ni­schen Kri­te­ri­en ent­wi­ckel­ter Be­griff des Vol­kes. Es ist je­doch in der bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt­li­chen Recht­spre­chung ge­klärt, dass das Grund­ge­setz ei­nen aus­schlie­ß­lich an eth­ni­schen Ka­te­go­ri­en ori­en­tier­ten Be­griff des Vol­kes nicht kennt. Für die Zu­ge­hö­rig­keit zum deut­schen Volk und den sich dar­aus er­ge­ben­den staats­bür­ger­li­chen Sta­tus ist viel­mehr die Staats­an­ge­hö­rig­keit von ent­schei­den­der Be­deu­tung (BVerfG, Ur­teil vom 17. Ja­nu­ar 2017 - 2 BvB 1/13 -‌ BVerf­GE 144, 20 Rn. 690). In­diz für die sich aus der Vor­stel­lung ei­ner eth­nisch de­fi­nier­ten "Volks­ge­mein­schaft" ab­lei­ten­de Miss­ach­tung der Men­schen­wür­de sind zahl­rei­che der Ver­ei­ni­gung zu­re­chen­ba­re Po­si­tio­nie­run­gen ge­gen­über Aus­län­dern und Mi­gran­ten, mit de­nen ih­nen pau­schal Ne­ga­tiv­ei­gen­schaf­ten und ein Hang zu Kri­mi­na­li­tät zu­ge­schrie­ben wer­den. Eng ver­bun­den hier­mit ist wei­ter das Nar­ra­tiv ei­ner an­geb­lich ge­ziel­ten "Um­vol­kung", wel­ches von der Ver­ei­ni­gung ge­pflegt wird. Mit die­sem wird die Ge­fahr be­schrie­ben, künf­tig wer­de ei­ne eth­nisch nicht zu­ge­hö­ri­ge Mehr­heit ge­gen die In­ter­es­sen der als herr­schafts­be­rech­tigt an­ge­se­he­nen eth­ni­schen "Volks­ge­mein­schaft" han­deln. Als "Lö­sungs­kon­zep­te" zur Ver­hin­de­rung bzw. Um­kehr die­ser Ent­wick­lung wer­den so­wohl ein recht­lich ab­ge­wer­te­ter Sta­tus für blo­ße "Pass­deut­sche" als auch u. a. de­ren "Re­mi­gra­ti­on" be­für­wor­tet, un­ter der die Rück­ab­wick­lung des Mi­gra­ti­ons­ge­sche­hens der letz­ten Jah­re un­ge­ach­tet ei­ner zwi­schen­zeit­lich er­wor­be­nen deut­schen Staats­an­ge­hö­rig­keit ver­stan­den wird. Hier­bei ori­en­tiert sich die Ver­ei­ni­gung an den Plä­nen des ös­ter­rei­chi­schen Rechts­ex­tre­men Mar­tin Sell­ner, die of­fen­siv un­ter­stützt wer­den.

    34 Ex­em­pla­risch kommt dies nach Auf­fas­sung des be­schlie­ßen­den Se­nats in fol­gen­den Ver­öf­fent­li­chun­gen zum Aus­druck: In dem von der Ver­bots­ver­fü­gung zi­tier­ten Bei­trag von Man­fred Klei­ne-Hart­la­ge im Mo­nats­ma­ga­zin (Aus­ga­be 3/2020) äu­ßert die­ser, ob je­mand Deut­scher sei, sei kei­ne Fra­ge der Staats­an­ge­hö­rig­keit. Die­ser Au­tor schreibt re­gel­mä­ßig für das COM­PACT-Ma­ga­zin (u. a. Ko­lum­ne "Hart­la­ges BRD-Sprech" in je­der Aus­ga­be). Auch in sei­nem Ge­spräch mit Mar­tin Sell­ner in der Aus­ga­be 8/2023 ("Quer­front oh­ne Chan­ce") be­zeich­net er es als "un­ser stra­te­gi­sches und iden­ti­täts­stif­ten­des Haupt­ziel als Rech­te", die "eth­no­kul­tu­rel­le Iden­ti­tät und Sub­stanz un­se­res Vol­kes zu be­wah­ren". Meh­re­re in der Ver­bots­ver­fü­gung im Wort­laut zi­tier­te Bei­trä­ge des Au­tors Wer­ner Bräu­n­in­ger spre­chen die­sel­be Spra­che (vgl. COM­PACT-Ma­ga­zin 3/2023 "Kriegs­fu­ri­en und Kli­ma-Gö­ren" so­wie Aus­ga­be 4/2023 "Brau­ne Brü­he").

    35 Fer­ner de­fi­niert der An­trag­stel­ler zu 3 im Edi­to­ri­al der Aus­ga­be 10/2023 un­ter der Über­schrift "Et­was zum Aus­wen­dig­ler­nen" als Chef­re­dak­teur per­sön­lich, was un­ter ei­nem Volk zu ver­ste­hen sei ("Der Be­griff Volk be­wahrt den eth­ni­schen Kern un­se­rer Ge­mein­schaft. Und er ist die Grund­la­ge für De­mo­kra­tie <=Volks­herr­schaft>"). Dies be­deu­tet nichts An­de­res, als dass zur de­mo­kra­ti­schen Teil­ha­be al­lein die der eth­ni­schen "Volks­ge­mein­schaft" als zu­ge­hö­rig an­ge­se­he­nen Per­so­nen be­rech­tigt sein sol­len. "Aus­län­der, Frem­de" sei­en - im Un­ter­schied zu "Men­schen, die die­ses Land mit auf­ge­baut und hier Wur­zeln ge­schla­gen" ha­ben - bloß Zu­ge­wan­der­te und "Pass­deut­sche[n]". Zu­gleich er­läu­tert er die Be­grif­fe "Volks­aus­tausch oder Um­vol­kung" ("Asy­l­in­va­si­on" sei kei­ne "selbst­ab­lau­fen­de Ka­ta­stro­phe oder Pan­ne", son­dern fol­ge ei­nem Plan oder Pro­gramm). Sein er­klär­tes Ziel der De­fi­ni­tio­nen ist es, die Be­grif­fe vor­zu­ge­ben, die ver­stärkt "in Um­lauf" ge­bracht wer­den sol­len, ver­bun­den mit der Bit­te um "stän­di­ge Wie­der­ho­lung" durch die Le­ser. Auch in den Pu­bli­ka­tio­nen der Ver­ei­ni­gung wer­den die­se Be­grif­fe wie­der­holt.

