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Dieser Beitrag erschien durch Kooperation mit WirtschaftsKurier
„Ideologiefrei“Grünen-Politikerin erklärt, warum sie bei Atomkraft nicht auf Parteilinie ist
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Mona Fuchs und das AKW Isar 2
Grüne Fraktion München/getty Mona Fuchs und das AKW Isar 2
Montag, 08.08.2022, 12:39

Die Grünen tun sich schwer bei der Frage, wie mit den drei in Betrieb verbliebenen Atomkraftwerken zu verfahren ist. Auffällig aufgeschlossen zeigt sich die Partei in München. Warum und wie sie zu anderweitigen Meinungen in der Partei steht, erklärt die Fraktionsvorsitzende Mona Fuchs im Interview.

Mona Fuchs kann man getrost als Senkrechtstarterin der Münchener Grünen bezeichnen. 2020 zog sie in den Stadtrat ein, seit wenigen Wochen ist sie Fraktionsvorsitzende. Die 34-Jährige hat ohne Berufsausbildung als Quereinsteigerin in verschiedenen Bereichen gearbeitet – zuletzt war sie neun Jahre als Geschäftsführerin und Projektleiterin bei der Münchner Klimaschutz-NGO Netzwerk Klimaherbst e.V., vorher unter anderem in der Gastronomie und der Gewerbeimmobilienwirtschaft. Sie entwickelte außerdem als Selbstständige Kongresse, Workshops und Seminare zu den Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz für Kommunen und Vereine.

Spannend, aber gerade keine Zeit?

FOCUS Online: Das Thema Laufzeitverlängerung, wie für das AKW Isar II in Ihrer Nähe, spaltet die Koalition in Berlin, aber auch die Grünen. In München sind Sie, sofern die Sicherheit gegeben ist, für den Streckbetrieb. Warum?

Mona Fuchs: Zunächst einmal sind wir klar gegen eine Laufzeitverlängerung und dass neuer Atommüll entsteht. Aber uns ist wichtig, ideologiefrei auf das Thema draufzuschauen. Und da haben wir in München eine besondere Situation.

Inwiefern?

Fuchs: Mitte Juli haben wir erfahren, dass wir unsere Münchener Fernwärme nahezu ohne Gas betreiben könnten. Denn zwei Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, die hier Wärme erzeugen, sind innerhalb kurzer Zeit umrüstbar auf Öl. Das Gas, das wir hier einsparen, käme ganz Bayern zugute. Aber wir hätten dann eine Lücke bei der Stromerzeugung. Entsprechend könnten wir in diesem Winter den Strom aus Isar 2 sehr gut gebrauchen. Aber nun müssen wir erstmal den zweiten Stresstest abwarten.

Mona Fuchs ist Fraktionsvorsitzende der Münchner Grünen.
Grüne Fraktion München Mona Fuchs ist Fraktionsvorsitzende der Münchner Grünen.

Welche neuen Informationen sind Ihnen im Stresstest 2 so wichtig. Die Zeit drängt ja.

Fuchs: Ein wichtiger Teil des zweiten Stresstest bezieht sich auf die 2019 verschobene Sicherheitsprüfung. Wenn die für den Streckbetrieb nötig sein sollte, haben wir ganz neue Gegebenheiten. Denn die kann ja mehrere Monate dauern. Deshalb lohnt es sich nicht, vorher über alle möglichen Details zu spekulieren.

Über eine Laufzeitverlängerung: "Das ist eine Nebelkerze der CSU und CDU"

Wie sehen das die Grünen ins Landshut, wo Isar 2 steht?

Fuchs: Es gab dort um ehrlich zu sein einen intensiven Austausch. Aber die Parteifreundinnen und -Freunde vor Ort sehen auch, dass ein Streckbetrieb rund fünf Terrawattstunden für den Raum München bringen würde – das sind mehr als zwei Drittel von den rund 6,5 Terrawattstunden jährlichen Stromverbrauchs in München. Wir haben eben eine Sondersituation.

