Elektrische Busse in Kassel – Idee schon vor 80 Jahren erstmals umgesetzt
Nicht zum ersten Mal fahren emissionsfreie Busse durch Kassel. Schon in den 40ern wurden einige Fahrzeuge der KVG nur mit Strom betrieben.
Kassel – Seit Mitte April fahren die neuen E-Busse der Kasseler Verkehrsgesellschaft (KVG) auf den Linien 11 und 28 durch Kassel. Ein wichtiger Versuch hin zur Verkehrswende im öffentlichen Nahverkehr in der Region. Es ist jedoch nicht das erste Mal, dass Busse komplett emissionsfrei durch die Stadt rollen.
1944, also noch mitten im Zweiten Weltkrieg, wurde diese Idee zum ersten Mal in Kassel umgesetzt. Das Vorhaben einer neuen Straßenbahnlinie bis nach Harleshausen hatte zu dieser Zeit kaum Chancen auf eine Umsetzung, da Stahl laut der KVG als wichtige Ressource für den Krieg benötigt wurde. Ähnliches galt für Benzin, sodass die Wahl damals auf die elektrische Alternative der Oberleitungsbusse fiel.
Oberleitungsbusse in den 1940ern von Kasseler Unternehmen gebaut
Diese waren wie Straßenbahnen mit Oberleitungen verbunden und wurden nur mit Strom betrieben. Um eine Strecke nach Harleshausen umzusetzen, mussten also lediglich Oberleitungen gespannt werden. Die Gestelle für die Fahrzeuge kamen von der Firma Henschel, die Aufbauten von Credé.
Einen ersten Dämpfer erhielt dieses Projekt durch einen Bombenangriff im Februar 1945, bei dem das Depot der KVG in der Zentgrafenstraße mitsamt der drei O-Busse beinahe vollständig zerstört wurde.
Über zwei Jahre dauerte es danach, bis die Linie wieder mit den elektrischen Fahrzeugen betrieben werden konnte. Diese verkehrte zwischen Kirchditmold und Harleshausen. Einige Jahre später wurde sie zudem bis zum Bahnhof Wilhelmshöhe ausgedehnt.
KVG ersetzte O-Busse in Kassel durch günstigere Diesel-Busse
Das Ende für die O-Busse kam 1962. Der HNA sagte der damalige Direktor Heinz Büttner, dass sich die KVG „den Luxus einer einzelnen O-Buslinie auf Dauer nicht leisten könne“. Die Material- und Ersatzteilkosten hätten ebenso dazu beigetragen wie die damals notwendige Renovierung des Fahrzeugparks.
Dieselbusse wurden zu dieser Zeit als die „betriebswirtschaftlich günstigste Verkehrsart“ angesehen, die nicht nur Harleshausen an den Nahverkehr der Stadt anbinden könne, sondern auch die Dönche und Helleböhn sowie einen Teil der bisher mit der Herkulesbahn verbunden Gegenden.
In den Jahren danach sind die Oberleitungsbusse im Kasseler Gedächtnis etwas in Vergessenheit geraten. Vereinzelt plädierten Kasseler in Leserbriefen für die Wiedereinführung der umweltfreundlichen Fahrzeuge im Stadtverkehr, daraus wurde jedoch nie etwas.
Erst 2019 kommt das Thema elektrische Busse wieder auf. Zum einen durch die KVG, deren Aufsichtsrat die Anschaffung von zwölf E-Bussen beschließt. Zum anderen durch eine Ausstellung der Bürgervereine von Harleshausen und Kirchditmold. Nachdem die E-Busse nun unterwegs sind, wird sich zeigen, ob die Vergangenheit nicht vielleicht auch die Zukunft sein kann. (von Fabian Diekmann)