    36 Aus­län­der und Mi­gran­ten wer­den re­gel­mä­ßig in ih­rer Ge­samt­heit her­ab­set­zend als die eth­ni­sche "Volks­ge­mein­schaft" in ih­rer Exis­tenz be­dro­hend be­schrie­ben, wie et­wa der Bei­trag des An­trag­stel­lers zu 3 im COM­PACT-Ma­ga­zin 8/2023 ("Der Som­mer der AfD") ver­deut­licht ("un­kon­trol­lier­te Zu­wan­de­rung, wie­der auf ähn­li­cher Hö­he wie im Ka­ta­stro­phen­jahr 2015, zeigt in ei­ner Kas­ka­de von Mes­ser­mor­den ihr häss­li­ches Ge­sicht"). Ge­zielt ist von "Mes­ser­män­nern" die Re­de, wie die Zu­sam­men­stel­lung meh­re­rer Bei­trä­ge der Print- und On­line-Pu­bli­ka­tio­nen der Ver­ei­ni­gung in der Ver­bots­ver­fü­gung zeigt, so­wie von "Mes­ser­ein­wan­de­rung" (et­wa in COM­PACT-Ma­ga­zin Aus­ga­be 3/2023 "Das stil­le Mor­den an un­se­ren Al­ten", Aus­ga­be 2/2023 "Ber­lin ist über­all" und auf dem Ti­tel­bild der Aus­ga­be 8/2021). Den Aus­län­dern und Mi­gran­ten wer­den "Mes­ser­mord[e]", "Grup­pen­ver­ge­wal­ti­gun­gen" und "Mäd­chen­mor­de" zu­ge­schrie­ben (et­wa in COM­PACT-Ma­ga­zin Aus­ga­be 8/2023 im Edi­to­ri­al, Aus­ga­be 11/2023 "Die Asyl-Bom­be" so­wie COM­PACT-On­line vom 5. No­vem­ber 2023 zum Stich­wort "COM­PACT-Spe­zi­al Asyl. Die Flut"). Es hei­ßt, die "Mas­sen­zu­wan­de­rung" en­de in ei­nem "un­fass­ba­ren Ab­grund se­xu­el­ler Ge­walt", das gan­ze Land ver­wan­de­le sich "in ei­ne gro­ße Ver­ge­wal­ti­gungs­zo­ne, in der Frau­en nun­mehr Frei­wild sind" (in COM­PACT-On­line vom 22. Sep­tem­ber 2023 "Un­fass­bar! 246 Grup­pen-Ver­ge­wal­ti­gun­gen in NRW"). In der Pau­scha­li­tät sol­cher her­ab­set­zen­den Äu­ße­run­gen, die sich ge­gen Asyl­be­wer­ber und Mi­gran­ten in ih­rer Ge­samt­heit rich­ten, liegt nicht nur ei­ne grund­sätz­li­che Kri­tik an der Ein­wan­de­rungs­po­li­tik in zu­ge­spitz­ter und po­le­mi­scher Form. Viel­mehr ist die dras­ti­sche Spra­che un­mit­tel­bar an die Aus­län­der und Mi­gran­ten adres­siert und macht die­se als nach eth­ni­schen Kri­te­ri­en aus­ge­grenz­te Be­völ­ke­rungs­grup­pe ver­ächt­lich.

    37 Über­wie­gen­des spricht da­für, dass sich die­se Äu­ße­run­gen - so­weit sie nicht oh­ne­hin von dem Chef­re­dak­teur der An­trag­stel­le­rin zu 1, dem An­trag­stel­ler zu 3, selbst stam­men - der An­trag­stel­le­rin zu 1 zu­rech­nen las­sen. Zwar ist von der Pres­se­frei­heit auch die Ent­schei­dung er­fasst, ein Fo­rum nur für ein be­stimm­tes po­li­ti­sches Spek­trum - hier das rechts­kon­ser­va­ti­ve - bie­ten zu wol­len, dort aber den Au­to­ren gro­ße Frei­räu­me zu ge­wäh­ren und sich in der Fol­ge nicht mit al­len ein­zel­nen Ver­öf­fent­li­chun­gen zu iden­ti­fi­zie­ren (sie­he BVerfG, Be­schluss vom 24. Mai 2005 - 1 BvR 1072/01 - BVerf­GE 113, 63 <83 f., 86>). Hier deu­tet aber nichts dar­auf hin, dass die Pu­bli­ka­tio­nen der Ver­ei­ni­gung, ins­be­son­de­re das COM­PACT-Ma­ga­zin, ei­nen Markt der Mei­nun­gen er­öff­nen. Im Ge­gen­teil be­schreibt der An­trag­stel­ler zu 3 das Al­lein­stel­lungs­merk­mal sei­ner Ver­öf­fent­li­chun­gen so, dass ver­sucht wer­de, al­le zu­sam­men zu brin­gen, al­le "mit­zu­neh­men" und sich nicht "lau­fend un­sin­nig" von­ein­an­der ab­zu­gren­zen. Es dürf­te auch "mal ein Feh­ler ge­macht wer­den", "des­halb wird er nicht gleich ver­sto­ßen" (Aus­zü­ge aus "COM­PACT - ein­zig­ar­tig in der Me­di­en­welt", 13. Ju­ni 2023). Die­se Äu­ße­rung spricht nach­drück­lich da­für, dass die Ver­ei­ni­gung hin­ter den Bei­trä­gen der Au­to­ren im COM­PACT-Ma­ga­zin steht.

