1991 stoppte Porsche in letzter Minute den 989 – einen viertürigen Elfer. AUTO BILD trifft den Prototypen und Urahn des neuen Panamera.
Video: Prototyp Porsche 989
Panamera trifft seinen Papa
Mit der Historie ist es so eine Sache. Klar, ein gutes Elternhaus hilft ungemein beim Start ins Leben. Porsche hingegen hat die eigene Herkunft fast in den Ruin getrieben. Ende der 80er stand der mittelständische Familienbetrieb kurz vor dem Aus: Der 911 in den USA wegen Abgas- und Geräuschvorschriften geächtet, für 944 und 928 läuft es sogar richtig mies – von den Kunden werden sie einfach ignoriert. Sportwagen sind schlicht out. Ein Dilemma, aus dem ausgerechnet der Firmengründer Ferry Porsche einen Ausweg findet. Einen "Learjet für die Straße" hat er vom Vorstand gefordert. Und mit dem Geheimprojekt 989 bekommen. Zumindest fast – aber der Reihe nach.
Die abfallende Dachlinie kostet Platz im Fond – dort ist es wirklich eng.
Zunächst sieht alles gut aus für die Limousine, die die Modellpalette nach oben erweitern und gleichzeitig den 928 in Rente schicken soll. Das Design des frisch von der Uni zu Porsche gewechselten Stylisten Matthias Kulla orientiert sich am ewigen Elfer, nimmt die 1996 auf den Markt gekommene Generation 996 vorweg. Händler, Kunden und die Eigentümer-Familie sind aus dem Häuschen. Ein viertüriger Porsche? Ja, das geht. Sogar die Technik ist fertig entwickelt. Ein 3,6-Liter-Achtzylinder, wassergekühlt und 300 PS stark, läuft problemlos auf den Prüfständen, wird sogar in Testmulis – umgebauten Mercedes 300 CE – auf die Straßen geschickt. Und dann kommt der 24. Januar 1991. Ein Tag, den sie bei Porsche am liebsten aus dem Kalender streichen würden. Der Vorstand kippt das Projekt 989. Über eine Milliarde Mark investiert – und am Ende rechnet sich die Limousine doch nicht. Jeden Tag in der Entwicklung wurde sie schwerer und teurer. Statt der geplanten 90.000 standen wegen der aufwendigen Technik rund 150.000 Mark im Raum. Porsche hätte jedes Jahr mindestens 5000 Viertürer verkaufen müssen, um nicht rote Zahlen zu schreiben. Zu viel.
Bildergalerie
Porsche-Prototypen der 60er bis 80er
Wiedeking schafft die Wende
Die überschaubaren 90er: Ein Bildschirm im 989 muss für Multimedia reichen.
Zahlen, über die sie bei Porsche heute nur milde lächeln können. Denn gleichzeitig mit dem 989 endet auch die Ära des damaligen Chefs Arno Bohn. Und der Aufstieg des Wendelin Wiedeking beginnt. Nach dem Einstiegs-Roadster Boxster und dem SUVCayenne lässt er Mitte der 2000er den Panamera entwickeln, einen riesigen Erfolg. Porsche plant zunächst mit 20.000 Autos pro Jahr, 2014 werden es sogar knapp 25.000. Und das, obwohl der Panamera von den Fans der Marke nie wirklich akzeptiert wurde. Wegen des schrägen Hecks verspotten sie ihn als "Buckelwal". Doch die Vorgabe war eben unmissverständlich: Der Chef – stattliche 1,92 Meter groß – musste hinten kommod sitzen können. Das war im 989 noch anders, wo weder Kopf noch die Knie ernsthaft Platz finden – man passt halt gerade so und irgendwie rein. Die Zukunft bei Porsche sieht anders aus, die Zuffenhäuser planen neben dem Panamera sogar einen Kombi! Richtig gelesen: ein Kombi von Porsche, ein Newcomer ohne jegliche Historie.
Fazit
von
Stefan Voswinkel
Porsche und Limousine, das war für mich bisher nie eine glückliche Kombination. Bis ich mit 989 und dem neuen Panamera im Fotostudio ein Rendezvous hatte. Beide bringen einen Hauch 911 in die Welt der Luxuslimousinen – mag ich!
Von
Stefan Voswinkel
Porsche-Prototypen der 60er bis 80er
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Sie sind Teil der Porsche-Geschichte – Autos, die nur abgewandelt oder nie auf die Straße kamen. AUTO BILD zeigt die Prototypen der 60er bis 80er: Der Porsche 965 brach Ende der 80er alle Tabus und kam dann doch nie auf den Markt. Von allen etwas: Die angelegten Scheinwerfer und die große Frontmaske erinnern an 968 und 964, die flacher auslaufenden Kotflügel an den 993.
