Wirtschaftsminister Robert Habeck im Bundestag / dpa

Klage auf Einsicht - Gericht hält Habecks Atomkraft-Akten für unvollständig

Erst verschleppt Robert Habecks Wirtschaftsministerium unseren Antrag auf Akteneinsicht zur AKW-Laufzeitverlängerung und lässt es auf eine Klage ankommen. Jetzt kam bei der Gerichtsverhandlung heraus, dass in den Akten wohl wichtige Unterlagen fehlen.

Daniel Gräber

Autoreninfo

Daniel Gräber leitet das Ressort Kapital bei Cicero.

So erreichen Sie Daniel Gräber:

Das Verwaltungsgericht Berlin hat an diesem Montag eine Klage von Cicero auf Einsicht in interne Unterlagen des Bundeswirtschaftsministeriums zur seit Beginn des Ukrainekriegs geführten Atomkraft-Diskussion in mündlicher Sitzung verhandelt. Dabei kam heraus, dass die bislang vorgelegten Akten offenbar unvollständig sind.

Verwaltungsrichter James Bews forderte die Vertreter aus Robert Habecks Ministerium auf, nach weiteren Unterlagen zu suchen. Und zwar solchen, in denen es um die CO2-Einsparung einer AKW-Laufzeitverlängerung sowie deren Auswirkungen auf die Netzstabilität und die Strompreise geht.

Denn diese Themen tauchen in den bisher vorgelegten regierungsinternen E-Mails, Vermerken und Protokollen kaum auf. Es gibt aber Hinweise darauf, dass sich die Fachleute des Ministeriums dazu durchaus geäußert haben – mit deutlicher Kritik an der von der grünen Führungsspitze des Hauses vertretenen Anti-Atom-Haltung.

Warnung vor steigenden Strompreisen

Unser Antrag auf Akteneinsicht stützt sich auf das Umweltinformationsgesetz, ein auf europäischem Recht basierendes Transparenzgesetz, das jedem Bürger Zugang zu umweltrelevanten Informationen garantiert und die Einsicht in Behördenakten ermöglicht. Beantragt hatten wir die Einsichtnahme bereits im Sommer 2022, als Robert Habeck noch ständig betonte, Deutschland habe zwar ein Gas- oder Wärme-, aber kein Stromproblem. 

Inzwischen ist die große Gaskrise erst einmal abgewendet, aber dafür fehlt es an zuverlässig zur Verfügung stehendem Strom, und Habeck will mit Milliardensubventionen die stromintensive Industrie von der Abwanderung abhalten. Hat die Entwicklung der Strompreise bei Habecks Entscheidung gegen eine ernsthafte Laufzeitverlängerung der letzten deutschen Kernkraftwerke gar keine Rolle gespielt? Haben ihn die Spezialisten seines Ministerium, mit Steuergeld bezahlte Beamte, nicht rechtzeitig davor gewarnt? Oder sind diese Warnungen nicht bis zu ihm vorgedrungen?

Abweichende Einschätzungen tauchen nicht auf

Diesen Fragen wollten wir nachgehen. Doch in den wenigen Unterlagen, die wir seit Einreichung der Klage aus dem Wirtschaftsministerium erhalten haben, steht dazu so gut wie nichts. Dafür geht aus einer E-Mail, die wir aus dem wesentlich transparenzwilligeren Bundesumweltministerium erhalten haben, eindeutig hervor, dass es kritische Stimmen in Habecks Ministerium gab. Der Weiterbetrieb der AKW hätte neben der Gaseinsparung zwei weitere Vorteile, wird darin eine Einschätzung aus der Fachebene des Wirtschaftsministeriums wiedergegeben: „... die Strompreise sinken und der Netzbetrieb wird sicherer.“

Doch dieses Zitat findet sich bisher nur in den Unterlagen aus dem Umweltministerium. Habecks Wirtschaftsministerium hingegen hat weder uns noch dem Verwaltungsgericht die in der E-Mail zitierte Einschätzung seiner Fachebene vorgelegt. Geschweige denn andere abweichende Einschätzungen, von denen wir noch gar nichts wissen.