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Warum sind Sie dann gegen eine Laufzeitverlängerung?

Fuchs: Vor allem, weil das neuen Atommüll mit sich brächte. Zudem fehlt mir die Fantasie, wie uns das in der aktuellen Notsituation helfen kann: Neue Brennstäbe zu besorgen, würde zu lange dauern. Die ganze Welt braucht die ja gerade. Das ist eine Nebelkerze der CSU und CDU. Die wollen die Krise für den Ausstieg aus dem Ausstieg nutzen.

Bezahlbarer Strom: "München ist ohnehin schon eine Stadt mit hohen Lebenshaltungskosten"

Teile der SPD und der Grünen sagen immer wieder: Wärme und Gas ist das eine, Strom etwas ganz anderes. Für Sie hängt es sehr viel enger zusammen, oder?

Fuchs: Das ist in Bayern so, ja. Beim Thema Fernwärme hängen Strom und Gas hier direkt zusammen. Die Umrüstung von Gas auf Öl ist für uns aber auch sehr schmerzhaft. Das sind eben akute Versorgungsengpässe, mit denen wir zu kämpfen haben. Da müssen wir ideologiefrei sein.

Stromengpass ist das eine. Ein Mangel an bezahlbarem Strom das andere.

Fuchs: Für uns ist bezahlbarer Strom sehr wichtig, gerade weil München ohnehin schon eine Stadt mit hohen Lebenshaltungskosten ist. Deshalb haben wir auch einen Fonds aufgelegt für Härtefälle, damit niemand frieren muss oder im Dunkeln sitzt. Außerdem haben wir eine Energiesparprämie aufgesetzt.

"Energiesparen sollte eine intrinsische Motivation haben"

Damit treiben Sie Ihre Partei Freunde in Berlin vor sich her.

Fuchs: Wir haben in München eine besondere Situation. Wie gesagt sind die Lebenshaltungskosten hier sehr hoch. Auch wir glauben grundsätzlich, dass Energiesparen eine intrinsische Motivation haben sollte. Die Menschen dürfen nicht permanent mit Geld motiviert werden, sich passend zum Gemeinwohl zu verhalten.

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Ein Satz noch zum Ausbau der Windenergie in Bayern: Wie könnte man schneller vorankommen?

Fuchs: Um das Wind-an-Land-Gesetz hier umzusetzen, braucht es laut Schätzungen rund 400 Windräder in der Region rund um München. Es gab für das Land Bayern so viele Gelegenheiten, von der Regelung abzurücken, dass im Radius von zehn Kilometern rund um ein Wohngebiet kein Windrad gebaut werden darf. Die wurden alle verpasst, über Jahrzehnte hinweg. Das schafft man nicht in zwei Jahren aufzuholen. Wir sind pragmatisch und bereit, uns mit Versorgungsengpässen zu beschäftigen. Der Hauptfokus muss aber im Ausbau der erneuerbaren Energien liegen. Auch Erdwärme ist ein Schatz, den es zu heben gilt. Hier gibt es noch viel aufzuholen.

Über Robert Habeck: "Er sollte weitermachen wie bisher"

Wenn Sie sich entscheiden müssten: Lieber eine Maßnahme für mehr Nachhaltigkeit oder eine für bezahlbare Energie?

Fuchs: Es muss immer ein sowohl als auch sein. Das kann man nicht gegeneinander ausspielen. Bei begrenzten Mitteln muss man beides anteilig fördern. Es ist immer eine sozial-ökologisch Frage.

Was würden Sie sich von Herrn Habeck wünschen? Als baldige Wahlkämpferin bei den Landtagswahlen in Bayern und als Bürgerin?

Fuchs: Er sollte weitermachen wie bisher. Auch dass er als Nordlicht gern Bierzelte besucht, hilft uns hier.

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Der Beitrag "Grünen-Politikerin erklärt, warum sie bei Atomkraft nicht auf Parteilinie ist" stammt von WirtschaftsKurier.