    38 Der recht­lich ab­ge­wer­te­te Sta­tus für die - aus Sicht der Ver­ei­ni­gung - le­dig­lich "Pass­deut­schen" of­fen­bart sich vor al­lem in dem - ver­meint­li­chen – "Lö­sungs­kon­zept" der "Re­mi­gra­ti­on", wel­ches die Ver­ei­ni­gung in en­ger An­leh­nung an die Plä­ne von Mar­tin Sell­ner ver­tritt. Letz­te­rer hat ei­nen fes­ten Platz im COM­PACT-Ma­ga­zin so­wie im COM­PACT-TV. Er be­schlie­ßt je­de Aus­ga­be des Ma­ga­zins mit ei­nem Schluss­wort, tritt als Au­tor zahl­rei­cher Bei­trä­ge auf und ist als In­ter­view­part­ner in den Print- und On­line­for­ma­ten so­wie bei den Ver­an­stal­tun­gen om­ni­prä­sent. Im Zeit­raum von No­vem­ber 2023 bis An­fang Ja­nu­ar 2024 er­hielt er Ge­le­gen­heit, sein Kon­zept der Re­mi­gra­ti­ons­po­li­tik in ei­ner Vi­deo­rei­he mit ei­ner Ge­samt­län­ge von 100 Mi­nu­ten vor­zu­stel­len. Im Früh­jahr 2024 ist ihm - als Re­ak­ti­on auf die ver­öf­fent­lich­ten Re­cher­chen von COR­REC­TIV (Ge­heim­plan ge­gen Deutsch­land (cor­rec­tiv.org), zu­letzt ab­ge­ru­fen am 8. Au­gust 2024) – ei­ne ei­ge­ne COM­PACT-Edi­ti­on "Sell­ner - Mein Ge­heim­plan" ge­wid­met wor­den. Die Pu­bli­ka­tio­nen der Ver­ei­ni­gung kom­men re­gel­mä­ßig und zu­stim­mend auf Mar­tin Sell­ner zu­rück; er wird als der wich­tigs­te Vor­den­ker der Rech­ten prä­sen­tiert. Sell­ner sei "Un­ser Held", des­sen Stra­te­gie "ge­walt­frei und rechts­staat­lich. Und: Sie ist mach­bar!" (COM­PACT-Ma­ga­zin Aus­ga­be 3/2024). Sei­ne Ide­en wer­den als "Feu­er­werk des plan­mä­ßi­gen und ge­lun­ge­nen stra­te­gi­schen Den­kens" be­wor­ben, die al­le le­sen soll­ten, "die un­ser Land ret­ten wol­len. Die Er­obe­rung der Macht von Rechts ist mög­lich!". Die vor­ste­hen­den Um­stän­de spre­chen bei sum­ma­ri­scher Prü­fung da­für, dass die Ver­ei­ni­gung des­sen Ide­en bzw. Plä­ne gut­hei­ßt und sich vor­be­halt­los zu Ei­gen macht; auch sie kön­nen der An­trag­stel­le­rin zu 1 so­mit zu­ge­rech­net wer­den.

    39 Das in der Vi­deo­rei­he vor­ge­stell­te Kon­zept der Re­mi­gra­ti­on dif­fe­ren­ziert zwi­schen drei Grup­pen, und zwar "1. Asy­lan­ten, 2. Nicht­staats­bür­ger und Aus­län­der, 3. Leu­te mit ei­ner deut­schen Staats­bür­ger­schaft". Aus der Er­läu­te­rung des Kon­zepts wird deut­lich, dass ei­nem Teil der Per­so­nen in­ner­halb der drit­ten Grup­pe ele­men­ta­re staats­bür­ger­li­che Rech­te vor­ent­hal­ten und die­se (da­durch) zur Aus­rei­se an­ge­hal­ten wer­den sol­len. Die Aus­rei­se­plä­ne be­tref­fen in die­ser Grup­pe ca. sechs Mil­lio­nen deut­sche Staats­an­ge­hö­ri­ge, die nicht hin­rei­chend "as­si­mi­liert" sei­en ("ei­ne fa­ta­le Mi­gra­ti­ons­po­li­tik oh­ne Plan und Ge­leit führ­te da­zu, dass es in Deutsch­land vie­le Mil­lio­nen mit ei­ner Staats­bür­ger­schaft gibt, die aber sich nicht als Deut­sche iden­ti­fi­zie­ren, nicht wie Deut­sche ver­hal­ten, nicht wie Deut­sche wäh­len, son­dern aus eth­ni­schem In­ter­es­se für ih­re En­kla­ven wäh­len"). Re­mi­gra­ti­on sei nicht nur das Ab­schie­ben von Il­le­ga­len, son­dern ein um­fas­sen­des Kon­zept, "das so­wohl Asy­lan­ten, al­so Asyl­be­trü­ger, Aus­län­der, als auch nicht as­si­mi­lier­te Staats­bür­ger im Fo­kus hat". Die "Re­mi­gra­ti­ons­po­li­tik" sei nö­tig, "um den Be­völ­ke­rungs­aus­tausch auf­zu­hal­ten". Pro­pa­giert wird ei­ne "voll­kom­men ge­rech­te eth­noplu­ra­lis­ti­sche Maß­nah­me in Ver­bin­dung mit star­kem Druck auf frem­de Par­al­lel­ge­sell­schaf­ten". Der star­ke Druck auf die nicht hin­rei­chend "as­si­mi­lier­ten" deut­schen Staats­an­ge­hö­ri­gen meint da­nach ei­ne "Po­li­tik der De­is­la­mi­sie­rung", bei der frem­de Kul­tu­ren im öf­fent­li­chen Raum, frem­de Spei­se­an­ge­bo­te, frem­de Fei­er­ta­ge, frem­de Spra­chen so­wie frem­de Flag­gen ver­bo­ten wür­den und den Frem­den auch un­ter­sagt wer­den müs­se, sich po­li­tisch im Land zu be­tä­ti­gen oder zu de­mons­trie­ren. Durch den "kul­tu­rel­len Druck, wirt­schaft­li­chen Druck oder kri­mi­no­lo­gi­schen Druck", durch "Ge­set­zes­än­de­run­gen, Ver­schär­fung von Ge­set­zen, Um­set­zung von Ge­set­zen, Um­kehr auch in der [der] Push-and-Pull-Fak­to­ren, Ab­schal­ten al­ler wirt­schaft­li­cher An­rei­ze in ei­nem län­ge­ren Zeit­raum" wer­de ei­ne "Re­mi­gra­ti­on, ei­ne frei­wil­li­ge Heim­kehr" er­reicht. Der Druck soll aus­drück­lich auch auf ei­nen Teil der deut­schen Staats­an­ge­hö­ri­gen aus­ge­übt wer­den, die zu­gleich über ei­ne wei­te­re Staats­an­ge­hö­rig­keit ver­fü­gen, und "un­serm Land scha­den".

