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Bundestags-Drucksache 13/4132:
Antwort der Bundesregierung
auf die Kleine Anfrage Drucksache 13/3712


 


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Deutscher Bundestag: Drucksache 13/4132 vom 15.03.1996
Eine Garantie für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Texte von Bundestagsdrucksachen kann nicht übernommen werden. Maßgebend ist die Papierform der Drucksachen. Aus technischen Gründen sind Tabellen nicht formatgerecht und Grafiken gar nicht in den Texten enthalten. Teile der Drucksachen (Anlagen), die z. B. im Kopierverfahren hergestellt wurden, fehlen ebenfalls.
 

Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ortrun Schätzle, Maria Eichhorn und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Heinz Lanfermann, Hildebrecht Braun (Augsburg), Dr. Dieter Thomae, Cornelia SchmaIz-Jacobsen und der Fraktion der F.D.P. - Drucksache 13/3712 - Maßnahmen der Bundesregierung auf dem Gebiet der Aufklärung über sogenannte Jugendsekten oder Psychogruppen einschließlich der mit ihnen rechtlich, wirtschaftlich oder in ihrer religiösen oder weltanschaulichen Zielsetzung verbundenen Organisationen



Seit Mitte der 70er Jahre ist die Bundesregierung mit dem Phänomen und dem Problemfeld der sog. Jugendsekten und Psychogruppen konfrontiert. Gesellschaftliche Veränderungen, die Infragestellung traditioneller Werte, der Mangel an Orientierung und Orientierungshilfen, Auswirkungen der Leistungs- und Konsumgesellschaft sind bis heute Ursachen dafür, daß junge Menschen und Erwachsene auf zahlreiche Angebote und Aktivitäten der sog. Jugendsekten und Psychogruppen hereinfallen und ihre späteren Opfer werden. Klagen aus der Bevölkerung über mögliche Gefährdungen für die Persönlichkeitsentwicklung und die sozialen Bezüge beziehen sich z.B. auf den Abbruch von Schul- und Berufsausbildung, die Aufgabe der Berufstätigkeit, die Verletzung familiärer Verantwortung, radikale Persönlichkeitsveränderung, geistige Abhängigkeiten, Unselbständigkeit, Kommunikations- und Beziehungskonflikte sowie häufige materielle (finanzielle) Schäden und Überschuldung. Auch die Kritik an einzelnen sog. Jugendsekten oder Psychogruppen sind vielfältig.

Aufgrund des hohen Aufklärungs- und Handlungsbedarfs über und gegen Sekten muß die Arbeit der Bundesregierung kontinuierlich weitergeführt und verstärkt werden.



 1.     Welche Gruppierungen zählt die Bundesregierung zu den sog. Jugendsekten oder Psychogruppen, und welche dieser Gruppierungen treten z.Z. verstärkt in Deutschland in Erscheinung?


Die Bundesregierung hat in Kooperation mit allen Bundesländern den Entwurf einer Informationsbroschüre »Sogenannte Jugendsekten und Psychogruppen in der Bundesrepublik Deutschland« erarbeitet, in den u. a. die nachfolgenden Gruppierungen und Organisationen aufgenommen wurden: Darüber hinaus wird in der Informationsbroschüre eine Reihe weiterer Gruppierungen genannt, die jedoch gegen ihre Aufnahme in die Broschüre verwaltungsgerichtliche Schritte unternommen haben. Die Verfahren dauern derzeit noch an.

Von den genannten Gruppierungen und Organisationen tritt zur Zeit besonders die Scientology-Organisation in Erscheinung. Aber auch von anderen Gruppierungen und Organisationen, insbesondere aus dem Bereich der sogenannten Psychogruppen, werden zunehmende Aktivitäten beobachtet.



 2.     Welche politischen und rechtlichen Problemfelder stellen sich der Bundesregierung heute im Zusammenhang mit sog. Jugendsekten und Psychogruppen, und wie schätzt sie das Gefährdungspotential dieser Gruppierungen für die Gesellschaft ein?

Die Bundesregierung ist seit Mitte der 70er Jahre mit dem Phänomen und dem Problemfeld der sog. Jugendsekten und Psychogruppen konfrontiert. Anlaß hierfür sind zum einen Klagen aus der Bevölkerung über negative Erscheinungen und Beeinträchtigungen durch diese Gruppierungen, zum anderen die Beobachtung wachsender Aktivitäten der Gruppierungen und Organisationen. Im Vordergrund stehen dabei potentielle Gefährdungen, die von diesen Gruppierungen in unterschiedlicher Weise ausgehen können. Hierbei handelt es sich z. B. um radikale Persönlichkeitsveränderungen, persönlichkeitsbedingte Abhängigkeiten, Unselbständigkeit und Kommunikationsschwierigkeiten, Ausstieg aus Beruf und Ausbildung, Auflösung von Ehe und Partnerschaft, Zerstörung familiärer Bindungen u. v. m. bis hin zu materiellen (finanziellen) Schäden und psychosozialen Beeinträchtigungen.