Bild: Götz von Sternenfels
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Zweckmäßig sollte der Prototyp sein, nicht schön oder elegant. Die Rückleuchten könnten von einem Baumarkt-Anhänger stammen, aber das breite Heck mit Lüftungskiemen und feststehendem Spoiler zeigt große Ähnlichkeit mit dem Bürzel des 959.
Bild: Götz von Sternenfels
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Lufteinlässe in den Flanken wie bei 959 und 964 Turbo S. Die Kühler, die Erkenntnisse für den Temperaturhaushalt späterer Wasserboxer liefern sollen, sitzen jedoch im Bug. Räder und Reifen stammen vom 964.
Bild: Götz von Sternenfels
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Die Basis des Prototyps bildet ein Carrera 4 964, sogar Leder ist an Bord. Der Tacho blieb bei 4576 Kilometern stehen - aber wurden die alle mit dem fremden V8 im Heck zurückgelegt? 965 L7 steckt voller Rätsel ...
Bild: Götz von Sternenfels
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... wie zum Beispiel die handschriftlichen Notizen auf einem Klebestreifen. Hinweis oder Warnung an den Fahrer?
Bild: Götz von Sternenfels
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Drehschalter für die Kraftverteilung zwischen Bug und Heck! Die Aufkleber deuten darauf hin.
Bild: Götz von Sternenfels
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Enge Kiste: Mit Müh und Not wurde der 3,6-Liter-Audi-V8 ins Heck gequetscht. 234 PS leistete er im 965.
Bild: Götz von Sternenfels
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Noch im November 1988, kurz bevor das Projekt gekippt wird, stehen für den 965 Hochgeschwindigkeitsfahrten in Nardo auf dem Programm. Am Steuer in Rennmontur: Testfahrer Dieter Röscheisen.
Bild: Porsche AG
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Drei Turbo-Typen begleiten die Entwicklung des 965: Vorgänger - Der 911 Turbo ist der erste Serien-Porsche mit Aufladung. Als Typ 930 kommt er im Frühjahr 1975 auf den Markt.
Bild: Porsche AG
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Verwandter: Der Elfer vom Typ 964 und der 965 werden parallel entwickelt. Später erhält der 964 Turbo 3.6 den Typ-Code 965.
Bild: Porsche AG
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Vorbild: Der 959 ist das Aushängeschild der Marke, aber viel zu kompliziert und teuer. Der 965 soll alles einfacher machen.
Bild: Porsche AG
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All diese vergessenen Typen sind Teil der Porsche-Geschichte. Sie schafften es nie, oder nur in abgewandelter Form auf die Straße. Dazu gehören Porsche 754 T7, Porsche 911 Turbo, Porsche 984 und Porsche 928 Cabrio. Stoff zum Staunen
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Porsche 754 T7 (1961): Ist der Porsche 754 T7, den sie wegen seiner holprigen Bezeichnung im Werk meistens einfach "Butzi-Wagen" nannten, nun der letzte 356 oder doch bereits der erste 911?
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Aller Elfer Anfang: Die Frontpartie lässt schon das spätere Design der Porsche-Ikone erkennen.
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Am 1. November 1960 geht der 754 T7 in den Testbetrieb, an der Vorderachse arbeiten versuchsweise MacPherson-Federbeine statt Kurbellenker, im Heck ein neuer Motor. Das Urteil von Testchef Helmuth Bott fällt vernichtend aus: "Das können wir vergessen!"
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Ferry Porsche gab die grobe Richtung vor: Er wollte einen 356-Erben, der sich deutlich als Porsche zu erkennen gibt, wie ein Sportwagen fährt, aber gleichzeitig mehr Komfort und vier Personen plus Gepäck ausreichend Raum bietet.
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Rundinstrumente und Bakelitlenkrad erinnern an den 356.
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Drucktasten und Drehknöpfe sind Design-Experimente und gehen so nicht in Serie.
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In Gestalt des Typs 587/1 erreicht der komplexe Viernockenwellen-Motor von Ernst Fuhrmann seine maximale Ausbaustufe. Aus zwei Liter Hubraum holt die einst als Renntriebwerk geborene Maschine 130 PS.