Richter wird hellhörig

Als wir dies in der mündlichen Gerichtsverhandlung bemängelten, wurde Richter James Bews hellhörig, nahm eine Kopie dieser E-Mail zu den Gerichtsakten und forderte die anwesenden Vertreter des Wirtschaftsministeriums auf, im eigenen Haus nach den fehlenden Unterlagen zu suchen.

Auch was zur CO2-Einsparung durch Atomkraft im Ministerium ab Anfang 2022 diskutiert und berechnet wurde, muss auf den Tisch. Denn auch dazu findet sich in den Akten kaum etwas.

 

Mehr zum Thema:

 

Das Gerichtsverfahren zieht sich dadurch weiter in die Länge. Ein Urteil gibt es noch nicht. Erst wenn die Akten vervollständigt sind und der Richter weiß, um welche Unterlagen es überhaupt geht, kann er entscheiden, welche wir davon einsehen dürfen und welche tatsächlich – wie von Habecks Ministerium behauptet – geheimhaltungsbedürftig sind. Ein erneuter Verhandlungstermin steht noch nicht fest. 

Liebe Leserinnen und Leser,
wir freuen uns über eine konstruktive Debatte. Bitte achten Sie auf eine sachliche Diskussion. Die Redaktion behält sich vor, Kommentare mit unsachlichen Inhalten zu löschen. Kommentare, die Links zu externen Webseiten enthalten, veröffentlichen wir grundsätzlich nicht. Um die Freischaltung kümmert sich die Onlineredaktion von Montag bis Freitag von 9 bis 18 Uhr. Wir bitten um Geduld, sollte die Freischaltung etwas dauern. Am Wochenende werden Forumsbeiträge nur eingeschränkt veröffentlicht. Nach zwei Tagen wird die Debatte geschlossen. Wir danken für Ihr Verständnis.

Albert Schultheis | Mo., 25. September 2023 - 16:38

Früher haben die auf den Busch geklopft! Bei jedem Furz. Heute, bräsigen sie sich in den fetten Sesseln der Macht. Mit der Transparenz haben die's nicht mehr so. Mit der Demokratie prickelt's auch weniger. Da darf schon mal eine Wahl gefälscht werden - oder eine Wahlwiederholung auf St. Nimmerlein hinausgezögert werden. Die Merkel'sche hat's ihnen ja vorgemacht, wie es geht. Und dass es geht. Es geht ja gegen die Nazis. Da ist alles erlaubt. Gute unter sich. In Regierung, Presse, Medien und Gerichten. Man kennt das. Es nennt sich Totalitarismus. Und ein veritabler Krieg gehört auch dazu. Der verleiht dem ganzen hochwichtigen Gedöns die existentielle Gravität.

Romuald Veselic | Mo., 25. September 2023 - 17:10

war nie eine vertrauenswürdige Person, mit der authentischen Ansage: "Er kann mit D nichts anfangen." Dann sollte er D für immer verlassen. Das Land ist keine Blaupause für seine miserablen Märchenschriften.

Es sind Wörter der sozio-existenziellen Verachtung den Menschen gegenüber, die Deutschland ihre Freiheit zu danken schätzen. Damals, als dieser Parvenu sich anmaßte, seine asozialen Anmerkungen vor Öffentlichkeit kundtun. Die Farbe des Untergangs ist grün. Möge das spektrale Naturelement ihm dies nie vergeben. 😈

Er tut das weiter, indem er das Elend durch unbezahlbare Energie forciert. Er ist der hybride Krieger, indem er Strom als Waffe verwendet. Gegen eigene Bevölkerung.

Für mich ist der Wirtschaftsminister genauso zivilisatorisch gefährlich, wie der Kremlherrscher oder die Taliban in Kabul.

Stefan Jarzombek | Mo., 25. September 2023 - 18:31

Ich nehme an, das Ministerium geführt von Robert Habeck, weiß genau warum es verschleppt.
Wer nichts zu verbergen hat sollte doch gegen Transparenz nichts einzuwenden haben.
Ach ja, war da nicht letztens eine andere deutsche Politikerin, deren e Mails versehentlich plötzlich gelöscht wurden oder war es gar beim Kanzler ... 🤔 Da war doch was 😉
Harren wir der Dinge die noch kommen werden ...

Ihr Kommentar zu diesem Artikel

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.
Content limited to 1000 characters, remaining: 1000