Gegenüber den Gruppierungen und Organisationen werden insbesondere folgende Kritikpunkte erhoben:



In der Auseinandersetzung mit dem Problemfeld der sog. Jugendsekten und Psychogruppen ist hinsichtlich der im wesentlichen tangierten Rechtsgebiete festzustellen:

1. Arbeits- und Sozialversicherungsrecht

Mitgliedschaften in sog. Jugendsekten und Psychogruppen sind oft durch eine völlige Vereinnahmung des einzelnen durch die jeweilige Organisation geprägt. So ist es dem Mitglied in solchen Gruppierungen häufig versagt, ein reguläres, von den geltenden arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften erfaßtes Arbeitsverhältnis einzugehen. Statt dessen haben Sektenmitglieder meist im Rahmen ihrer Zugehörigkeit zu einer Sekte vielfältige Tätigkeiten auszuführen. Inwieweit die Verpflichtung zur Ausführung der Tätigkeiten auf einem Arbeitsvertrag oder lediglich auf dem Mitgliedschaftsverhältnis beruht, kann nicht generell, sondern nur im Einzelfall -- von den Arbeitsgerichten -- beurteilt werden.
Hinsichtlich der »Scientology-Kirche Hamburg e.V.« hat das Bundesarbeitsgericht in seinem Beschluß vom 22. März 1995 -- J 2 1995, S. 951 ff. -- grundsätzliche Ausführungen zur Arbeitnehmereigenschaft von Scientology-Mitgliedern gemacht. Hiernach sind Scientology-Mitglieder dann als Arbeitnehmer zu qualifizieren, wenn die vereinsrechtliche Arbeitspflicht zur Umgehung zwingender arbeitsrechtlicher Schutzbestimmungen führen würde. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn dem zur Leistung abhängiger Arbeit verpflichteten Vereinsmitglied keine Mitgliedschaftsrechte zustehen, die ihm eine Einflußnahme ermöglichen, oder der Verein seinen in erheblichem Umfang zur Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichteten Mitgliedern weder einen Anspruch auf angemessene Vergütung noch auf Versorgung einräumt. Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen, die auch auf andere ähnliche Organisationen bzw. auf Sekten anzuwenden sein dürften, ist von einer Arbeitnehmereigenschaft des Mitglieds auszugehen, so daß insoweit sämtliche für Arbeitnehmer geltenden sozialversicherungs- und arbeitsrechtlichen Schutzgesetze zur Anwendung kommen.
Anknüpfungspunkt für das Bestehen einer Sozialversicherungspflicht ist grundsätzlich ein Beschäftigungsverhältnis. Beschäftigung ist jede nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis, die in persönlicher Abhängigkeit des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber geleistet wird.
Versicherungspflichtig sind dabei regelmäßig alle Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Zum Arbeitsentgelt gehören alle Einnahmen aus einer Beschäftigung, so auch Sachbezüge wie etwa Kost und Logis.
Ausnahmen von dieser allgemeinen Sozialversicherungspflicht Beschäftigter bestehen nur in wenigen Sonderfällen, etwa im Rahmen der geringfügigen Beschäftigung, bei der ein vorgegebener Umfang an Arbeitszeit und Arbeitsentgelt nicht überschritten werden darf. Dieser Rahmen von regelmäßig weniger als 15 Stunden wöchentlicher Beschäftigungszeit bei einem Arbeitsentgelt von regelmäßig maximal 590 DM (West) bzw. 500 DM (Ost) -- Werte für 1996 -- dürfte bei einer Beschäftigung von Sektenmitgliedern im Regelfall überschritten sein. Daneben liegt eine geringfügige und damit sozialversicherungsfreie Beschäftigung auch dann vor, wenn die Beschäftigung innerhalb eines Jahres seit ihrem Beginn auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart beschränkt zu sein pflegt oder im voraus zeitlich begrenzt ist, es sei denn, daß die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und das Arbeitsentgelt die o. g. Grenzen übersteigt. Auch diese Ausgestaltung wird vermutlich allenfalls in Ausnahmefällen gegeben sein. Danach sind Angehörige von sog. Jugendsekten und Psychogruppen, soweit sie wirtschaftlich verwertbare Arbeit leisten, und kein Ausnahmefall eingreift, regelmäßig versicherungspflichtig.

2.  Krankenversicherung

In der Krankenversicherung besteht in bestimmten, gesetzlich genannten Fällen Versicherungsfreiheit. Die besondere Versicherungsfreiheit für satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften und ähnliche Personen beschränkt sich auf Personen, die sich aus überwiegend religiösen oder sittlichen Beweggründen mit Krankenpflege, Unterricht oder anderen gemeinnutzigen Tätigkeiten beschäftigen. Derart zu qualifizierende Tätigkeiten dürften im Regelfall bei den sog. Jugendsekten und Psychogruppen nicht gegeben sein. Wer als Beschäftigter in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig ist, ist zugleich in der sozialen Pflegeversicherung versicherungspflichtig.
Mitglieder geistlicher Genossenschaften und Angehörige ähnlicher Gemeinschaften, die nicht in einem Beschäftigungsverhältriis stehen, d. h. keine für ihre Gemeinschaft wirtschaftlich verwertbare Arbeit leisten, sind in der Krankenversicherung nicht versicherungspflichtig. Nach dem Grundsatz »Pflegeversicherung folgt Krankenversicherung« sind sie dann auch in der sozialen Pflegeversicherung nicht versicherungspflichtig.

