Koreanische Trostfrau im Zweiten Weltkrieg Rückkehr nach Korea

Wie viele Frauen von den Japanern während des Zweiten Weltkrieges tatsächlich verschleppt wurden, ist bis heute nicht geklärt. Der Korea Verband geht von weit mehr als 200.000 Mädchen aus, meist im Alter zwischen elf und 15 Jahren. Sie sollten die japanischen Soldaten und Offiziere zum einen davor schützen, sich Geschlechtskrankheiten einzufangen; zum anderen wollten die Besatzer mit den "Troststationen" Massenvergewaltigungen in den okkupierten Gebieten verhindern.

Die Machthaber setzten ihren Willen mit roher Gewalt durch. Den Mädchen, die schwanger wurden, wurden die Bäuche mit Messern aufgeschlitzt, erinnert sich Lee. Die Kinder wurden getötet und vergraben, die Frauen verbluteten. Auch sie selbst wurde Opfer von Gewalt. Ein Soldat verletzte sie mit einer Machete am Oberarm, als sie ihm widersprach und davonlaufen wollte: "Aber was hätte es gebracht? Ich wusste ja nicht wohin und ich hatte kein Geld."

Geld. Darum dreht sich auch der Protest der noch lebenden Trostfrauen. Erstmals hat sich im Jahr 1991 in Korea eine der ehemaligen koreanischen Zwangsprostituierten mit ihrer Lebensgeschichte an die Öffentlichkeit gewagt. Seither folgten ihr Hunderte Leidensgenossinnen - immer unter dem so skeptischen wie schamvollen Blick der Öffentlichkeit. Und Japan? Hat zwar längst die Existenz von Trostfrauen anerkannt, zu Entschädigungen oder gar einer umfassenden Entschuldigung aber konnten sich die Japaner nie durchringen - und werden es wohl auch nie. "Die sitzen das aus. Bis es von uns keine mehr gibt", sagt Lee Ok-Seon, und die Verbitterung ist ihr anzumerken. Doch ihr Hass ist mittlerweile verflogen: "Es gibt nicht nur schlechte Japaner. Aber einer davon war der Tenno, der sich nie bei uns entschuldigt hat." Gemeint ist Japans verstorbener Kriegs-Kaiser Hirohito.

Das Ende des Martyriums

Dass sie selbst den "Menschenschlachthöfen" der Japaner entkommen ist, hält Lee für ein kleines Wunder: "Das habe ich sicher nur geschafft, weil Gott bei mir war." Der Glaube habe ihr durch diese Zeit geholfen. Auch dann, als die Japaner ihr die Gebärmutter entfernten.

Nach dem Ende ihres Martyriums blieb sie zunächst in China, lernte dort ihren späteren Mann kennen, der ebenfalls aus Korea kam und kümmerte sich um dessen Kinder. 2000 aber wagte sie nach dem Tod ihres Mannes einen gewaltigen Schritt und kehrte nach Korea zurück. In das Land, aus dem sie Jahrzehnte zuvor von fremden Machthabern verschleppt wurde. Heute kämpft sie dort um ihre Ehre und Würde.

Plötzlich öffnet Lee in dem Raum an der TU Berlin wieder ihre Augen. Ein Ruck geht durch ihren Körper, sie reißt ihren linken Fuß nach oben, legt ihn auf den Tisch. Dann lacht die zierliche Koreanerin: "Da wurde ich von einem Soldaten mit einem Schwert verletzt. Er wollte mich töten, aber ich war schneller." Der Schmerz an der Stelle, an der sie getroffen wurde, kommt immer wieder - manchmal in den komischsten Momenten. Bei Veranstaltungen wie dieser, bei Protesten oder in ihrem Zuhause, einem Heim für ehemalige Trostfrauen in Seoul. Doch manchmal, in Situationen wie jetzt, kann Lee Ok-Seon sogar darüber lachen.