Solingen: China kupfert Solingen ab

Solingen (RP) Ein dreiteiliges Küchenmesserset von Zwilling wurde abgekupfert. Das Unternehmen ließ die Ware beschlagnahmen und vernichten. Gestern wurde auf der Ambiente in Frankfurt der Negativpreis Plagiarius verliehen.

Küchenmesserset von Zwilling (links) und die Fälschung (rechts) von Cheng Fa Hotel Product, Guangzhou City, China. Foto: Aktion Plagiarius

Drei Preise, sechs gleichrangige Auszeichnungen und zwei Sonderpreise – zum Auftakt der Messe Ambiente in Frankfurt wurde gestern der gefürchtete Negativpreis Plagiarius verliehen. Auch ein Solinger Produkt wurde gnadenlos abgekupfert, und zwar ein dreiteiliges Küchenmesserset inklusive Verpackung von Zwilling J. A. Henckels. Als Fälscher ausgemacht und mit einem Zwerg mit goldener Nase "ausgezeichnet" wurde hier ein chinesisches Unternehmen: Cheng Fa Hotel Product aus Guangzhou City.

Der zehnköpfigen Jury des Plagiarius-Wettbewerbs 2010 war diese Produktfälschung einer der beiden Sonderpreise wert. "Wir hatten die Fälschungen auf einer Messe in China entdeckt. Hier war nicht nur unser Produkt nachgemacht, sondern auch unsere Marke verwendet worden. Das ist für uns noch das größere Problem. Zudem war die Verpackung 1:1identisch", sagt Sabine Vischer-Kippenhahn von der Zwilling-Rechtsabteilung. Zwilling ließ die gefälschten Messersets beschlagnahmen und vernichten. Das Unternehmen hat das Küchenmesserset schon lange im Programm.

In der Plagiarius-Jury saßen mit der Direktorin des Deutschen Klingenmuseums, Dr. Barbara Grotkamp-Schepers, und dem Geschäftsführer des Dreizackwerks, Harald Wüsthof, auch zwei Solinger. Der Preis wurde jetzt zum 34. Mal verliehen; insgesamt wurden 43 Einsendungen von der Jury begutachtet. Der schwarze Zwerg mit der goldenen Nase – der Preis wurde von Prof. Rido Busse initiiert – steht als Symbol für die exorbitanten Gewinne, die Produktpiraten sprichwörtlich auf Kosten innovativer Unternehmen erwirtschaften.

Das Abkupfern von Produkten hat nach Einschätzung von Ludger Benda in den vergangenen Jahren aber nachgelassen. Zumindest, was Solinger Produkte aus dem Schneidwarenbereich angeht. "Der Anteil gefälschter Ware, der in den Handel kommt, geht zurück, es wird weniger", meint der Geschäftsführer Recht und Fair Play der Industrie- und Handelskammer (IHK). Er führt dies insbesondere auf die seit jetzt acht Jahren laufenden Aktivitäten zum Schutz der Marke Solingen im Rahmen des Solingen-Fonds zurück. "2009 haben wir bei unserem Rundgang auf der Ambiente gemeinsam mit dem Zoll lediglich ein gefälschtes Besteck entdeckt und aus dem Verkehr ziehen lassen", ergänzt Benda.

Jury-Mitglied Dr. Barbara Grotkamp-Schepers. Foto: mak (Archiv)

Den Rundgang mit dem Zoll auf der Ambiente absolvierte gestern IHK-Mitarbeiterin Susanne Abendroth. Abgekupferte Solinger Produkte wurden diesmal nicht gefunden. Gleichwohl, der Schaden, den Produkt- und Markenpiraten verursachen, ist immens und geht in den zweistelligen Milliarden-Euro-Bereich. Insbesondere für kleinere und mittlere Unternehmen ist das ein massives Problem und kann sogar Existenz gefährdend sein. Allein in Deutschland entsteht durch den branchenübergreifenden Ideenklau ein jährlicher Verlust von bis zu 30 Milliarden Euro, berichtet das NRW-Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Energie.

Ein Schwerpunkt der Produkt- und Markenpiraterie liegt in Fernost. 54 Prozent der beschlagnahmten Waren an EU-Grenzen hatten ihren Ursprung in China. Bei der gestrigen Plagiarius-Preisverleihung in Frankfurt stammten fünf der elf Abkupferer aus China. "Produkt- und Markenpiraterie ist aber ein globales Problem", sagt die Aktion Plagiarius. Unter den gestern mit dem Negativpreis ausgezeichneten Firmen befanden sich auch welche aus Polen, Deutschland, Luxembourg und Italien.

Fotos

Negativpreis: Der Zwerg mit der goldenen Nase. Foto: Aktion Plagiarius