3. Rentenversicherung

In der Rentenversicherung sind Mitglieder geistlicher Genossenschaften und Angehörige ähnlicher Gemeinschaften seit dem 1. Januar 1992 auch dann versicherungspflichtig, wenn keine Beschäftigung vorliegt, sie also keine wirtschaftlich verwertbare Arbeit leisten. Versicherungsfreiheit ist nur gegeben, wenn für die Betroffenen nach den Regeln der Gemeinschaft Anwartschaft auf die in der Gemeinschaft übliche Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und Alter gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist; letzteres ist von der obersten Verwaltungsbehörde des Landes zu prüfen, in der die Gemeinschaft ihren Sitz hat. Bei Ausscheiden aus der Gemeinschaft ohne Versorgung sind die ehemaligen Mitglieder in diesem Falle jedoch für die Zeit der Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung nachzuversichern.

4.  Unfallversicherung

In der Unfallversicherung sind alle Personen versichert, die beschäftigt sind oder wie Beschäftigte tätig werden. Mitglieder geistlicher Genossenschaften und Angehörige ähnlicher Gemeinschaften sind nur dann versicherungsfrei, wenn sie sich aus überwiegend religiösen oder sittlichen Beweggründen mit Krankenpflege, Unterricht oder anderen gemeinnützigen Tätigkeiten beschäftigen und ihnen darüber hinaus nach den Regeln ihrer Gemeinschaft lebenslängliche Versorgung gewährleistet ist, wobei hinsichtlich der tatsächlichen Gewährleistung strenge Anforderungen gestellt werden. Im Regelfall dürften diese kumulativen Voraussetzungen kaum erfüllt sein.
Andererseits werden Personen, die hiernach versicherungsfrei sind und nach einer Unfallverletzung aus der Gemeinschaft ausscheiden, in der Unfallversicherung ähnlich gestellt wie in der Rentenversicherung aufgrund Nachversicherung. Sie können für die Zeit danach von dem Träger der Unfallversicherung die Leistung verlangen, die ihnen ohne die Versicherungsfreiheit zustehen würden, wenn gleichwohl die Gemeinschaft nicht von sich aus die Versorgung sicherstellt.

5. Arbeitslosenversicherung

Für die Arbeitslosenversicherung gelten im Grundsatz die gleichen Regelungen wie zur Kranken- und Rentenversicherung.

6. Arbeitsvermittlung

Im Bereich des Arbeitsmarktes streben Scientology-Mitglieder zunehmend den Zugang zur privaten Arbeitsvermittlung an und betreiben Personal- und Unternehmensberatung. Hinsichtlich der Arbeitsvermittlung hat das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung der Bundesanstalt für Arbeit die Weisung erteilt, Mitgliedern der Scientology-Organisation keine Erlaubnis zur Arbeitsvermittlung zu erteilen.
Für die nicht einem Erlaubnisvorbehalt unterliegende Personal- und Unternehmensberatung gibt es eine vergleichbare Untersagungsmöglichkeit nicht. Es ist jedoch davon auszugehen, daß die Unternehmen durch Informationsmaßnahmen sensibilisiert werden. Wenn sich aber herausstellen sollte, daß Informationen über die Scientology-Organisation allein nicht ausreichen, müßte geprüft werden, ob und inwieweit die Beratungstätigkeit von Mitgliedern der Scientology-Organisation untersagt werden kann.

7. Gewerberecht

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Beschluß vom 16. Februar 1995 (GewA 1995, 152 -- NVwZ 1995, 473 -- DÖV 1995, 644) klargestellt, daß die Scientology-Organisation, soweit sie Waren verkauft oder Dienstleistungen erbringt (Verkauf von Büchern, Broschüren sowie sog. Elektrometern, Durchführung von Kursen und Seminaren) ein Gewerbe ausübt und der Anzeigepflicht des § 14 GewO unterliegt. Das Bundesverwaltungsgericht führt hierzu aus:

»1. Für die Frage, ob mit der Abgabe von Waren oder der Erbringung von Dienstleistungen der Betrieb eines stehenden Gewerbes angefangen wird (§ 14 Gewerbeordnung), kommt es nicht auf den damit verfolgten Zweck an; dies gilt auch dann, wenn nach dem Selbstverständnis des Handelnden religiöse oder weltanschauliche Ziele verfolgt werden.
 2. Tritt eine Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft nach außen wirtschaftlich werbend auf und verfolgt sie damit eine religiöse oder weltanschauliche Zielsetzung, muß das Grundrecht des Artikels 4 GG mit u. U. gegenläufigen Rechtsgütern anderer, insbesondere Grundrechten Dritter, in Einklang gebracht werden. Eine solche Betätigung einer Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft darf bezüglich der Verpflichtung zur -- wertneutralen und die religiöse Betätigung nicht oder doch nicht nennenswert beeinträchtigenden -- Gewerbeanmeldung in den gewerberechtlichen Ordnungsrahmen eingebunden werden.«

