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Tierquälerei und mehrfache Nötigung durch Göttinger Galloway-Halter: „Es kommt nun mal vor, dass Tiere sterben“

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Der angeklagte Landwirt Mike Niemeyer (links) sitzt neben seinem Anwalt Stefan Heuer in einem Gerichtssaal im Amtsgericht Göttingen.
Der angeklagte Landwirt Mike Niemeyer (links) sitzt neben seinem Anwalt Stefan Heuer in einem Gerichtssaal im Amtsgericht Göttingen. © Christian Brahmann/dpa

Galloway-Halter Mike Niemeyer aus dem Kreis Göttingen musste sich wegen Tierquälerei und Nötigung vor Gericht verantworten.

Göttingen – Im vergangenen Sommer beschäftigten rund 80, im Süden des Landkreises Göttingen ausgebüxte Galloway-Rinder die Behörden. Am Mittwoch (8. Mai) musste sich der Halter der Tiere, Landwirt Mike Niemeyer (59) wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz sowie weiterer Delikte vor dem Amtsgericht Göttingen verantworten.

Niemeyer hatte gegen insgesamt vier Strafbefehle und einen Bußgeldbescheid Einspruch eingelegt, sodass das Gericht zu diesen Fällen eine mündliche Verhandlung anberaumen musste. Der 59-Jährige bestritt alle Vorwürfe.

Ausgebüxte Galloways: Landwirt aus dem Kreis Göttingen wegen Tierquälerei vor Gericht

Nachdem ihm Richter und Staatsanwälte signalisiert hatten, dass die Strafen noch höher ausfallen könnten, nahm er seine Einsprüche zurück. Insgesamt muss er damit für die diversen Delikte 5.900 Euro an Geldstrafen und Bußgeldern zahlen.

Ein Strafbefehl betraf einen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz. Anlass war ein verendetes Rind, das im Dezember 2022 tot aufgefunden wurde und einen völlig ausgezehrten Zustand aufwies. Die Staatsanwaltschaft warf Mike Niemeyer vor, dass er es über mehrere Monate unterlassen habe, das Rind ausreichend und artgerecht mit Nahrung zu versorgen und zu pflegen. Außerdem habe er ihm nicht die nötige tierärztliche Behandlung zukommen lassen.

Vor Gericht gab Niemeyer an, dass das Rind plötzlich tot im Stall gelegen habe. Zuvor habe es keine Auffälligkeiten aufgewiesen. „Es kommt nun mal vor, dass Tiere sterben“, sagte er. Da der Abdecker zunächst keine Zeit gehabt habe, das tote Rind abzuholen, habe er es draußen unter Plastik abgelegt und später entsorgen lassen. Da in der Zwischenzeit wilde Tiere das tote Rind angefressen hätten, frage er sich, wie bei der Sektion eine Lungenentzündung habe festgestellt werden können. Schließlich sei der Bauch- und Brustraum „ausgeräumt“ gewesen.

Es kommt nun mal vor, dass Tiere sterben.

Mike Niemeyer, Landwirt

Der Richter verwies indes darauf, dass die Missstände in seiner Tierhaltung durch diverse Fotos dokumentiert seien und entsprechende Verstöße mit einem Tierhaltungsverbot von bis zu fünf Jahren geahndet werden könnten. Der 59-Jährige akzeptierte daraufhin das in dem Strafbefehl verhängte zweijährige Tierhaltungsverbot. Auch die Geldstrafe von 70 Tagessätzen blieb bestehen, allerdings verringerte sich der Tagessatz von 60 auf 15 Euro, da der Landwirt nach eigenen Angaben inzwischen von Bürgergeld lebt.

In einem weiteren Strafbefehl ging es um insgesamt sechs Fälle von Nötigung, einmal war auch eine Beleidigung dabei. Der 59-Jährige hatte wiederholt mit seinem Trecker beziehungsweise seinem Auto einen Feldweg blockiert und so eine Nachbarin daran gehindert, zu ihren Pferden zu gelangen. Niemeyer habe sie teilweise bis zu einer halben Stunde am Weiterfahren gehindert, berichtete die Pferdehalterin. Einmal habe sie 600 Meter rückwärtsfahren müssen, weil er immer weiter auf sie zugefahren sei und sie nicht ausweichen konnte.

Galloway-Halter aus dem Kreis Göttingen stellte sich Nachbarin in den Weg und blockierte sie

Bei einem anderen Vorfall habe er mit seinem Trecker einen Schlenker nach links gemacht und einen Pfosten eines Weidezauns umgefahren, ohne sich um den Schaden zu kümmern. „Das hat er gemacht, damit die Ponys auf der Weide entlaufen“, meinte die Zeugin.

In einem weiteren Fall hatte der Landwirt gegen das Öko-Landbaugesetz verstoßen. Obwohl ihm im Mai 2022 das Bio-Zertifikat aberkannt worden war, hatte er danach mindestens zwei Rinder als Bio-Fleisch vermarktet und im Internet damit geworben, dass seine Galloways nach der EU-Öko-Verordnung gehalten und kontrolliert würden. Außerdem wurde gegen ihn eine Geldbuße von 650 Euro verhängt, weil er ein hochträchtiges Rind zur Schlachtung abgegeben hatte.

Dazu kommen noch Geldforderungen durch den Landkreises Göttingen in Höhe von insgesamt rund 355.000 Euro zu. Außerdem habe der Landkreis gegen den 59-Jährigen ein lebenslanges Tierhaltungs- und Betreuungsverbot für Nutztiere erlassen, teilte die zuständige Kreisdezernentin Doreen Fragel mit. Dieses Verbot sei inzwischen rechtskräftig. Somit darf der Landwirt nie wieder Rinder oder sonstige Nutztiere halten. (Heidi Niemann)

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