Aktivisten mehrerer Klimaschutz-Bewegungen haben eine Radikalisierung ihrer Proteste angekündigt. In Zukunft kommen laut eigenen Aussagen auch die Blockade von Häfen und Flughäfen, Sabotageakte oder die Zerstörung von Industrieanlagen und anderen Maschinen in Betracht. Das berichtet die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“.
Die Gruppe „Aufstand der letzten Generation“, die zuletzt durch Autobahn-Blockaden von sich reden machte, sehe sich „gezwungen, mit zivilem Widerstand für das Überleben aller einzustehen“, teilte die Gruppierung mit.
Sollte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nicht auf die Forderungen der Gruppierung reagieren, beginne eine neue Phase. „Wir werden in diesem Fall anfällige Infrastruktur wie Häfen und Flughäfen als Ausdruck unseres unverändert fossilen Alltags in diesem Land stören“ und „zum Innehalten bringen“.
„Ende Gelände“-Mitgründer beruft sich auf „Klima-Notstandsrecht“
Einer der Mitgründer der Braunkohlegegner von „Ende Gelände““, Tadzio Müller, hält die Bildung einer „grünen RAF“ für möglich. Er selbst sprach sich gegenüber der Zeitung für das Zerstören von Industrieanlagen aus. Müller spricht von einem vermeintlichen „Klima-Notstandsrecht“. Bereits im vergangenen Jahr hatte Müller in einem „Spiegel“-Interview die Möglichkeit einer grünen RAF in den Raum gestellt.
In einem WELT-Interview hatte im November auch der ehemalige Extinction-Rebellion-Sprecher Tino Pfaff die Zerstörung von Industrieanlagen als mögliche Protestform benannt. „Es geht darum, den Ablauf von Industrie oder zerstörerischen Alltagspraktiken zu stören“, sagte Pfaff. „Das kann auch passieren, indem man Förderbänder demontiert. Oder indem man wie Ende Gelände durch Blockaden die Produktionsabläufe von Kohlegruben oder Gasterminals stoppt.“
Fridays For Future: „Repertoire durchgespielt“
Die Sprecherin von „Ende Gelände“, Elia Nejem, erklärte nun gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, es gebe Überlegungen, „wie wir selbstständig klimaneutraler werden können und den Profitinteressen von Konzernen etwas entgegensetzen“. Mit „selbstständig“ meint Nejem laut der Zeitung, eigenmächtig Anlagen, die den Klimawandel befördern, außer Betrieb zu setzen und so ihre Wirkung zu neutralisieren.
Auch Fridays for Future erwäge demnach radikalere Protestformen. „Unsere Bewegung hat lange davon gelebt, klassische Proteste zu machen. Wir haben dieses Repertoire durchgespielt und sind trotzdem meilenweit von unseren Zielen entfernt“, sagte Carla Reemtsma, die Sprecherin der Bewegung. „Wir werden deshalb eine Verbreiterung der Protestformen erleben wie bei der ‚Letzten Generation‘.“
Berliner CDU will Straßenblockierer zahlen lassen
Auch die Politik hat auf diese Entwicklung reagiert: Die Berliner CDU etwa hat ein Positionspapier vorgelegt, in dem sie ein härteres Vorgehen der rot-grün-roten Regierung der Hauptstadt gegen Straßen-Blockierer fordert, wie die „Bild am Sonntag“ berichtet. „Der rechtswidrige Blockade-Spuk muss ein Ende haben. Der Rechtsstaat darf sich nicht länger auf der Nase herumtanzen lassen. Es handelt sich hier nicht um Dumme-Jungen-Streiche, sondern um klare Straftaten. Unsere Gesellschaft darf sich nicht erpressen lassen“, zitiert das Blatt Kai Wegner, den Vorsitzenden der Berliner CDU-Fraktion.
Die CDU hält konsequentere Maßnahmen wie etwa Schnellverfahren durch eine Sonderstaatsanwaltschaft für notwendig. Denkbar sei eine längere Unterbindungsgewahrsam von bis zu 14 Tage statt wie sonst in Berlin maximal 48 Stunden. Zudem sei eine höhere Polizeipräsenz erwünscht, die vor Ort präventiv einschreiten soll. Außerdem sollen die Blockierer für die von ihnen verursachten Einsätze zahlen.
In Berlin hatten die Demonstranten der „letzten Generation“ in den vergangenen Wochen in Berlin rund 30 Mal Straßen und Autobahnen blockiert. Die Polizei nahm zwar mehr als 200 Anzeigen auf, in rund 170 Fällen wurden Demonstranten auch vorläufig festgenommen oder die Personalien festgestellt. An vielen Tagen waren es aber immer wieder dieselben jungen Männer und Frauen, die sich an den nächsten Aktionen beteiligten – teils nur wenige Stunden später.