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Gelöschte Facebook-Profile Die Internationale der Fakes

Stand: 23.08.2018 16:09 Uhr

Die zuletzt von Facebook und Twitter gelöschten Konten weisen auf ein iranisches Netzwerk hin. Die Drahtzieher zielen mit ihrer Propaganda nicht nur auf die USA ab, sondern auch auf Europa.

Von Patrick Gensing, ARD-faktenfinder

Russische Anzeigen und Fake-Seiten, die Donald Trump unterstützen und Konflikte anheizen sollen - dieses Phänomen ist seit der US-Wahl 2016 bekannt. Ein blinder Fleck sind bislang Akteure aus anderen Staaten, die ähnliche Methoden anwenden.

Nun stoppte Facebook nach eigenen Angaben eine Kampagne aus dem Iran. Mehr als 650 Seiten, Gruppen und Konten - mit mehr als 813.000 Followern - seien gelöscht worden, teilte Facebook mit. Auch Twitter ging gegen entsprechende Propaganda vor und bestätigte, dass es sich bei vielen Profilen um mutmaßliche Accounts aus dem Iran handelte.

IT-Unternehmen entdeckte Netzwerk

Auslöser waren Analysen von FireEye. Das börsennotierte IT-Unternehmen hatte nach eigenen Angaben ein verdächtiges Netzwerk entdeckt, das mutmaßlich aus dem Iran gesteuert werde. Es handele sich dabei um verschiedene Netzseiten, die sich als unabhängige Medien ausgeben, tatsächlich aber mit dem staatlichen Sender Press TV in Verbindung stehen.

Diese Nachrichtenseiten verbreiten vor allem Inhalte gegen Israel, die USA und Saudi-Arabien. Außerdem seien iranische Facebook-Profile enttarnt worden, die sich in den USA als Liberale ausgeben hätten, um Stimmung gegen Trump und für iranische Positionen zu machen.

Zu dem mutmaßlichen iranischen Netzwerk gehören weiterhin ein angebliches Institut, das den Befreiungskampf gegen den Westen in Südamerika propagiert, sowie die "Liberty Front Press". Dabei handelt es sich um eine Nachrichtenseite ohne Impressum. Seit Juni 2017 haben die unbekannten Betreiber mehr als 1500 Beiträge veröffentlicht. Facebook, Instagram und Twitter löschten die Profile von "Liberty Front Press" nun.

Spuren in den Iran

Für ihre Vermutungen legte FireEye diverse Indizien vor: So seien beispielsweise verschiedene Twitter-Konten der verdächtigen Online-Projekte mit Telefonnummern aus dem Iran registriert worden. Die Internet-Adresse von verdächtigen Seiten sind zudem mit E-Mail-Adressen angemeldet worden, die wiederum Online-Unternehmen in Teheran zugeordnet werden können.

Die angeblich unabhängige Nachrichtenseite Q4t.tv beispielsweise sei tatsächlich mit dem staatlichen Sender Press TV verbunden, schreibt FireEye. Die DNS-Informationen bei der Internet-Registrierungsstelle bestätigen diese Angaben.

"The british left" aus dem Iran?

Die erwähnten Netz-Projekte fokussieren sich nicht nur auf die USA, sondern auch auf Europa - vor allem Großbritannien. So löschten Facebook und Twitter die jeweiligen Konten von Britishleft.com (britische Linke).

Screenshot: britishleft.com | Bildquelle: Screenshot: britishleft.com

Facebook und Twitter löschten die Profile von The british left.

Die Website von Britishleft.com selbst ist allerdings weiter online. Innenpolitisch geht es hier um Unterstützung für Labour-Chef Jeremy Corbyn und Polemik gegen konservative Politiker. Außenpolitisch stehen die Feinde in den USA, Israel und Saudi-Arabien; über Russland, den Iran und Syrien wird hingegen in den höchsten Tönen geschwärmt.

Geklaute Inhalte und fehlendes Impressum

Suchanfragen mit Artikeln von Britishleft.com zeigen, dass die Inhalte zumeist von anderen Seiten kopiert und als eigener Inhalt ausgegeben werden. Ein Hinweis auf die jeweiligen Urheber fehlt.

Zudem verfügt die Seite über kein Impressum und keine Informationen über die Herausgeber. In der Rubrik "Über uns" wird zwar als Chefredakteurin eine Una Mullaly angegeben - und tatsächlich existiert eine irische Publizistin mit diesem Namen, doch die stellte auf Twitter klar, dass sie nichts mit dem Projekt zu tun habe.

Auch die linksradikale "Britische Progressive Front" gehört zu den verdächtigen Projekten, deren Konten auf Twitter und Facebook nun verschwunden sind. Die "Britische Progressive Front" verbreitete anti-israelische Propaganda, oft übernommen von der "Patriotischen Palästinensichen Front", deren Konten auf Facebook und Twitter ebenfalls gelöscht wurden. Auch hier liegen laut EyeFire Hinweise vor, dass es sich um iranische Projekte handele.

"Kein Anschluss unter dieser Nummer"

Eine weitere Nachrichtenseite in dem verdächtigen Netzwerk ist der "Critics Cronicle". Die Seite ist ähnlich gestaltet wie "The british left" und veröffentlicht seit 2017 täglich mehrere Artikel. Die Agenda ist genauso eindeutig pro-russisch, pro-iranisch und israelfeindlich wie bei den anderen genannten Projekten.

Screenshot: criticschronicle.com

Nachrichtenseite, die angeblich aus Birmingham kommt.

Screenshot: twitter.com

Noch in Archiven verfügbar: der Twitter-Account der PPFP.

Angeblich sitzt die Redaktion vom "Critics Cronicle" in Birmingham - und immerhin ist hier eine Telefonnummer angegeben - unter der es allerdings keinen Anschluss gibt.

Tausende Dollar für Anzeigen

Facebook teilte mit, dass sich die Untersuchungen von FireEye bestätigt hätten - beispielsweise durch Analysen von IP-Adressen. Zudem hätten sich personelle Überschneidungen von Administratoren auf Facebook gezeigt. Profile aus dem Iran hätten sowohl verschiedene verdächtige Projekte oder staatliche Medienangebote betreut.

Geld ist demnach ebenfalls geflossen: Nathaniel Gleicher von Facebook schrieb, die Betreiber der verdächtigen Seiten hätten insgesamt mehr als 6000 Dollar für Anzeigen ausgegeben. Zuletzt wurden welche im August beauftragt. Außerdem hätten die Profile auch drei Veranstaltungen über Facebook organisiert.

Ideologische Gegensätze, ähnliche Strategien

Während mutmaßliche Trolle aus Russland im Westen also vor allem Stimmung für rechte Akteure machen, sollen aus dem Iran offenkundig linke Gruppen unterstützt werden, um die Agenda Teherans zu unterstützen.

Die Analysen von FireEye warnen, dass sich die Bedrohung durch solche Einflussversuche über Social Media weiterentwickelt. Die Strategien seien dabei ähnlich - unabhängig von den jeweiligen politischen oder ideologischen Zielen der Drahtzieher. FireEye kündigte an, demnächst weitere Details über das mutmaßlich iranische Netzwerk zu veröffentlichen.

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