Das Bundesverwaltungsgericht hat damit die Rechtsprechung der Vorinstanzen bestätigt, nämlich des VG Hamburg, Urteil vom 11. Dezember 1990, GewA 1991, 218 und des OVG Hamburg, Urteil vom 6. Juli 1993, GewA 1994, 16 -- NVwZ 1994, 192. Ähnlich hat sich davor auch schon das VG Düsseldorf in seinem Urteil vom 14. April 1987, GewA 1988,16, geäußert.Nach § 14 Abs. 1 GewO hat derjenige, der den selbständigen Betrieb eines stehenden Gewerbes oder den Betrieb einer Zweigniederlassung oder einer unselbständigen Zweigstelle anfängt, dies der für den betreffenden Ort zuständigen Behörde (Ordnungs- bzw. Gewerbeamt) gleichzeitig anzuzeigen. Entsprechendes gilt nach Satz 2 für Betriebsverlagerungen und -aufgaben. Verstöße hiergegen sind nach § 146 Abs. 2 Nr. 1 GewO bußgeldbewehrt. Die Anzeige dient nach Satz 3 primär dem Zweck, der zuständigen Behörde die Überwachung der Gewerbeausübung zu ermöglichen. Von besonderem Interesse ist in diesem Zusammenhang, daß nach § 14 Abs. 5 GewO Kopien der Gewerbeanzeige anderen Behörden und Stellen zur Durchführung deren Aufgabe übermittelt werden (Finanzämter, allgemeine Ortskrankenkassen, Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, Bundesanstalt für Arbeit, Berufsgenossenschaften und Registergerichte), die hierdurch in die Lage versetzt werden, die Einhaltung der einschlägigen Fachgesetze durch die Gewerbetreibenden zu kontrollieren und
ggf. die erforderlichen Maßnahmen zu deren Beachtung zu treffen.

Aus der o. a. Rechtsprechung, wonach zumindest Teiltätigkeiten der Scientology-Organisation dem Gewerberecht zuzurechnen sind, ergibt sich, daß auch die Untersagungsvorschrift des § 35 GewO anwendbar sein kann. Diese Vorschrift ist allerdings nur anwendbar, wenn der Gewerbetreibende oder das leitende Personal unzuverlässig sind. Dies ist nach allgemeiner Meinung derjenige, der keine Gewähr dafür bietet, daß er sein Gewerbe in Zukunft ordnungsgemäß ausüben wird. Die zuständige Behörde hat in dem Zusammenhang zu prüfen, ob -- in der Vergangenheit eingetretene -- Tatsachen vorliegen, die auf eine Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in der Zukunft schließen lassen. Derartige Untersagungsgründe, die die Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Frage stellen, sind Straftaten, die massierte Begehung von Ordnungswidrigkeiten, mangelnde wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, Verletzung von steuerrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Verpflichtungen.

8. Steuerrecht

Körperschaften mit ideeller Zielsetzung können gemeinnützig sein. Da mit der Gemeinnützigkeit Steuervergünstigungen bei allen wichtigen Steuerarten verbunden sind (insbesondere Befreiung von der Körperschaft-, Gewerbe- und Vermögensteuer, ermäßigter Steuersatz von 7 v. H. bei der Umsatzsteuer, Abzugsfähigkeit von Spenden), wird sie von den meisten sog. Jugendsekten und Psychogruppen angestrebt.

Eine Körperschaft ist gemeinnützig, wenn sie nach ihrer Satzung und ihrer tatsächlichen Geschäftsführung selbstlos, ausschließlich und unmittelbar einen gemeinnützigen Zweck fördert (§§ 51 bis 68 Abgabenordnung -- AO). Die Förderung der Religion ist ein gemeinnütziger Zweck (§ 52 Abs. 2 Nr. 1 AO). Auch die Förderung einer Weltanschauung wird grundsätzlich als gemeinnütziger Zweck angesehen. Die Gemeinnützigkeit ist jedoch an weitere Voraussetzungen gebunden, die von den sog. Jugendsekten und Psychogruppen regelmäßig nicht erfüllt werden. Sie ist z. B. zu versagen, wenn die Körperschaft in erster Linie eigengewerbliche Zwecke -- z. B. gewerbliche Zwecke oder sonstige Erwerbszwecke -- fördert (§ 55 Abs. 1 Satz 1 AO) oder wenn sie bei ihrer Tätigkeit gegen die Rechtsordnung verstößt (BFH-Urteil vom 29. August 1984, BStBl 1995 II S. 106). Weitere Gründe für die Versagung der Gemeinnützigkeit sind z. B. eine unzureichende Beschreibung des gemeinnützigen Zwecks in der Satzung und fehlende Nachweise über die Verwendung sämtlicher Mittel für die satzungsmäßigen Zwecke.

Über die Gemeinnützigkeit einer Körperschaft entscheidet das örtlich zuständige Finanzamt im Rahmen der Veranlagungsverfahren für die einzelne Steuer und den einzelnen Veranlagungszeitraum. Dabei hat es von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln und sicherzustellen, daß Steuervergünstigungen nicht zu Unrecht in Anspruch genommen werden.

9. Recht der gewerblichen Lebensbewältigungshilfe

Die in letzter Zeit festzustellenden zunehmenden Klagen aus der Bevölkerung über Methoden und Praktiken von Angeboten der gewerblichen Lebensbewältigungshilfe erfordern eine Prüfung hinsichtlich eines entsprechenden Handlungsbedarfs. Im Vordergrund hierbei stehen Regelungen für Dienstleistungen gewerblicher Lebensbewältigungshilfe, um den Verbraucher vor der mißbräuchlichen Anwendung von Techniken zu schützen, mit denen Bewußtsein, Psyche und Persönlichkeit manipuliert werden können. Besondere Bedeutung kommt hierbei einer umfassenden Aufklärung der Bevölkerung zu.
Im übrigen geht die Bundesregierung nach wie vor davon aus, daß das vorhandene Rechtsinstrumentarium ausreicht, um möglichen Verstößen der Gruppierungen und Organisationen gegen die Rechtsordnung wirksam begegnen zu können.