    40 In der Ge­samt­be­trach­tung deu­ten die­se - mit­un­ter sub­ti­len - In­di­zi­en dar­auf hin, dass mit dem an die eth­ni­sche "Volks­ge­mein­schaft" an­knüp­fen­den "Re­mi­gra­ti­ons­kon­zept" nicht ei­ne durch un­ter­schied­li­che Staats­an­ge­hö­rig­kei­ten ver­an­lass­te (le­gi­ti­me) Dif­fe­ren­zie­rung an­ge­strebt wird. Auch geht es nicht nur um be­schleu­nig­te Ab­schie­bun­gen auf der Grund­la­ge asyl- und aus­län­der­recht­li­cher Ent­schei­dun­gen. Viel­mehr ist über ei­ne - schon für sich ge­nom­men ge­gen die Men­schen­wür­de ver­sto­ßen­de - de­mü­ti­gen­de Un­gleich­be­hand­lung hin­aus ei­ne Rechts­ver­wei­ge­rung für ei­nen Teil der deut­schen Staats­an­ge­hö­ri­gen vor­ge­se­hen. Die­sem Per­so­nen­kreis sol­len grund­le­gen­de Rech­te wie Mei­nungs-, Re­li­gi­ons- und Ver­samm­lungs­frei­heit ver­sagt sein; im Grun­de soll jeg­li­ches Fremd­sein un­ter­drückt und ver­wehrt wer­den. Den Be­trof­fe­nen wird da­mit an­knüp­fend an ih­re eth­ni­sche Her­kunft, an ih­re Re­li­gi­ons­aus­übung und letzt­lich auch an Ge­sichts­punk­te wie "Ras­se" der so­zia­le Ach­tungs­an­spruch ab­erkannt; sie wer­den nicht als gleich­be­rech­tig­te Mit­glie­der in der recht­lich ver­fass­ten Ge­mein­schaft an­ge­se­hen. Die Er­klä­rungs­ver­su­che, die die An­trag­stel­ler die­ser Deu­tung ih­rer Ver­öf­fent­li­chun­gen ent­ge­gen­set­zen, über­zeu­gen nicht, wie die An­trags­geg­ne­rin aus­führ­lich dar­ge­legt hat.

    41 (3) Es spricht Über­wie­gen­des da­für, dass die Ver­ei­ni­gung mit der ihr ei­ge­nen Rhe­to­rik in zahl­rei­chen Bei­trä­gen ei­ne kämp­fe­risch-ag­gres­si­ve Hal­tung ge­gen­über ele­men­ta­ren Ver­fas­sungs­grund­sät­zen ein­nimmt. Die ge­gen die Ach­tung der Men­schen­wür­de ver­sto­ßen­den de­mü­ti­gen­den Äu­ße­run­gen und zu ele­men­ta­rer Rechts­un­gleich­heit füh­ren­den Kon­zep­te wer­den in den Print- und On­line-Pu­bli­ka­tio­nen der Ver­ei­ni­gung fort­wäh­rend auf­ge­grif­fen. Hier­bei wird mit wie­der­keh­ren­den Schlag­wor­ten und Be­grif­fen ge­ar­bei­tet, "um die Leu­te auf die rich­ti­gen Ge­dan­ken zu brin­gen", wie die dar­ge­stell­te Auf­for­de­rung zum Aus­wen­dig­ler­nen klar for­mu­liert. Die für er­stre­bens­wert ge­hal­te­ne "Volks­ge­mein­schaft", die sich nach eth­ni­schen Kri­te­ri­en de­fi­nie­ren soll, wird stän­dig mit emo­tio­na­li­sie­ren­den For­mu­lie­run­gen als in ih­rer Exis­tenz be­droht be­schrie­ben, die ei­ne be­son­de­re Dring­lich­keit des Han­delns auf­zei­gen (et­wa "Asyl-Bom­be", "Tsu­na­mi", "Flut", "In­va­si­on"). Zu­gleich wird in dras­ti­schen Wor­ten die Not­wen­dig­keit be­tont, der an­geb­lich ge­ziel­ten "Um­vol­kung" durch das "Re­gime", das "Sys­tem" bzw. durch die "Volks­fein­de" et­was ent­ge­gen­zu­set­zen. Als zen­tra­les Stil­mit­tel die­nen per­so­ni­fi­zier­te Feind­bil­der; par­al­lel hier­zu wer­den den Re­zi­pi­en­ten Hand­lungs­op­tio­nen in ver­ba­ler Mi­li­tanz auf­ge­zeigt ("Kampf", "Um­sturz", "Krieg"). Bei ei­ner Ge­samt­be­trach­tung of­fen­bart die­se Rhe­to­rik die Ten­denz, das Ver­trau­en zu den In­sti­tu­tio­nen und Re­prä­sen­tan­ten des de­mo­kra­ti­schen Staa­tes in der Be­völ­ke­rung von Grund auf zu er­schüt­tern und die für die ver­fas­sungs­mä­ßi­ge Ord­nung ele­men­ta­re (Rechts-)Gleich­heit al­ler Staats­bür­ger als ei­ne zu über­win­den­de Fehl­ent­wick­lung dar­zu­stel­len. Die be­wuss­te Ra­di­ka­li­sie­rung der Re­zi­pi­en­ten ist auf ein Wirk­sam­wer­den der ver­fas­sungs­feind­li­chen Ideo­lo­gie in der Ge­sell­schaft ge­rich­tet. Da­durch wird die ver­fas­sungs­mä­ßi­ge Ord­nung fort­lau­fend un­ter­gra­ben.