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Und was ist aus dem 754 T7 geworden ? Aus der Front des 754 T7 formte "Butzi" Porsche das Gesicht der Marke, während aus dem Gesamtprojekt die Erkenntnis stammt, dass Heckmotor-Sportwagen, Fließheck und vier Sitzplätze zusammen nicht funktionieren.
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Porsche 911 Turbo (1974): Es dauert, bis der viel bestaunte Alpha-Elfer fertig wird. 1973 zeigt Porsche auf der IAA die Studie des 911 Turbo, aber erst ein Jahr später ist das Modell serienreif. Bis die ersten Autos ausgeliefert werden, dauert es noch bis 1975.
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Nur ein Fahrzeug wird vor dem Verkaufsstart in den Straßenverkehr entlassen – der Prototyp "Turbo Porsche No. 1", den Ferry Porsche seiner Schwester Louise Piëch am 29. August 1974 zum 70. Geburtstag schenkt.
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Die Zierstreifen im Look des Stoffmusters sind eine kleine Spielerei der Porsche-Designer.
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Der 911 Carrera stellte die Karosserie.
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Schottenkaro und Hochflorteppich, der kontrastreiche Porsche-Chic der 70er-Jahre. Louise Piëch schien es laut und bunt zu mögen.
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Pfeile markieren innerörtliche Höchst- und Autobahn-Richtgeschwindigkeit.
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Die Plakette zeigt es an: Dieser Turbo ist der allererste.
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Anstelle des 2,7-Liter-Originals saß später ein Dreiliter-Serienmotor im Heck.
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Porsche 984 (1987): Dass niemand mit dem Porsche 984 etwas anfangen kann, ist Absicht. Nicht nur die Entwicklung des Mittelmotor-Roadsters geschieht im Verborgenen, auch seine Existenz wird streng geheim gehalten.
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Das glatte Design der Front ist vom großen 928 inspiriert, der Motor sitzt jedoch mittig.
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Statt eines flattrigen Faltdachs findet ein versenkbares Hardtop hinter den Sitzen Platz.
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Atem- und Kühlluft saugt der Vierzylinder vor den Hinterrädern an.
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Beim Einrichten des weinroten Innenraums half ein Blick in das 944-Teileregal.
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Mit dem Fünfgang-Schaltgetriebe lässt sich der Porsche 984 in 8 Sekunden von 0 auf 100 km/h beschleunigen. Spitze sind 230 km/h.
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Porsche-Transaxle-Fahrer kennen diesen Anblick. Die Armaturenlandschaft wurde vom 944 übernommen und ...
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... für den luftgekühlten 984 um eine passende Zusatzanzeige für die Zylinderkopftemperatur ergänzt. Sieht doch aus wie Serie, oder?
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Blaupunkt Radio mit Kasettenspieler, Zigarettenanzünder und Lüftung wären Mitte der 70er für einen Zweit-Porsche sehr komfortabel gewesen.
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Beim versteckt liegenden Motor handelt es sich tatsächlich um ein getuntes Volks-Porsche-Triebwerk, dessen Peripherie auf Maß gefertigt wurde. In Serie ging der Porsche 984 aus Kostengründen jedoch nie. Jedoch haben Ingenieure, Stilisten und Vertriebler wohl einen Blick auf den 984 geworfen, bevor sie das weiße Blatt Papier für den Boxster herausholten.
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Porsche 928 Cabrio (1987): Kaum eine andere Porsche-Studie wirkt so seriennah und formvollendet wie die zum 928 Cabrio. Trotzdem bleibt es ein glückloser Prototyp.
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Ein großer Designentwurf, auch ohne das typische Rundheck. Die Form des 928 Cabrio wirkt serienreif.
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Motor, Fahrwerk und Räder sind mit denen des Coupés identisch.
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Die Zusatzschalter für das elektrische Verdeck gab es nur bei der Cabrio-Studie.
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Wer hier hinterm Steuer sitzt kann in 5,9 Sekunden von 0 auf 100 km/h beschleunigen und maximal 270 Kilometer in der Stunde hinter sich lassen.
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Sitze mit integriertem Sicherheitsgurt waren eine Spezialentwicklung für das Cabrio.
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Elektrisch verstellbare Sitze sollten den potenziellen Porsche 928 Cabrio Fahrern nicht vorenthalten bleiben.
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Als das Cabrio-Einzelstück entsteht, ist der 928 S4 das Maß der Dinge.
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Der Fünfliter-Leichtmetall-Vierventil-V8 leistet drehfreudige 320 PS. All diese Porsche-Prototypen lehren uns: Träumen ist schön, aber nicht alle Träume werden Wirklichkeit.