 3.     Ist es gerechtfertigt, angesichts der Gefährdungen heute noch von »Jugendreligionen« zu sprechen?

Das Phänomen, mit dem sich Staat und Gesellschaft konfrontiert sehen, wird mit unterschiedlichen Begriffen beschrieben: »Jugendsekten«, »Jugendreligionen«, »Destruktive Kulte«, »Psychokulte«, »Kommerzielle Kulte«, »Psychogruppen«, »Sog. Sekten«. Bis heute gibt es noch keinen einheitlichen Begriff für diese Gruppierungen und Organisationen, wenngleich sich im Sprachgebrauch der Öffentlichkeit und auch in der Rechtsprechung die Bezeichnung »Sog. Jugendsekten« eingeprägt hat.

Bei den Gruppierungen und Organisationen handelt es sich nicht um traditionelle Sondergemeinschaften und sektiererische Abspaltungen von Kirchen, sondern um neuere religiöse und/oder weltanschauliche Gemeinschaften oder um Gruppierungen, die sich als solche begreifen sowie um eine Vielzahl unterschiedlicher sog. Psychogruppen.

Die Bundesregierung verwendet den Begriff »Jugendreligionen« deshalb seit langem nicht mehr, zumal es sich bei den Betroffenen fast ausschließlich um Erwachsene handelt.

Nach Auffassung der Bundesregierung sollte das Problemfeld unter dem Begriff »Neuere religiöse/weltanschauliche Gruppierungen und sog. Psychogruppen« zusammengefaßt werden.



 4. Teilt die Bundesregierung die Auffassung des ehemaligen Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Dr. Werthebach, wonach eine Gruppierung wie die Scientology Church e.V. »eine neue Form des politischen Extremismus« (Peter Scherer in »Die Welt« vom 24.  Oktober 1995) darstellt?

Die zitierte Äußerung bezog sich auf die Problematik einer Zuordnung entsprechender Gruppierungen zu herkömmlichen Formen des politischen Extremismus und ging theoretisch auf die dafür erforderlichen Voraussetzungen ein.



 5.     Hält die Bundesregierung den Einsatz des Verfassungsschutzes zur Beobachtung destruktiv agierender Jugendsekten und Psychogruppen für geboten?

Nach den einschlägigen gesetzlichen Regelungen kann eine Befassung der Verfassungschutzbehörden nur in Betracht kommen, wenn Gruppierungen oder Organisationen Bestrebungen verfolgen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziel haben. Voraussetzung dabei ist, daß es sich bei solchen Bestrebungen gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes oder gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung um politisch bestimmte, ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen handelt.
Ob diese gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, muß nach den jeweiligen Gegebenheiten gesondert geprüft werden. Nach dem derzeitigen Erkenntnisstand sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt.
Hinsichtlich der Scientology-Organisation hat die Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder am 15. Dezember 1995 beschlossen, die Frage der Beobachtung durch die Verfassungsschutzämter und die Frage eines Vereinsverbotes weiter zu prüfen. Dem entspricht auch der Beschluß der Konferenz der Ministerpräsidenten der Länder vom 7. März 1996, wonach die Länder unter anderem fortlaufend prüfen, ob der Aufgabenbereich des Verfassungsschutzes eröffnet ist. Die Bundesregierung teilt diese Beurteilung.



 6.     Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß etwa die sog. Scientology Church e.V. lediglich vorgibt, eine Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft zu sein?

        Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus einer
entsprechenden Feststellung des Bundesarbeitsgerichtes?
Die Bundesregierung vertritt nach wie vor die Auffassung, daß
es sich bei der Scientology-Organisation weder um eine
Religionsgemeinschaft noch um eine Weltanschauungsgemeinschaft
handelt, weil ihre Ziele eindeutig auf wirtschaftliche
Aktivitäten ausgerichtet sind.
Diese Auffassung hat das Bundesarbeitsgericht in seinem
Beschluß vom 22. März 1995 bestätigt, in dem es eindeutig
davon ausgeht, daß es sich bei der Scientology-Organisation
weder um eine Religions- noch um eine
Weltanschauungsgemeinschaft handelt und sie deshalb für sich
nicht den Schutz aus Artikel 4 Abs. 1 und 2 des Grundgesetzes
in Anspruch nehmen kann, weil ihre vorgegebenen religiösen
oder weltanschaulichen Lehren nur als Vorwand für die
Verfolgung wirtschaftlicher Ziele dienten.
Nach dem Beschluß der Ständigen Konferenz der Innenminister
und -senatoren der Länder vom 6. Mai 1994 stellt sich die
Scientology-Organisation den für die Gefahrenabwehr und
Strafverfolgung zuständigen Behörden als eine Vereinigung dar,
die unter dem Deckmantel einer Religionsgemeinschaft Elemente
der Wirtschaftskriminalität und des Psychoterrors gegenüber
ihren Mitgliedern mit wirtschaftlichen Betätigungen und
sektiererischen Einschlägen vereint.
Die Tatsache, daß die Scientology-Organisation überwiegend
wirtschaftliche Ziele verfolgt, bedeutet, daß sie sich
hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Aktivitäten wie jede
andere Organisation behandeln lassen muß, die am
Wirtschaftsverkehr teilnimmt. Insbesondere besteht kein
Anspruch darauf, in das Vereinsregister gemäß § 21 des
Bürgerliches Gesetzbuches (BGB) als nichtwirtschaftlicher
Verein eingetragen zu werden. Bei bereits erfolgter Eintragung
in das Vereinsregister kann dem Verein nach § 43 Abs. 2 BGB
die Rechtsfähigkeit wieder entzogen werden, wenn er einen
wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhält.
 7.     Wie bewertet die Bundesregierung die Angriffe der sog.
Scientology Church e.V. gegen die Bundesrepublik Deutschland
wegen einer angeblich vorhandenen Verfolgung religiöser
Minderheiten insbesondere gegenüber internationalen
Organisationen?
        Welche Maßnahmen wurden zur Richtigstellung ergriffen?
Die Bundesregierung bewertet diese Angriffe als Teil einer
breitangelegten Diffamierungskampagne der Scientology-
Organisation gegen die Bundesrepublik Deutschland.
Im Rahmen der Vereinten Nationen hat sich die Scientology-
Organisation mit umfangreichen Beschwerden wegen angeblicher
privater und staatlicher Diskriminierung gegenüber
Scientologen in Deutschland an die Menschenrechtskommission
gewandt. Schon der zuständige Vorprüfungsausschuß hat diese
Beschwerden verworfen.
Dem Sonderberichterstatter der Menschenrechtskommission der
Vereinten Nationen zu Fragen religiöser Intoleranz wurden in
der Vergangenheit immer wieder Mitteilungen über angebliche
Diskriminierungen von Scientologen in Deutschland zugesandt.
In mündlichen und schriftlichen Stellungnahmen hat die
Bundesregierung diese Vorwürfe zurückgewiesen.
 8.     Auf welche Weise kommt die Bundesregierung ihrem Auftrag
des Schutzes des allgemeinen Freiheitsrechts nach Artikel 2
Abs. 1 und 2 GG und des Schutzes vor sog. Jugendsekten und
Psychogruppen nach?
In der Auseinandersetzung mit dem Problemfeld der sog.
Jugendsekten und Psychogruppen kommt die Bundesregierung ihrer
Pflicht zum Schutz des Grundrechts des Artikels 2 Abs. 2 GG
insbesondere durch eine umfassende staatliche Informations-
und Aufklärungsarbeit gegenüber der Öffentlichkeit über die
jeweiligen Gruppierungen und Organisationen, ihre Ziele,
Organisationsstrukturen und Praktiken sowie die möglichen
negativen schädigenden Einflüsse auf Bürgerinnen und Bürger
nach.
Die Rechtsprechung räumt der Bundesregierung zur Erfüllung der
durch die Grundrechte begründeten Schutzpflichten eine
unmittelbar aus der Verfassung sich ergebende Befugnis ein,
gegenüber der Öffentlichkeit Stellung zu beziehen sowie
Empfehlungen oder Warnungen auch gegenüber Religions- und
Weltanschauungsgemeinschaften auszusprechen.
Ein hinreichender Anhaltspunkt für eine Warnung besteht, wenn
nachweislich eine Gefahr für verfassungsrechtlich geschützte
Rechtsgüter besteht. Er wird darüber hinaus der
Bundesregierung auch dann schon zugestanden, wenn ein
begründeter Verdacht einer Gefahr vorliegt. In diesem Falle
ist die Bundesregierung auch bei einem möglicherweise noch
nicht umfassenden Kenntnisstand berechtigt, schon frühzeitig
aktuelle Entwicklungen, bei denen der Verdacht einer
Gefährdung des Gemeinwohls besteht, aufzuzeigen und ihnen
entgegenzutreten. Das von der Bundesregierung einzuhaltende
Maß der Sachaufklärung hat sich nach dem Gewicht der Gefahr
sowie nach dem Inhalt und der Funktion der Warnung zu