    42 (4) Zwei­fel be­stehen je­doch, ob an­ge­sichts der mit Blick auf die Mei­nungs- und Pres­se­frei­heit in wei­ten Tei­len nicht zu be­an­stan­den­den Bei­trä­ge in den dem Se­nat der­zeit vor­lie­gen­den Aus­ga­ben des COM­PACT-Ma­ga­zins ab dem Jahr 2022 die Art. 1 Abs. 1 GG ver­let­zen­den Pas­sa­gen für die Aus­rich­tung der An­trag­stel­le­rin zu 1 ins­ge­samt der­art prä­gend sind, dass das Ver­eins­ver­bot un­ter Ver­hält­nis­mä­ßig­keits­punk­ten ge­recht­fer­tigt ist. Ent­schei­dend ist hier­bei nicht de­ren Ver­hält­nis zum Ge­samt­in­halt ei­ner Aus­ga­be der Zeit­schrift oder ei­ner Sen­dung. Ab­zu­leh­nen ist auch der An­satz der An­trag­stel­ler, be­an­stan­de­te ein­zel­ne Äu­ße­run­gen nach Art und Zahl in Ver­gleich zur Ge­samt­zahl der der Ver­ei­ni­gung zu­zu­rech­nen­den Äu­ße­run­gen zu set­zen. Viel­mehr kommt es auf ei­ne Be­wer­tung der ge­sam­ten Ak­ti­vi­tä­ten der Ver­ei­ni­gung an.

    43 Hier­bei er­gibt schon die wer­ten­de Be­trach­tung des COM­PACT-Ma­ga­zins als dem zen­tra­len Be­tä­ti­gungs­feld der An­trag­stel­le­rin zu 1 kein ein­deu­ti­ges Bild. Es äh­nelt in sei­ner Auf­ma­chung und Ge­stal­tung an­de­ren den Print­markt do­mi­nie­ren­den - und hin­sicht­lich ih­rer Ver­fas­sungs­feind­lich­keit un­ver­däch­ti­gen - Ma­ga­zi­nen. Ne­ben ei­nem zen­tra­len Ti­tel­the­ma, das zu­meist in der Co­ver­ge­stal­tung er­kenn­bar wird, wer­den wei­te­re ak­tu­ell-po­li­ti­sche The­men ab­ge­han­delt. Die auf dem Co­ver ver­wen­de­ten Bil­der sind rei­ße­risch ge­wählt. Hier­in - wie die Ver­bots­ver­fü­gung - be­reits ei­ne De­le­gi­ti­mie­rung des de­mo­kra­ti­schen Sys­tems zu se­hen, geht aber im Hin­blick auf die grund­recht­lich ge­schütz­te Mei­nungs- und Pres­se­frei­heit deut­lich zu weit. Die­se er­laubt ins­be­son­de­re auf ei­nem zum Kauf ani­mie­ren­den Co­ver auch zu­ge­spitz­te, pla­ka­ti­ve und po­le­mi­sche Über­schrif­ten und Bil­der. Sei­nem In­halt nach ent­hält das Mo­nats­ma­ga­zin ent­spre­chend sei­ner Aus­rich­tung als rechts­kon­ser­va­ti­ves Ma­ga­zin zwar zahl­rei­che Bei­trä­ge und fes­te Ko­lum­nen ("Hart­la­ges BRD-Sprech" oder "Sell­ners Re­vo­lu­ti­on"), in de­nen sich die auf­ge­zeig­ten An­halts­punk­te für ei­ne ge­gen die Men­schen­wür­de ver­sto­ßen­de ag­gres­siv-kämp­fe­ri­sche Hal­tung fin­den las­sen. Ei­gen­stän­dig wer­den da­ne­ben aber auch an­de­re Schwer­punk­te ge­setzt ("Dos­sier", "Le­ben"). In die­sem Teil der Aus­ga­ben wer­den - oft­mals feuil­le­ton­ar­tig - all­ge­mein­ge­sell­schaft­li­che The­men er­ör­tert. In den ge­nann­ten Ru­bri­ken fin­den sich Film­kri­ti­ken oder Buch­be­spre­chun­gen, dort wer­den Per­so­nen der Zeit­ge­schich­te por­trä­tiert, sport­li­che Er­eig­nis­se und so­gar ar­chäo­lo­gi­sche Fun­de vor­ge­stellt. Selbst wenn in sol­chen Bei­trä­gen ge­le­gent­lich eben­falls rhe­to­ri­sche For­mu­lie­run­gen Ein­gang fin­den, die auf den eth­ni­schen Volks­be­griff der Ver­ei­ni­gung hin­deu­ten, dürf­ten sie in wei­ten Tei­len nicht zu be­an­stan­den sein.

    44 Die über das Ma­ga­zin hin­aus­ge­hen­den Print- und On­line-Pu­bli­ka­tio­nen lie­gen dem Se­nat bis­her nur ver­ein­zelt bzw. in Aus­zü­gen vor. Zu den sons­ti­gen Ak­ti­vi­tä­ten der Ver­ei­ni­gung - u. a. der (Mit-)Or­ga­ni­sa­ti­on der Ver­an­stal­tun­gen (Kon­fe­ren­zen, Som­mer­fes­te, Spen­den­ga­la usw.), der Pro­dukt­pa­let­te und Aus­rich­tung des On­line-Shops, der Aus­ge­stal­tung der kos­ten­pflich­ti­gen Club­mit­glied­schaft - dürf­ten sich erst aus der Aus­wer­tung der bei dem Voll­zug des Ver­bots si­cher­ge­stell­ten As­ser­va­te wei­te­re Er­kennt­nis­se er­ge­ben. Ent­ge­gen der An­sicht der An­trag­stel­ler dür­fen die Er­mitt­lun­gen nach § 4 Ver­einsG auch nach Er­lass des Ver­eins­ver­bots fort­ge­führt wer­den, um wei­te­re Be­weis­mit­tel im An­fech­tungs­pro­zess vor­le­gen zu kön­nen. Denn den Ver­bots­be­hör­den sind im Hin­blick auf die Be­son­der­hei­ten der Ma­te­rie Auf­klä­rungs­be­fug­nis­se ein­ge­räumt, die de­nen der Staats­an­walt­schaft ähn­lich sind. Der Schwer­punkt der Er­mitt­lungs­tä­tig­keit der Ver­bots­be­hör­den wird vor dem Er­lass der Ver­bots­ver­fü­gung lie­gen. Un­be­scha­det der ge­richt­li­chen Auf­klä­rungs­pflicht nach § 86 Abs. 1 Vw­GO sind die­se aber auch da­nach zu wei­te­ren Er­mitt­lun­gen be­rech­tigt (aus­führ­lich BVer­wG, Be­schluss vom 9. Fe­bru­ar 2001 - 6 B 3.01 - Buch­holz 402.45 Ver­einsG Nr. 33 S. 30 f. m. w. N.). Um­stän­de, die sich aus die­sen wei­te­ren Er­mitt­lun­gen er­ge­ben, kön­nen bei der Be­ur­tei­lung der Recht­mä­ßig­keit der Ver­bots­ver­fü­gung her­an­ge­zo­gen wer­den, so­fern sie (noch) für den Zeit­punkt ih­res Er­las­ses aus­sa­ge­kräf­tig sind (stRspr, vgl. nur BVer­wG, Ur­teil vom 21. Au­gust 2023 - 6 A 3.21 -‌ BVer­w­GE 180, 1 Rn. 64 m. w. N.).