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Leser-Kommentare (28)
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Heute, 09.08.2022 | 12:44 | Thomas Michel

400 Windräder ...

bedeutet halt auch mindestens 400 x 1000 m3 Beton für die Fundamente. Bei der Betonherstellung entstehen auch nicht geringe Mengen CO2. Man tauscht nur eine Technologie gegen die andere aus und unter dem Strich ist es wie vorher. Man sollte auch wieder daran erinnern, dass Deutschland mit nicht einmal 2% CO2 Ausstoss weltweit vertreten ist. Allein diese Zahl zeigt, wie wenig unsere Umweltpolitik international greifen kann. Wir Deutschen haben derweil die höchsten Energie-Preise weltweit.

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Weitere Kommentare (10)

Heute, 09.08.2022 | 06:39 | Wolfgang Hofmann

Sensationell!

Wirklich eine sensationelle Überschrift: "Grüne gibt zu: Ohne Kernkraft fehlt uns Strom." - Genau so gut hätten Sie schreiben können: "Raumpflegerin gibt zu: Nachts wird es dunkel."

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Heute, 09.08.2022 | 05:25 | Hartwig Ball

Seit Rot-Grün in München das Sagen hat, ist es nur

schlimmer geworden. Anstelle dringende Probleme wie überteuerter ÖPNV und überteuerte Energie anzugehen, wird lieber gegendert auf Teufel komm raus (obwohl dies die Bevölkerung gar nicht will). Dass in diesen Krisenzeiten es ohne AKWs nicht geht, kommt langsam auch bei den Grünen an; deren Hauptprobleme sind mangelnde Ausbildung und Lebenserfahrung; z.B. sollte das Fernwärme-produzierende Heizkraftwerk Nord wegen Schadstoffaustoss nur mit gedrosselter Leistung fahren, in Wirklichkeit wurden dadurch weit mehr Schadstoffe ausgestossen. Dazu kommt eine vogelwilde Verkehspolitik mit der Folge, dass Fussgänger ständig in Gefahr sind, von rücksichtslosen Fahradfahrern über den Haufen gefahren zu werden. Letztere machen auch vor Ihresgleichen nicht halt (deswegen hat es schon Tote gegeben!).

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Gestern, 08.08.2022 | 21:26 | Stefan WELZEL

kein Stromproblem

Fuchs irrt. Ich vertraue hier voll auf die Fachkompetenz von Baerbock und Habeck, die uns versichern, dass wir nur ein Gasproblem haben werden, keinesfalls jedoch ein Stromproblem. Auch die Angestellten in den Baumärkten, die davon faseln, dass ihnen die Heizlüfter aus den Händen gerissen wurden und die vor einem Blackout warnen, sind ganz sicher Verschwörungstheoretiker. Ich denke, sie sollten in bewährter Art uns Weise ausgegrenzt werden. Instrumentarien dazu haben wir mittlerweile ja genügend.

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Gestern, 08.08.2022 | 17:09 | Gerhard Hellmund

Wer sichert unsere Stromversorgung?

Ich glaube, dass sich viele Grüne und Klimaschützer mit den Erneuerbaren in die Tasche Lügen. Es wird immer von installierter Leistung gesprochen, dabei wird aber vergessen, dass dies nur eine volatile Leistung ist und nur bei gutem Wind oder guter Sonneneinstrahlung erreicht werden kann. Wenn man dann liest, dass Windkraftanlagen nur 30% ihrer Nennleistung erreichen, dass selbst bei starken Wind eine Grenze erreicht wird, wo nicht mehr Strom produziert wird, weil man Schäden am Windrad zu erwarten hat, dann kann man erahnen, dass wir uns mit den Erneuerbaren in eine Strommangelwirtschaft bewegen. Auch die 2%-Regel ohne eine Effizienzprüfung für den Aufbauort hilft da nicht weiter, vor allem dann, wenn man nicht tasächlich misst, sondern mit statistischen Werten arbeitet.

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Gestern, 08.08.2022 | 17:05 | Michael Muller

Das scheint ....