bestimmen.
 9.     Auf welche Weise kann die Bundesregierung trotz
zahlreicher Verwaltungsstreitverfahren mit sog. Jugendsekten
und Psychogruppen ihren Informations- und Aufklärungspflichten
nachkommen?
Die Bundesregierung ist durch die laufenden
Verwaltungsgerichtsverfahren grundsätzlich in ihrer
Informations- und Aufklärungsarbeit nicht behindert.
Die in der Frage angesprochenen Verwaltungsgerichtsverfahren
beziehen sich auf einen inhaltlich gemeinsam von Bund und
Ländern verantworteten Entwurf einer Informationsbroschüre
»Sog. Jugendsekten und Psychogruppen in der Bundesrepublik
Deutschland«, deren Herausgabe zum gegenwärtigen Zeitpunkt
wegen der laufenden Verfahren noch nicht möglich ist.
Die Bundesregierung kommt nach wie vor ihrer Informations- und
Aufklärungspflicht nach. So hat sie z. B. im Januar dieses
Jahres mit einer Broschüre die Öffentlichkeit über die
Gefahren, Praktiken und Ziele der Scientology-Organisation
informiert.
10.     Welche Institutionen und Organisationen haben es sich
neben der Bundesregierung zur Aufgabe gemacht, über sog.
Jugendsekten und Psychogruppen aufzuklären?
        Auf welche Art und in welchem Umfang geschieht dies?
Neben der Bundesregierung leisten Aufklärungs- und
Informationsarbeit die Bundesländer, die kommunalen
Gebietskörperschaften, die Beauftragten der Kirchen für
Sekten- und Weltanschauungsfragen, Eltern- und
Betroffeneninitiativen, die sich teilweise auf Bundes-,
Landes- und Ortsebene institutionalisiert haben,
Beratungsinstitutionen im öffentlichen und freien
Trägerbereich sowie andere gesellschaftliche Gruppen und
Institutionen.
Die Wahrnehmung dieser Aufgaben reicht von der allgemeinen und
speziellen Information und Aufklärung über das Problemfeld der
sog. Jugendsekten und Psychogruppen sowie die darunter zu
subsumierenden Gruppierungen und Organisationen bis hin zur
Beratung Betroffener und deren Angehörigen im Einzelfall.
11.     Welche zielgruppenorientierten Informationsmaterialien
werden von der Bundesregierung für notwendig erachtet, um
effektiv über das Gefährdungspotential durch sog. Jugendsekten
und Psychogruppen zu unterrichten?
Die Bundesregierung hält es im Rahmen der Informations- und
Aufklärungsarbeit für notwendig, zielgruppenorientiertes
Informations- und Aufklärungsmaterial u. a. für die Bereiche
Wirtschaft, Kommunen, Verwaltung, Polizei, Justiz zur
Verfügung zu haben.
12.     Welche Maßnahmen sind bisher zur Sensibilisierung der
öffentlichen Verwaltung speziell für die Kommunalverwaltung
(Ordnungsämter, Jugend- und Sozialämter) ergriffen worden?
Eine Sensibilisierung der öffentlichen Verwaltung und speziell
der Kommunalverwaltung (Ordnungsämter, Jugend- und
Sozialämter) erfolgt im Rahmen der Informations- und
Aufklärungsarbeit von Bund, Ländern und den Kommunalen
Spitzenverbänden sowie über den eingerichteten Bund-Länder-
Gesprächskreis »Sog. Jugendsekten und Psychogruppen«.
So ist z. B. die in Antwort auf Frage 9 erwähnte »Scientology-
Broschüre« flächendeckend in Deutschland verteilt worden.
13.     Welchen institutionellen Charakter hat die
interministerielle Arbeitsgruppe des Bund-Länder-
Gesprächskreises, die zur sog. Sektenproblematik einberufen
wird, und wem obliegt die Geschäftsführung?
        Welche Zielsetzungen, Aufgaben und Arbeitsstrukturen hat
diese Arbeitsgruppe?
Der im Februar 1992 gegründete Bund-Länder-Gesprächskreis
»Sog. Jugendsekten und Psychogruppen« sowie die
interministerielle Bund-Länder-Arbeitsgruppe sind
Arbeitsgremien, die eine enge Kooperation zwischen Bund,
Ländern und den kommunalen Gebietskörperschaften
gewährleisten. Ihre Aufgaben sind ein kontinuierlicher
Erfahrungsaustausch sowie die Abstimmung von Maßnahmen und
Aktivitäten auf dem Problemfeld der sog. Jugendsekten und
Psychogruppen. Der Bund-Länder-Gesprächskreis tritt jährlich
mindestens zu drei Sitzungen zusammen. Soweit erforderlich,
bereitet die interministerielle Arbeitsgruppe
Themenschwerpunkte vor.
Das Bundesverwaltungsamt ist mit der Geschäftsführung des
Bund-Länder-Gesprächskreises beauftragt worden.
14.     Wie beurteilt die Bundesregierung die Überlegungen, das
Bundesministerium für Wirtschaft, das Bundesministerium der
Finanzen, die Beauftragten für Sekten- und
Weltanschauungsfragen der Kirchen und Vertreter des Deutschen
Bundestages an den Beratungen der Arbeitsgruppe teilnehmen zu
lassen?
Bei dem Bund-Länder-Gesprächskreis bzw. der
interministeriellen Arbeitsgruppe handelt es sich um Gremien,
denen ausschließlich Vertreter des Bundes, der Länder und der
Kommunalen Spitzenverbände angehören.
Die Beteiligung des Bundesministeriums für Wirtschaft, des
Bundesministeriums der Finanzen sowie anderer Ressorts ist
themenorientiert und bedarfsgerecht sichergestellt.
Die Teilnahme von Vertretern des Deutschen Bundestages sowie
der Beauftragten für Sekten- und Weltanschauungsfragen an den