    45 Ob die ge­sam­ten Ak­ti­vi­tä­ten der Ver­ei­ni­gung - selbst die in der Ver­bots­ver­fü­gung wei­ter ge­nann­ten an­ti­se­mi­ti­schen Äu­ße­run­gen und die Ver­net­zung mit dem rechts­ex­tre­mis­ti­schen Spek­trum als trag­fä­hig un­ter­stellt und mit­ein­be­zo­gen - von den die Er­fül­lung des Ver­bots­tat­be­stan­des be­grün­den­den Tä­tig­kei­ten ge­prägt ist, so dass sich ihr Ver­bot als ver­hält­nis­mä­ßig er­weist, lässt sich mit­hin der­zeit nicht ab­schlie­ßend be­ur­tei­len.

    46 b. Vor dem Hin­ter­grund der bis­he­ri­gen Dar­le­gun­gen ge­bie­tet ei­ne Ab­wä­gung der wi­der­strei­ten­den In­ter­es­sen die Wie­der­her­stel­lung der auf­schie­ben­den Wir­kung. Denn die Auf­recht­erhal­tung der so­for­ti­gen Voll­zie­hung der Ver­bots­ver­fü­gung wä­re mit dem Ge­bot ef­fek­ti­ven Rechts­schut­zes nur dann ver­ein­bar, wenn die mit der An­ord­nung der so­for­ti­gen Voll­zie­hung ver­bun­de­ne Rechts­be­ein­träch­ti­gung der An­trag­stel­le­rin zu 1 mit hin­rei­chend ge­wich­ti­gen Grün­den des All­ge­mein­wohls zu recht­fer­ti­gen wä­re. Die­se Vor­aus­set­zung liegt nicht vor.

    47 Das In­ter­es­se der An­trag­stel­le­rin zu 1 an der Aus­set­zung der Voll­zie­hung speist sich vor al­lem aus ih­rer Be­tä­ti­gung als Pres­se- und Me­di­en­un­ter­neh­men. Er­wie­se sich die Ver­bots­ver­fü­gung im Haupt­sa­che­ver­fah­ren als rechts­wid­rig, wä­re die Wie­der­auf­nah­me des Ge­schäfts­be­triebs au­ßer­or­dent­lich er­schwert, weil sich die An­ge­stell­ten, Kun­den und die Wer­be­part­ner un­ter­des­sen an­der­wei­tig ge­bun­den ha­ben könn­ten. Da die so­for­ti­ge Voll­zie­hung des Ver­eins­ver­bots zu der so­for­ti­gen Ein­stel­lung des ge­sam­ten Print- und On­line­an­ge­bots führt, das den Schwer­punkt der Tä­tig­keit der An­trag­stel­le­rin zu 1 aus­macht, kommt ihr auch im Hin­blick auf die Grund­rech­te der Mei­nungs- und Pres­se­frei­heit aus Art. 5 Abs. 1 GG ein be­son­de­res Ge­wicht zu. Da­hin­ter tritt das von der An­trags­geg­ne­rin an­ge­führ­te In­ter­es­se der All­ge­mein­heit an der so­for­ti­gen Voll­zie­hung des Ver­bots der Ver­ei­ni­gung, die ei­nen Ver­bots­grund ver­wirk­licht, bei ei­ner Ab­wä­gung zu­rück.

    48 Dem An­lie­gen der An­trags­geg­ne­rin, die Fort­set­zung der Tä­tig­kei­ten der Ver­ei­ni­gung auf Dau­er zu un­ter­bin­den, die An­lass der er­las­se­nen Ver­bots­ver­fü­gung sind, so­wie Be­weis­mit­tel und Ver­mö­gens­ge­gen­stän­de zu si­chern, kann bis zu ei­ner Ent­schei­dung in der Haupt­sa­che in aus­rei­chen­dem Ma­ße durch die in der Be­schluss­for­mel be­zeich­ne­ten Ma­ß­ga­ben Rech­nung ge­tra­gen wer­den. Die­se die­nen der Si­che­rung der Be­weis­mit­tel für das an­hän­gi­ge Haupt­sa­che­ver­fah­ren, in­dem sie der An­trags­geg­ne­rin die Fort­füh­rung der wei­te­ren Er­mitt­lun­gen nach § 4 Ver­einsG er­mög­li­chen. Waf­fen bzw. waf­fen­ähn­li­che Ge­gen­stän­de, die aus­weis­lich der As­ser­va­ten­lis­te bei dem Voll­zug des Ver­eins­ver­bots auch si­cher­ge­stellt und be­schlag­nahmt wor­den sind (u. a. ei­ne Ma­che­te), sind aus Grün­den der Ge­fah­ren­ab­wehr von der Rück­ga­be aus­ge­nom­men. Soll­ten sich die tat­säch­li­chen Ver­hält­nis­se än­dern, bleibt es den Be­tei­lig­ten un­be­nom­men, ei­nen Än­de­rungs­an­trag nach § 80 Abs. 7 Satz 2 Vw­GO zu stel­len.

