Gaskraftwerk Leipheim
Bildrechte: BR/Peter Allgaier

Das neue Gaskraftwerk Leipheim soll in besonderen Notfällen das Stromnetz stabilisieren.

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Neues Notkraftwerk: 300 Millionen Watt gegen den Blackout

Auf dem Gelände des ehemaligen Fliegerhorsts in Leipheim nimmt ein Gasturbinenkraftwerk den Betrieb auf. Es wird aber nicht dauerhaft Strom erzeugen. Die Turbine soll nur im Fall eines Blackouts anspringen.

Noch von weitem kann man sie sehen: Die 161 Meter hohen Kühltürme des Atomkraftwerks Gundremmingen. Doch die Anlage ist nur noch ein Scheinriese. Seit mehr als eineinhalb Jahren ist sie abgeschaltet. Der Niedergang des einen Giganten ließ nur wenige Kilometer entfernt einen neuen entstehen. In Leipheim wird am Montag ein Gaskraftwerk eingeweiht, dessen Turbine es allein schon auf ein Gewicht von mehr als 300 Tonnen bringt. Die Lücke, die der eine Koloss riss, soll der neue nun in besonderen Notfällen ausgleichen.

Anlage läuft ein paar Tage im Jahr

300 Megawatt kann das Gasturbinenkraftwerk produzieren. Das entspricht etwa einem Viertel der Leistung eines Blocks des AKW Gundremmingen. Allerdings geht die Anlage nicht in den Dauerbetrieb und nimmt am freien Strommarkt teil. Netzbetreiber Amprion wird sie vielmehr gezielt hochfahren, an ein paar Tagen im Jahr. Das "besondere netztechnische Betriebsmittel", wie es im Fachjargon heißt, lässt sich digital aus der Ferne hochfahren. Es soll nur als letzte Maßnahme das Netz stabilisieren und im schlimmsten Fall einen größeren Stromausfall vermeiden.

Mehrere neue Kraftwerke für Süddeutschland

Vier solcher Kraftwerke entstehen derzeit im süddeutschen Raum. Das Gaskraftwerk im hessischen Biblis wurde bereits im März in Betrieb genommen. "Irsching 6" bei Ingolstadt und Marbach in Baden-Württemberg, das mit leichtem Heizöl betrieben wird, sollen folgen. Die Übertragungsnetzbetreiber Amprion, TenneT und TransnetBW hatten europaweit 1.200 Megawatt an Kapazität ausgeschrieben. Die neuen Anlagen sind "schwarzstartfähig", können also auch dabei helfen, ein Stromnetz nach einem möglichen Blackout wiederaufzubauen.

Wann kommen Notkraftwerke zum Einsatz?

Die Stromnetzbetreiber müssen grundsätzlich so viel Strom bereitstellen, wie gerade gebraucht wird. Gibt es zu viel Strom, wird er ins Ausland exportiert, Deutschland wiederum bezieht ihn aber auch von seinen Nachbarn. Wird aber unerwartet mehr Energie aus dem Netz entzogen als ankommt, kann das zu einer Störung führen. In der Regel greifen Sicherungsmaßnahmen, um das Netz zu stabilisieren. Andere Kraftwerke fahren ihre Leistung hoch oder zusätzliche Reservekraftwerke gleichen den Mangel aus. Die neuen Notkraftwerke werden hingegen vor allem dann eingesetzt, wenn beispielsweise eine Stromleitung oder ein Transformator ausgefallen sind und es dadurch zu einem kritischen Zustand im Stromnetz gekommen ist.

Eine schwere Geburt

Schon 2011 hatten die Stadtwerk Ulm/ Neu-Ulm geplant, ein Gaskraftwerk in Leipheim zu errichten. Es folgten ein Bürgerbegehren, mehrere Ausschreibungen und neue Planungen. Zwischenzeitlich stand das Projekt schon fast auf der Kippe. Die LEAG, die Lausitzer Energie AG, genauer gesagt eine ihrer Tochterfirmen, setzte das Projekt schließlich um. Im September 2021 war der Spatenstich, knappe zwei Jahre später ist das Kraftwerk nun fertig. Zur feierlichen Eröffnung am Montagnachmittag wird auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder kommen.

Wandel am Strommarkt

Für die Erzeugerseite hat sich gerade in Süddeutschland in den vergangenen Jahren viel verändert. Durch den Ausstieg aus der Kernenergie stand plötzlich weniger gesicherte Leistung zur Verfügung, die weitgehend unabhängig von äußeren Einflüssen verfügbar ist. Zwar liefern erneuerbaren Energien inzwischen rund die Hälfte des Strombedarfs, allerdings schwankt je nach Wetterlage die Ausbeute gerade bei Wind und Sonne erheblich.

Windenergie wird überwiegend im Norden Deutschlands erzeugt, doch es fehlt noch an entsprechenden Trassen, die den Strom in den Süden bringen. Die zusätzlichen Notkraftwerke sichern die Versorgung, weil sie binnen einer halben Stunde ihre volle Leistung erreicht haben und sich flexibel anschalten lassen. Die vorhandene Netzreserve besteht dagegen überwiegend aus älteren, langsameren Anlagen.

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