Mamoru Samuragochi: Tauber Komponist gibt Täuschung zu

Komponist Mamoru Samuragochi: "Weil mein Gehör immer schlechter wurde" Zur Großansicht
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Komponist Mamoru Samuragochi: "Weil mein Gehör immer schlechter wurde"

Er wurde als "Japans Beethoven" gefeiert, machte sich mit klassischen Kompositionen zu Videospielen wie "Resident Evil" einen Namen. Nun hat der taube Musiker Mamoru Samuragochi gestanden, für seine Arbeiten einen Ghostwriter angeheuert zu haben.

Tokio - Der taube Komponist Mamoru Samuragochi hat zugegeben, bei seinen Werken getäuscht zu haben. Er engagierte demnach einen Ghost-Komponisten. Samuragochis Anwalt erklärte, sein Mandant bedauere "zutiefst, dass er Fans betrogen und andere enttäuscht hat". "Er weiß, dass es für seine Taten keine Entschuldigung gibt."

Der Komponist engagierte seinen anonymen Helfer den Angaben zufolge bereits vor knapp 20 Jahren. Der Ghostwriter habe rund die Hälfte seiner Werke mitkomponiert, "weil mein Gehör immer schlechter wurde".

Der japanische Rundfunksender NHK, der den 50-Jährigen im vergangenen März mit einer umfangreichen Dokumentation gewürdigt hatte, entschuldigte sich bei seinen Zuschauern für die fehlerhafte journalistische Arbeit. NHK habe in Reportagen und Nachrichten über den Komponisten berichtet, aber "trotz Recherchen und Prüfungen" nicht erkannt, dass dieser seine Arbeiten nicht selbst komponiert habe, erklärte der Sender.

Samuragochi war Mitte der neunziger Jahre mit klassischen Kompositionen zu Videospielen wie etwa "Resident Evil" bekannt geworden. Mit 35 Jahren wurde er taub, setzte seine Arbeit aber fort. Wegen seiner Taubheit bezeichnete das US-Magazin "Time" Samuragochi 2001 auch als den "Beethoven des digitalen Zeitalters".

Bekannt ist vor allem seine "Hiroshima"-Sinfonie, eine Ehrung der Opfer des Atombombenangriffs 1945. Später wurde das Stück zu einer Art Hymne für den Überlebenswillen der von der Tsunami-Katastrophe im März 2011 betroffenen Regionen.

wit/AFP

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1. Musik ist Musik
caracho! 05.02.2014
Zitat von sysopEr wurde als "Japans Beethoven" gefeiert, machte sich mit klassischen Kompositionen zu Videospielen wie Resident Evil einen Namen. Nun hat der taube Musiker Mamoru Samuragochi gestanden, für seine Arbeiten einen Ghostwriter angeheuert zu haben. http://www.spiegel.de/panorama/leute/mamoru-samuragochi-tauber-japanischer-komponist-gibt-taeuschung-zu-a-951595.html
Schande über den Komponisten, er hat sich erwischen lassen.....trotzdem bleibt die Musik grossartig, vollkommen egal, wer sie am Ende geschrieben hat. Und hätte der namentlich immer noch völlig unbekannte Ghostwriter versucht sie zu veröffentlichen, würden wir mit ziemlicher Sicherheit nie auch nur einen Takt davon gehört haben. Hallo lieber Ghostwriter, das ist deine grosse Chance, nutze sie! Es gibt viele namenlose Musiker, die die "Grossen" der Branche "inspirieren" und "unterstützen", sprich, die eigentliche Arbeit machen, und nur eine Handvoll kommt je ins Rampenlicht.... Am Ende bleibt die Musik, deren Sprache ist universell.
2. Es kann nur einen geben!
gatsue 05.02.2014
Danke für den Artikel. Seit über einem Jahr sitzte ich nun an den Symphonien von Beethoven um sie virtuell zu reproduzieren und in der Tat: Es scheint unmöglich die 9. Symphonie taub geschrieben zu haben. Und dennoch ist es so. Das Werk eines Genies, wie auch das von Stephen Hawking, ist nicht fassbar und Samuragochi musste wohl feststellen, dass er kein Genie ist.
3. NHK zu ARD/ZDF & Co.
cascada 05.02.2014
Hätten die deutschen ÖR-Anstalten eine derartige Dokumentation gebracht, dann würde sie wahrscheinlich auch nächstes Jahr noch unverändert wiederholt werden. Gegen Kritik wäre man garantiert zu 100% resistent. ARD, ZDF und Konsorten können sich von der Bescheidenheit der NHK-Journalisten eine dicke Scheibe abschneiden. Im Bayerischen Fernsehen wird ja noch immer gern die alte Doku mit Heinrich Göbel als vermeintlichen Erfinder der Glühlampe gezeigt, obgleich spätestens seit 2007 von Hans Christian Rohde eindrucksvoll widerlegt. Deshalb meinen Respekt gegenüber NHK im Umgang mit dieser Angelegenheit!
4. Jetzt mal nicht übertreiben...
robinato 05.02.2014
...die Fähigkeit, Musik ohne Zuhilfenahme eines Instruments zu komponieren, war und ist vielen Komponisten gegeben - gerade denen, mit absolutem Gehör. Wäre Mozart oder Schönberg ertaubt, hätten sie auch weiter komponiert. Das hat aber noch nichts damit zu tun, ob das "genial" ist oder nicht. Musik spricht einfach für sich, aber bei Mozart, Beethoven usw. muss halt noch dieser Geniekult drumherum sein.
5. Pfusch
Himbeertony 06.02.2014
Wenn man sich manche Handschriften Beethovens ansieht, möchte man meinen, er hätte auch einen Ghostwriter gehabt. Vielleicht ist der wahre Schöpfer der Neunten ein genialer Kopist gewesen, der die Aufgabe hatte, die Partitur in einen lesbaren Zustand zu bringen? - Kleiner Scherz am Rande...
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