-Die 34-Jährige hat ohne Berufsausbildung als Quereinsteigerin in verschiedenen Bereichen gearbeitet- ... das Profil zu sein, mit dem in der Politik Karriere zu machen ist. Im 21 Jahrhundert!

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Gestern, 08.08.2022 | 16:39 | Thomas Klatte

Die Grünen

Ohne Ausbildung zu sein, scheint ja ein Markenzeichen von Politikern der Grünen zu werden. Diese Personen wollen dann über die deutsche Energiepolitik mit weitreichenden Folgen entscheiden. Armes Deutschland.

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Gestern, 08.08.2022 | 16:37 | Willi Wilhelm  | 2 Antworten

Endlagerung

Ja, ja die Bayern. Keine Windräder mögens und auch Stromtrassen wollens nicht. Aber jetzt nach Atomstrom schielen; konsequenterweise müsste dann Bayern das Bundesland für die Endlagerung des Atommülls sein.

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  • Heute, 09.08.2022 | 04:47 | Claus Thiemicke

    Hallo Herr Wilhelm

    Danke für den „humorvollen“ Kommentar. Wohl länger nicht in Bayern gewesen? Wer unter Windkraft Off- Shore Parks versteht wird diese in Bayern nicht finden. Alleine an der A9 in Oberfranken und Der A8 Richtung Ulm ist in den letzten Jahren einiges entstanden. Zudem viele Solaranlagen. Warum ist Bayern das wirtschaftsstärkste Bundesland? Rund 13Mio Bürger lieben es so wie es ist.

Alle Antworten (1)

Gestern, 08.08.2022 | 16:25 | thommy Ladersberg  | 1 Antwort

Die Grünen

Tun sich immer schwer zuzugeben das ihre ganzen Ideologien scheitern. Die leben in einen anderen Welt. Sobald es drauf ankommt, fällt deren Kartenhau zusammen.

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  • Gestern, 08.08.2022 | 17:15 | Ralf Kellerbauer

    Final Blackout ...

    Viellleicht glauben einige Grüne, dass ein Blackout in Bayern ihnen Stimmen bringt - eher weniger. Deutlich vor dem Blackout greifen die Lastabwurf-Tarife der Kommunen, dann fährt in München weder U-Bahn noch arbeiten die Güllepumpen der Stadt. Aber auch bundesweit wird man erstaubt im Winter feststellen, dass Vieles der Infrastruktur ausfällt.

Gestern, 08.08.2022 | 16:11 | Mykola Neumann  | 1 Antwort

Zudem fehlt mir die Fantasie...

Jetzt wird Woche für Woche verplempert statt Brennstäbe zu besorgen. Wenn die ganze Welt welche braucht, dann gibt es irgendwo auf der Welt auch welche für unsere drei AKW. Wenn die ganze Welt auf AKW setzt und wir nicht wissen, wo unser Strom herkommen soll, weil man die Alternative zum AKW nicht gebaut hat (vorher kann man kaum abschalten ohne in der Schei... zu sitzen), fragt man sich, ob die Beteiligten ihr Hirn an der Garderobe abgegeben haben. Zur Fantasie - die AKW laufen weiter. Kohle und Gas wird gespart, steht der Industrie zur Verfügung. Die Leute heizen elektrisch möglichst dann irgendwann mit Wärmepumpen. Wenn es eine funktionierende Wasserstoffwirtschaft und Speicherlösungen und Trassen gibt um auf A-Kraftwerke zu verzichten - dann schalten wir ab. Soweit zur Fantasie.

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  • Gestern, 08.08.2022 | 17:20 | Wolfram Körner

    Guter Ansatz

    Sie sind leider zu intelligent. Sonst hätten sie mit ihren gut durchdachten Fantasien ein Platz in der Politik. Aber so?? Aber sie und alle Wähler mit Verstand können bei der nächsten Bundestagswahl dafür sorgen, dass keine Küchenhilfen, Studienabbrecher, Dauerpolitiker ohne Leistungen und Schausteller nicht mehr im Bundestag sitzen.

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