Wie ein deutsches Unternehmen den Laptop neu erfindet
Das Gerät sieht zwar auf den ersten Blick wie ein Laptop aus, hat aber keine Tastatur. Bedient wird es mittels Spracheingabe, aber auch mit Gesten, die von zwei an den oberen Ecken des Bildschirms angebrachten Kameras erkannt werden. Im 3D-Modus kann das Display auch dreidimensionale Bilder anzeigen, die frei vor dem Nutzer schweben.
Dort, wo sich bei herkömmlichen Laptops die Tastatur befindet, ist ein virtuelles Board angebracht, das mit unterschiedlichen Funktionen belegt werden kann. Dort ist auch eine KI-Taste zu finden, mit der Künstliche Intelligenz auf dem Rechner aktiviert werden kann.
"Gamechanger"
Entwickelt wurde der Maverick, so der Name des Gerätes, vom deutschen Unternehmen Ameria aus Heidelberg. Firmenchef Albrecht Metter spricht von einem "Gamechanger", also von einem Gerät, das eine ganze Branche verändern kann.
Er will mit dem Gerät nicht nur den Laptop neu erfinden, sondern auch die Interaktion mit Künstlicher Intelligenz (KI) auf eine neue Stufe stellen. "Wir wollen die Art der Interaktion auf das Level heben, wie auch Menschen miteinander kommunizieren", sagt Metter.
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Anstatt Fragen an die KI einzutippen, wird mit dem Rechner gesprochen. Am virtuellen Board werden mehrere Optionen angezeigt, die dabei helfen sollen, die richtige Antwort auf die Frage zu bekommen. "Man spricht mit dem Gerät und zeigt auf Stellen, die verbessert werden sollen", sagt Metter. Auf diese Art könne man sich dem Endergebnis weit schneller annähern als tippend vor Sprachmodellen wie ChatGPT zu sitzen.
Begonnen hat Ameria, das von Metter während seinem Studium gegründet wurde, mit interaktiven Marketinglösungen für Unternehmen. Dabei wurde eine Software für die berührungslose Gestenseteuerung entwickelt, die unter anderem beim Sportwagenhersteller Porsche oder Lego zum Einsatz kam.
165,9 Mio. Laptops wurden im vergangenen Jahr weltweit verkauft
Nachdem der Absatz während der Corona-Krise stark gestiegen war - von 163,7 Mio. Geräten im Jahr 2019 auf 206,1 Mio. 2020 und 246,1 Mio. im Jahr 2021 - gingen die Verkäufe seither wieder zurück. Für das kommende Jahr rechnen Marktforscher mit knapp 172 Mio. verkauften Geräten.
Dominiert wird der Markt von den Herstellern Lenovo, HP, Dell, Apple und Asus.
Ist es nicht ein riskantes Unterfangen, als ein vergleichsweise kleines deutsches Unternehmen, eine neue Gerätkategorie etablieren zu wollen? Der Innovationsgrad am Laptopmarkt sei wegen seiner oligopolistischen Struktur sehr gering, sagt Metter. Der Markt werde von großen Herstellern und wenigen Auftragsfertigern beherrscht. Im Fokus stehe die Massenproduktion und günstige Preise.
Als kleine Firma könne man hingegen Lösungen neu denken und schnell handeln. Das Risiko sieht der Ameria-Geschäftsführer eher auf Seiten der großen Konzerne: "Wenn sie sich nicht verändern, Trends verschlafen und den Anschluss verlieren."
"Wir dürfen keine Fehler machen"
30 Millionen Euro hat das Unternehmen in den vergangenen Jahren eingesammelt. Eine weitere Finanzierungsrunde steht kurz vor dem Abschluss. "Wir sind gut finanziert und haben das Selbstbewusstsein", sagt Metter. "Wir dürfen aber keine Fehler machen."
Bis zum Jahresende sollen Testgeräte an interessierte Kunden ausgegeben werden. Dann sollen die Geräte auch bereits bei Produktpräsentationen im Handel, etwa bei Luxusgüterherstellern, zum Einsatz kommen, heißt es.
Bis Ende 2025 wolle man soweit sein, das Gerät in den Massenmarkt zu bringen, sagt der Ameria-Chef: "Dann brauchen wir viel mehr Geld und auch starke Partner."
Preis von 2.000 Euro angepeilt
Kosten soll der Maverick um die 2.000 Euro. Am Anfang gehe es um die Markteroberung, sagt der Ameria-Geschäftsführer. Das Gerät müsse kein Gewinnbringer sein. Geld verdienen will man auch mit dem Ökosystem rund um die Geräte. Mit Apps von Drittanbietern, wie es etwa auch Apple mit dem iPhone macht.
Für die Interaktion mit Künstlicher Intelligenz gibt es auch bereits eine Reihe anderer unterschiedlicher Ideen und Konzepte und auch schon erste Produkte.
Etwa das Rabbit R1, ein kleines Gerät, das wie eine Brosche am Revers getragen werden kann. Gesteuert wird es mit Sprache. Damit lassen sich etwa eMails schreiben oder Übersetzungen anfertigen. Mit einem Preis von knapp 185 Euro ist es vergleichsweise günstig. In Europa soll es ab Juli erhältlich sein.
Einen ähnlichen Formfaktor hat der AI Pin des Start-ups Humane. Auch mit diesem Gadget wird vorwiegend gesprochen. Es verfügt auch über einen kleinen Projektor, der Inhalte auf die Hand projizieren kann. In ersten Tests fiel das 700 Dollar teure Gerät allerdings krachend durch.
Zu den Investoren von Humane zählt der Chef des ChatGPT-Machers OpenAI, Sam Altman. Der arbeitet auch mit Ex-Apple-Chefdesigner Jonathan Ive an einem KI-Gerät und will dafür eine Mrd. Dollar aufstellen. Wie es aussehen wird, ist noch nicht bekannt.
Vertrauter Formfaktor
Warum braucht es einen Laptop, um die Interaktion mit Künstlicher Intelligenz zu verbessern? Der Mensch will zwar Neues, mag aber große Entwicklungssprünge nicht", Johannes Tröger, der bei Ameria für Strategie und Geschäftsentwicklung zuständig ist. Auch bei vorangegangenen technischen Revolutionen habe man sich dem Neuen über das Vertraute angenähert.
Das Auto habe sich an der Pferdekutsche orientiert. Der Laptop sehe nicht umsonst aus wie eine Schreibmaschine. Aus dem Telefon sei das Smartphone geworden, mit dem auch der mobile Zugang zum Internet möglich sei: Tröger: "Man braucht kein neues Gerät. Wir nehmen bestehendes und revolutionieren es. Die Innovationen findet unter der Haube statt."
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