Als ich nach über fünfzig Stunden Spielzeit und viel zu viel getrunkener Energydrinks meinen Early-Access-Test zu Myth of Empires endlich fertig hatte, war noch nicht zu erwarten, dass das schnell beliebt gewordene Survival-MMO zwei Tage später, am 4. Dezember 2021, schon wieder von Steam verschwinden sollte.
»Eine temporäre Störung« ließen die Entwickler noch am selben Tag über die sozialen Medien verlauten. Doch diese unzufriedenstellende Meldung mit darauf folgender Stille von Angela Game erhitzte die Gemüter und so dauerte es nicht lange, bis selbst bei uns in den Kommentaren und im GameStar-Forum die Gerüchteküche brodelte.
Die Info, dass wohl doch mehr dahinter steckte, kam von den Entwicklern selbst, als diese am 7. Dezember 2021 verkündeten, dass Myth of Empires aus urheberrechtlichen Gründen von Valve aus dem Steam Store entfernt worden sei. Man müsse sich aber keine Sorgen machen, da alle Rechte und das Eigentum bei Angela Game liegen würden.
Doch bis zum heutigen Tag bleibt das Spiel aus dem Steam Store verschwunden - die Streitigkeiten dauern an. Auf der Suche nach den Gründen stieg ich in tiefste Abgründe hinab, traf mich mit Whistleblowern und kontaktierte die ganz Großen der Spielebranche, um so eine Story aufzudecken, die sich hinter Justizthrillern á la John Grisham oder der beliebten Anwaltsserie »Suits« mitnichten zu verstecken braucht.

Unsere Experten
Kai Bodensiek (Bild) ist Rechtsanwalt und Partner in der Medienkanzlei Brehm & v. Moers. Spezialisiert ist er auf die Beratung von Publishern und Entwicklern von Computerspielen in Fragen des Vertrags- und Lizenzrechts, des Urheber- und Wettbewerbsrechts und des Gesellschaftsrechts. Darüber hinaus unterrichtet er Studenten mit den Fachbereichen Producing und Game Design in Urheberrecht und Projektfinanzierung an der Games Academy und der Mediadesign Hochschule.
- Bastian Suter ist CEO und Entwicklungsleiter von BattlEye - einem Anti-Cheat-System, das auch in Myth of Empires verwendet wurde, um Spieler vor Hacking, Cheating und anderen Angriffen zu schützen. Darüber hinaus trat er auch als Zeuge beim Urheberrechtsstreit zwischen Angela Game und Wildcard/Snail Games auf.
- Sovereign ist ein bekannter Influencer, der unter anderem auf YouTube seit dem Early Access von Myth of Empires dieses Spiel begleitet und regelmäßig Guides, aber auch Analysen zum Urheberrechtsstreit mit Wildcard, veröffentlicht.
- »hinnie« ist der Gründer und Besitzer von dumps.host - einer Seite, die öffentlich einsehbaren Code von Spielen und anderer Software für die breite Masse zur Verfügung stellt.
- Ein bekanntes deutsches Spielstudio erklärte sich freundlicherweise dazu bereit, den gesamten uns zugänglichen Quellcode ausführlich zu analysieren.
- Mehrere Modder, die sich innerhalb der Ark-Szene einen Namen machen durften, für unseren Report zu Myth of Empires allerdings anonym bleiben wollen, standen uns außerdem Rede und Antwort.
Trendy Entertainment gegen Wildcard
Um in dem weitverzweigten Netz aus gegenseitigen Anschuldigungen, Vorwürfen, Programmcodes und Fachbegriffen nicht vollständig den Überblick zu verlieren, beginnen wir am besten der Reihe nach. Den Anfang macht Entwickler Wildcard und deren Spiel Ark: Survival Evolved - genauer gesagt dessen Kauf durch Snail Games in den Jahren 2015/2016.
Das Spiel Ark fußt nämlich auf einer Lüge - und zwar einer Lüge, die sich gewaschen hat: Lead-Designer und Co-Founder Jeremy Stieglitz war während der Entwicklungsarbeiten noch vertraglich an seinen früheren Arbeitgeber Trendy Entertainment gebunden. Das von ihm 2009 mitgegründete Entwicklerstudio aus Gainesville, Florida fand es freilich nicht toll, dass Stieglitz nach seinem Abgang bei Trendy im April 2014 seine Frau, eine Bäckereibesitzerin, als Mitgründerin für das neue Studio Wildcard eintragen ließ - nur um einem einjährigen Wettbewerbsverbot zu entgehen.
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vom 29.01.2022, 19:35 Uhr
Etwas spät, aber das ist ein Artikel, der sicher viel arbeit gemacht hat vielen Dank dafür.
vom 19.01.2022, 10:13 Uhr
Klasse Artikel!
vom 16.01.2022, 12:18 Uhr
Wow. Was für ein gut recherchierter Artikel! Danke!
vom 14.01.2022, 12:38 Uhr
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vom 13.01.2022, 15:47 Uhr
Also die ganze Darstellung hier lässt den Fall ja recht eindeutig so erscheinen als ob da eben ein technisches Grundgerüst übernommen wurde.
Die ganzen Ausweichtaktiken ("Ist ja von einem anderen Spiel (das auch nicht unseres ist)! Wir sind ja ein chinesisches und kein US-Unternehmen, eure Regeln gelten für uns nicht!") deuten ja auch eher in die Richtung dass man Hintehaltetaktik und Politik nutzt um den Hals aus der Schlinge zu ziehen. Zu Befürchten steht ja dass das am Ende alles im Sande verläuft und sie damit durchkommen, die einzige Möglichkeit da was zumachen ist wohl den Marktzugang für Softwarepiraten (harhar) nicht zu erleichtern indem es eben nicht auf Steam ist und ggf. die Server abgeschalten werden, was ja auch tw. schon geschehen zu sein scheint. Hoffentlich halten die entsprechenden Dritten ihre Position durch...
vom 13.01.2022, 15:23 Uhr
Was für ein spannender, komplexer und interessanter Fall. Danke für den sehr ausführlichen Artikel!
Als erstes wo ich die Überschrift las dachte ich nur. Hääääh? Basiert denn Ark nicht genau wie Myth Of Émpires auf dem Basiscode der Unreal Engine? Aber so einfach ist es in diesem Fall ja leider wie hier im Artikel schon erwähnt nicht. Ich bin jedenfalls sehr gespannt, wie der Rechtsstreit ausgehen wird.
vom 13.01.2022, 14:24 Uhr
Ich spiele schon sei einigen Jahren recht intensiv Ark. Myth of Empires fühlte sich vom ersten Moment wie eine Total Conversion Mod davon an, nicht wie ein nagelneues Spiel. :-/
vom 13.01.2022, 15:26 Uhr
@Berserkerkitten Ähnlich erging es mir beim spielen von Atlas. :-P
vom 13.01.2022, 13:47 Uhr
Danke, bin wirklich gespannt. Auch weil ich hier den Vortest gelesen hatte und das Spiel kaufen wollte.
vom 13.01.2022, 13:40 Uhr
Holy shit - Das kann ja was werden.
vom 13.01.2022, 13:39 Uhr
Wegen solcher Artikel bin ich unter anderem bei Plus! Vielen Dank !
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