    49 Er­gän­zend hier­zu tre­ten pres­se- und me­di­en­recht­li­che Maß­nah­men, Ver­an­stal­tungs­ver­bo­te, orts- und ver­an­stal­tungs­be­zo­ge­ne Äu­ße­rungs­ver­bo­te so­wie Ein­schrän­kun­gen und Ver­bo­te von Ver­samm­lun­gen, un­ab­hän­gig da­von, ob sol­che Maß­nah­men im Ver­eins­recht selbst, im sons­ti­gen Si­cher­heits- und Ord­nungs­recht oder auch im Straf­recht ver­an­kert sind, die wäh­rend der Dau­er des Haupt­sa­che­ver­fah­rens be­rech­tig­ten öf­fent­li­chen In­ter­es­sen zur Gel­tung ver­hel­fen kön­nen.

    50 Der Se­nat sieht da­von ab, die Auf­he­bung der Voll­zie­hung ge­mäß § 80 Abs. 5 Satz 3 Vw­GO an­zu­ord­nen, weil da­für kein An­lass be­steht. Es ist da­von aus­zu­ge­hen, dass die An­trags­geg­ne­rin die er­for­der­li­chen Maß­nah­men ge­gen­über den mit dem Voll­zug des Ver­eins­ver­bots er­such­ten Po­li­zei­be­hör­den der Län­der von sich aus vor­nimmt (vgl. BVer­wG, Be­schluss vom 16. Ju­li 2003 - 6 VR 10.02 -‌ ju­ris Rn. 44).

    51 2. Dem­ge­gen­über sind die An­trä­ge der An­trag­stel­ler zu 2 bis 10 un­be­grün­det, da die in der Ver­bots­ver­fü­gung an­ge­führ­te Be­grün­dung für die so­for­ti­ge Voll­zie­hung den An­for­de­run­gen des § 80 Abs. 3 Satz 1 Vw­GO ge­nügt (a.) und das öf­fent­li­che Voll­zugs­in­ter­es­se das Sus­pen­siv­in­ter­es­se die­ser An­trag­stel­ler über­wiegt. Ih­re Kla­gen ha­ben vor­aus­sicht­lich kei­nen Er­folg (b.). Grün­de, gleich­wohl von dem so­for­ti­gen Voll­zug ab­zu­se­hen, sind nicht er­sicht­lich (c.).

    52 a. Die Be­grün­dung der Ver­bots­be­hör­de für die An­ord­nung der so­for­ti­gen Voll­zie­hung der Ver­bots­ver­fü­gung ge­nügt den da­für gel­ten­den Vor­ga­ben des § 80 Abs. 3 Satz 1 Vw­GO. Das BMI legt in der Ver­bots­ver­fü­gung dar, dass hier­mit das Bei­sei­te­schaf­fen von Ver­mö­gens­ge­gen­stän­den, nicht ver­öf­fent­lich­ten Un­ter­la­gen oder Pro­pa­gan­da­ma­te­ri­al und der­glei­chen, die Grund­la­ge für die Tä­tig­keit der COM­PACT-Ma­ga­zin GmbH ein­schlie­ß­lich ih­rer Teil­or­ga­ni­sa­ti­on CONSPECT FILM GmbH sei­en, so­wie das spä­te­re Fort­set­zen der­sel­ben ver­fas­sungs­wid­ri­gen Tä­tig­keit un­ter­bun­den wer­den sol­len. Die­se Aus­füh­run­gen sind hin­rei­chend kon­kret und auf den Ein­zel­fall be­zo­gen.

    53 b. Die Kla­gen der An­trag­stel­ler zu 2 bis 10 ha­ben bei sum­ma­ri­scher Prü­fung kei­ne Aus­sicht auf Er­folg. Sie sind zu­läs­sig, wo­bei für die Be­ja­hung der An­trags­be­fug­nis ana­log § 42 Abs. 2 Vw­GO zu­guns­ten der An­trag­stel­ler zu 5 bis 10 un­ter­stellt wird, dass die­se Mit­glie­der der Ver­ei­ni­gung sind. Die Kla­gen sind aber vor­aus­sicht­lich un­be­grün­det (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Vw­GO).

    54 aa. Die An­trag­stel­le­rin zu 2 kann als nicht­ge­biet­li­che Teil­or­ga­ni­sa­ti­on le­dig­lich ei­ne die­ser Rechts­stel­lung an­ge­pass­te Recht­mä­ßig­keits­prü­fung der Ver­bots­ver­fü­gung ver­lan­gen. Sie wird nach § 3 Abs. 3 Satz 1 Ver­einsG, oh­ne selbst ei­nen Ver­bots­grund er­fül­len zu müs­sen, al­lein auf­grund ih­rer Iden­ti­tät mit dem Ge­samt­ver­ein von des­sen Ver­bot er­fasst. Vor dem Hin­ter­grund ih­rer hier­nach ein­ge­schränk­ten Be­rech­ti­gung aus Art. 9 Abs. 1 GG wird ei­ne vor­geb­li­che Teil­or­ga­ni­sa­ti­on ei­nes ver­bo­te­nen Ver­eins im Rah­men ei­ner von ihr ge­gen die Ver­bots­ver­fü­gung er­ho­be­nen An­fech­tungs­kla­ge grund­sätz­lich nur mit dem Ein­wand ge­hört, dass sie kei­ne Teil­or­ga­ni­sa­ti­on des Ge­samt­ver­eins sei. Vor al­lem ist es ihr ver­sagt, sich dar­auf zu be­ru­fen, dass sie kei­nen Ver­bots­grund er­fül­le. Da­bei be­strei­tet ei­ne als Teil­or­ga­ni­sa­ti­on in An­spruch ge­nom­me­ne Ver­ei­ni­gung auch mit dem Vor­brin­gen, der ver­bo­te­ne Ge­samt­ver­ein ha­be zum ent­schei­dungs­er­heb­li­chen Zeit­punkt nicht (mehr) exis­tiert, der Sa­che nach ih­re Ei­gen­schaft als Teil­or­ga­ni­sa­ti­on die­ses Ver­eins. Fer­ner kann ei­ner der­ar­ti­gen Ver­ei­ni­gung nicht die Prü­fung ver­wehrt wer­den, ob es - ins­be­son­de­re aus Grün­den der Ver­hält­nis­mä­ßig­keit - ge­bo­ten ge­we­sen wä­re, sie ge­mäß § 3 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 Ver­einsG von dem Ver­eins­ver­bot aus­zu­neh­men (stRspr, vgl. nur BVer­wG, Ur­teil vom 19. Sep­tem­ber 2023 - 6 A 12.21 - BVer­w­GE 180, 185 Rn. 121 f. m. w. N.).

