Mit Fakten zu antworten, ist eine häufige Strategie im Umgang mit Falschaussagen. Zahlreiche Medien veröffentlichen mittlerweile sogenannte "Faktenchecks" zu unzähligen Themen; auf klimafakten.de gibt es fast 50 solcher Texte zu populären Mythen und Falschbehauptungen rund um den Klimawandel. Zum Beispiel wird dort zu der Behauptung, das Klima habe sich doch immer schon gewandelt, ausführlich erläutert, dass frühere Klimawandel mit dem heutigen nicht vergleichbar sind, weil natürliche Faktoren die gegenwärtige Erhitzung der Erde nicht erklären können und deshalb menschliche Einflüsse die Ursache sein müssen.
Sozialforscher allerdings haben aufgezeigt: Fakten allein "gewinnen" noch keinen Diskurs. Kollidieren die Fakten mit Grundeinstellungen von Menschen, bestreiten diese häufig eher die Fakten als ihre Einstellung zu ändern. Als alternative Strategie gegen Falschbehauptungen zum Klimawandel haben Sozialforscher deshalb die sogenannte inoculation (zu deutsch: "Impfen") vorgeschlagen – also Menschen präventiv über Strategien der Desinformation aufzuklären und dadurch gewissermaßen zu immunisieren. Einen weiteren Ansatz in dieser Richtung hat im Fachjournal Environmental Research Letters ein Team um John Cook vom Center for Climate Change Communication der George Mason University im US-Bundesstaat Virginia vorgeschlagen: das logische Durchleuchten von Argumentationsgängen.
"Desinformation erkennt man oft an logischen Fehlschlüssen"
Sehr häufig nämlich, so die Autoren, enthielten die Behauptungen von Klimawandelleugnern schlichte Logik-Fehler. Da werde zum Beispiel mit falschen Analogien oder suggestiven Fehlschlüssen gearbeitet. Mit etwas Übung, so das Autorenteam, könne man solche Tricks jedoch schnell aufspüren – und brauche dafür nur das allgemeine Handwerk der Logik. Diese neue Strategie des Konterns von Desinformation, betonen sie, habe den "besonderen Vorteil, dass sie auch Menschen anwenden können, die nicht über klimawissenschaftliche Expertise verfügen". Statt tief in die Details der Klimaforschung einzutauchen, kann man mit den formalen Mitteln, allgemein zugänglichen Mitteln der Logik arbeiten.
Stellenweise klingt der Aufsatz von Cook und seinen Co-Autoren Peter Ellerton und David Kinkead vom Critical Thinking Project der University of Queensland im australischen Brisbane denn auch fast wie ein Logik-Grundkurs. Cook und Kollegen erklären verschiedene Arten, wie aus Prämissen tragfähige Schlussfolgerungen gezogen werden – oder auch falsche. So folgt bekanntlich aus der Tatsache, dass man schon etliche weiße Schwäne gesehen hat, mitnichten, dass alle Schwäne weiß sind. Doch genau solche Fehlschlüsse, so die Autoren, finden sich in den Argumentationsgängen von Wissenschaftsleugnern zuhauf.
John Cook und seine Co-Autoren wollen, dass auch Laien ihren Konter-Strategie gegen Desinformation verstehen - und haben deshalb einen sogenannten "Video-Abstract" zu ihrem Aufsatz produziert: In einer Art Sketch erklären sie ihr Vorgehen; Foto: Screenshot/ERL
Ihr Vorgehen erläutern die Autoren an dem schon erwähnten Spruch aus Leugner-Kreisen, das Erdklima "habe sich doch immer schon gewandelt..." Als erstes müsse man die exakte Struktur solcher "Argumentationen" herausarbeiten, schreiben sie. In diesem Falle stecke in der kurzen Aussage nämlich eigentlich eine dreiteilige Schlussfolgerungs-Kette: "Prämisse 1: Das Klima hat sich in der Vergangenheit infolge natürlicher Prozesse geändert. Prämisse 2: Das Klima ändert sich momentan. Schluss: Das Klima ändert sich auch im Moment infolge natürlicher Prozesse." Schon durch dieses bloße Ausbuchstabieren eines Gedankenganges komme man häufig seinen Irreführungen auf die Spur.
In diesem Falle tritt zutage, dass die Argumentation mit einer versteckten Prämisse arbeitet. Implizit ist nämlich in dem Gedankengäng noch die Aussage enthalten: "Prämisse 3: Wenn etwas in der Vergangenheit nicht der Grund [für einen Klimawandel] war, wird er es auch in Zukunft nicht sein." Spricht man nun diese Prämisse explizit aus, wird die Argumentationskette zwar formal schlüssig – doch man erkennt schnell, dass Prämisse 3 inhaltlich falsch ist. Denn dass es für ein bestimmtes Ereignis einst gewisse Ursachen gab, bedeutet ja nicht, dass derselbe Vorgang heute nicht auch andere Ursachen haben kann.
"Lebensnahe Analogien zu fehlerhaften Argumentationen finden"
So weit, so korrekt. Doch derartige logische Dekonstruktion sei häufig zu trocken, um sie vor Laien auszubreiten. Deshalb empfehlen die Autoren, sich Parallelargumentationen auszudenken - was relativ leicht fällt, wenn man die logische Sezierarbeit hinter sich hat. Eine Parallelargumentation ist dabei eine Analogie, die den (falschen) Argumentationsgang auf ein Thema überträgt, das näher an den Alltagserfahrungen des Publikums liegt. In unserem Beispiel könnte eine Analogie lauten: "Prämisse 1: Ein vor Jahren gestorbener Schwan kam nicht durch menschliches Tun zu Tode. Prämisse 2: Gerade ist wieder ein Schwan gestorben. Schlussfolgerung: Auch dieser Schwan wurde nicht von einem Menschen getötet." So modifiziert wird der Haken an dieser Argumentationskette wohl jedem klar.
Mehr als 40 populäre Behauptungen von Klimawandel-Leugnern haben Cook und Kollegen mit ihrem Instrumentarium durchleuchtet. Bei jedem von ihnen sind sie auf den einen oder anderen Logik-Fehler gestoßen. Ihrem Aufsatz haben sie eine Anleitung fürs Dekonstruieren in Form eines Entscheidungsbaumes beigefügt, außerdem eine Aufzählung logischer Fehlertypen und eine lange Liste, in der für 42 Klimamythen die jeweiligen Logik-Fehler aufgezeigt werden. "Wir sind überzeugt", so das Fazit der Autoren, "dass ein elementares Verständnis des Argumentierens ausreichend ist, um eine große Zahl von Behauptungen der Klimawandel-Leugner zu widerlegen."
Toralf Staud