    55 Im Hin­blick auf die­ses be­schränk­te Prüf­pro­gramm ist ein Er­folg der Kla­ge der An­trag­stel­le­rin zu 2 fern­lie­gend. Sie ist - wie dar­ge­legt - ei­ne nicht­ge­biet­li­che Teil­or­ga­ni­sa­ti­on der auch noch im Zeit­punkt des Er­las­ses der Ver­bots­ver­fü­gung exis­tie­ren­den An­trag­stel­le­rin zu 1. Greif­ba­re An­halts­punk­te da­für, dass die An­trag­stel­le­rin zu 2 ge­mäß § 3 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 Ver­einsG von dem Ver­bot aus­zu­neh­men wä­re, be­stehen eben­falls nicht.

    56 bb. Auch der ge­richt­li­che Prü­fungs­um­fang der An­fech­tungs­kla­gen der An­trag­stel­ler zu 3 bis 10 ist ih­rer - zu ih­ren Guns­ten un­ter­stell­ten - Rechts­stel­lung als Mit­glie­der an­ge­passt. Sie kön­nen un­ter Be­ru­fung auf ih­re all­ge­mei­ne Hand­lungs­frei­heit aus Art. 2 Abs. 1 GG le­dig­lich ei­ne Prü­fung er­rei­chen, ob ih­nen durch die Auf­lö­sung der Ver­ei­ni­gung zu Recht die Mög­lich­keit ent­zo­gen wor­den ist, sich als An­ge­hö­ri­ge die­ses Per­so­nen­zu­sam­men­schlus­ses wie bis­her zu be­tä­ti­gen. Dies ist nicht der Fall, wenn die Ver­ei­ni­gung nicht die in § 2 Abs. 1 Ver­einsG ge­nann­ten Struk­tur­merk­ma­le auf­weist oder man­gels An­wend­bar­keit des Ver­eins­ge­set­zes nicht auf der Grund­la­ge des § 3 Abs. 1 Ver­einsG hät­te ver­bo­ten wer­den kön­nen. Trifft dies zu, ist der Ver­bots­be­scheid auf­zu­he­ben, an­dern­falls ist die Kla­ge ab­zu­wei­sen, oh­ne dass das Vor­lie­gen von Ver­bots­grün­den nach § 3 Abs. 1 Ver­einsG oder die for­mel­le Recht­mä­ßig­keit des Be­scheids zu prü­fen wä­re. Auch die Zu­stän­dig­keit der Ver­bots­be­hör­de wird in die­sem Ver­fah­ren nicht ge­prüft (vgl. nur BVer­wG, Ur­teil vom 29. Ja­nu­ar 2020 - 6 A 1.19 - BVer­w­GE 167, 293 Rn. 25 m. w. N.). In An­se­hung die­ses be­schränk­ten Prüf­pro­gramms sind die Kla­gen nach den bis­he­ri­gen Aus­füh­run­gen un­be­grün­det.

    57 c. Be­son­de­re Um­stän­de des Ein­zel­falls, die es bei of­fen­sicht­li­cher Er­folg­lo­sig­keit der Haupt­sa­che­ver­fah­ren den­noch ge­bie­ten könn­ten, in Ab­wä­gung der be­trof­fe­nen In­ter­es­sen der Ver­bots­be­hör­de und der An­trag­stel­ler zu 2 bis 10 von der An­ord­nung der so­for­ti­gen Voll­zie­hung ab­zu­wei­chen, sind we­der vor­ge­tra­gen noch er­sicht­lich.

    58 3. Die Kos­ten­ent­schei­dung folgt aus § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 Satz 1 und 3 so­wie § 159 Satz 1 Vw­GO i. V. m. § 100 Abs. 1 ZPO. Die Kos­ten­ver­tei­lung be­rück­sich­tigt das Maß des Ob­sie­gens und Un­ter­lie­gens der An­trag­stel­ler so­wie de­ren wert­mä­ßig un­ter­schied­li­che Be­tei­li­gung an dem Rechts­streit. Den in Be­zug auf das Ob­sie­gen der An­trag­stel­le­rin zu 1 ge­mach­ten Ma­ß­ga­ben kommt in­so­weit nur ei­ne zu ver­nach­läs­si­gen­de Be­deu­tung zu (BVer­wG, Be­schluss vom 8. Ju­li 2014 - 6 VR 1.14 - ju­ris Rn. 14).

    59 4. Die Fest­set­zung des Streit­werts be­ruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. den Zif­fern 45.1.2 und 45.2 des Streit­wert­ka­ta­logs für die Ver­wal­tungs­ge­richts­bar­keit. Der sich hier­nach er­ge­ben­de Be­trag (1 x 30 000 € für die An­trag­stel­le­rin zu 1, 1 x 30 000 € für die An­trag­stel­le­rin zu 2 und 8 x 5 000 € für die An­trag­stel­ler zu 3 bis 10) ist mit Blick auf den vor­läu­fi­gen Cha­rak­ter der Ent­schei­dung zu hal­bie­ren (ent­spre­chend Zif­fer 1.5 Satz 1 des Streit­wert­ka­ta­logs, vgl. auch BVer­wG, Be­schluss vom 10. Ja­nu­ar 2018 - 1 VR 14.17 - ju­ris Rn. 35).