Gremiensitzungen ist nicht vorgesehen. Eine Kooperation mit
den beiden Bereichen wird in geeigneter Weise sichergestellt.
15.     Welche Aufgaben sind dem für Sektenfragen zuständigen
Referat beim Bundesverwaltungsamt in Köln übertragen, und wie
ist das Referat personell ausgestattet?
Dem Bundesverwaltungsamt ist gemäß § 1 Abs. 3 des Gesetzes
über die Errichtung des Bundesverwaltungsamtes der
Aufgabenbereich »Sog. Jugendsekten und Psychogruppen«
übertragen worden.
Zu diesen Aufgaben gehören im einzelnen:
Berichte, Analysen und Evaluationen zum Bereich der sog.
Jugendsekten und Psychogruppen für die Bundesregierung im
Blick auf
notwendige gesetzgeberische Initiativen,
Vorbereitung von Stellungnahmen und Berichten der
Bundesregierung gegenüber dem Deutschen Bundestag und seinen
Ausschüssen,
Information der Fachöffentlichkeit und Öffentlichkeit.
Ein entsprechendes Referat ist am 1. Juni 1994 eingerichtet
worden. Es ist z. Z. mit sechs Mitarbeitern und
Mitarbeiterinnen ausgestattet (eineinhalb Stellen höherer
Dienst, drei Stellen gehobener Dienst, eine halbe Stelle
mittlerer Dienst).
16.     Wie wirken sich datenschutzrechtliche Bestimmungen auf
die Pflicht der Bundesregierung aus, über die Betätigung von
Jugendsekten oder sektenähnlichen Vereinigungen einschließlich
der mit ihnen rechtlich, wirtschaftlich oder in ihrer
religiösen oder weltanschaulichen Zielsetzung verbundenen
Organisationen oder Vereinigungen zu informieren und ggf. zu
warnen?
17.     Hält die Bundesregierung gesetzliche Änderungen im
Datenschutz für notwendig, und wenn ja, welche?
Die sog. Jugendsekten und Psychogruppen einschließlich der mit
ihnen verbundenen Organisationen fallen, unabhängig davon, ob
sie juristische Personen (eingetragene Vereine) oder sonstige
Personengesellschaften sind, grundsätzlich nicht unter die
Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG). Der durch das
BDSG gewährleistete Schutz personenbezogener Daten bezieht
sich ausschließlich auf die persönlichen oder sachlichen
Verhältnisse einer natürlichen Person. Datenschutzrechtlich
relevant wird der Umgang mit Daten über die sog. Jugendsekten
und Psychogruppen sowie die mit ihnen verbundenen
Organisationen erst dann, wenn die Angaben über die
Personengemeinschaft sich auf die einzelnen Mitglieder
beziehen, d. h. etwas über die Verhältnisse der einzelnen
Mitglieder aussagen. Dies könnte beispielsweise bei einer mit
einer sog. Jugendsekte oder Psychogruppe verbundenen
wirtschaftlichen Organisation, etwa einer OHG, der Fall sein,
wenn sich Angaben zur OHG gleichzeitig auch auf einen
Gesellschafter als natürliche Person beziehen.
Grundsätzlich könnten die personenbezogenen Daten aber nach
dem BDSG erhoben und genutzt werden, wenn es zur Erfüllung der
in der Zuständigkeit der datenerhebenden und -speichernden
Stelle liegende Aufgabe erforderlich ist. Gleichfalls wäre
eine Datenübermittlung an eine andere Stelle grundsätzlich
zulässig, sofern dies im Rahmen der Aufgabenerfüllung
notwendig ist.
Sofern im Rahmen einer zulässigen Aufgabenübertragung
personenbezogene Daten verarbeitet werden, erscheint es wegen
des dann vorliegenden Eingriffs in das informationelle
Selbstbestimmungsrecht aus datenschutzrechtlicher Sicht
allerdings vorzugswürdig, die Erhebung, Verarbeitung und
Nutzung durch den Gesetzgeber näher zu regeln.
18.     Welche allgemeinen und welche speziellen Beratungsdienste
gibt es für Personen, die in Konflikt mit sog. Jugendsekten
und Psychogruppen gekommen sind?
Für Personen, die in Konflikt mit sog. Jugendsekten und
Psychogruppen geraten sind, steht im öffentlichen und
nichtöffentlichen Bereich eine Vielzahl von Beratungsdiensten
zur Verfügung. Zum einen sind es die Beratungsinstitutionen
auf kommunaler Ebene wie z. B. die Lebens-, Erziehungs-,
Eltern-, Familien-, Ehe- und  Jugendberatungsstellen sowie die
zahlreichen auf Landesebene und kommunaler Ebene bestehenden
Eltern- und Betroffeneninitiativen. Eine besondere Bedeutung
kommt hierbei den auf Landes- und Ortsebene eingerichteten
Beratungsinstitutionen der Kirchen sowie den Beauftragten für
Sekten- und Weltanschauungsfragen der Kirchen zu.
19.     Inwieweit hat ein Ausbau der Arbeit der Elterninitiativen
sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene und kommunaler
Ebene stattgefunden?
        Hält die Bundesregierung unterstützende Leistungen für
sinnvoll, und in welchem rechtlichen Rahmen ist dies möglich?
Aufgrund der Urteile des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.
März 1992 -- BVerwG 7 C 21.90 und 22.90 -- sind der
Bundesregierung die finanzielle Förderung und damit der Ausbau
der Arbeit der Elterninitiativen auf Bundesebene nicht mehr
möglich. Dasselbe gilt im Prinzip auch für die Länder und die
kommunalen Gebietskörperschaften. Die Bundesregierung hält
unterstützende Leistungen der Arbeit der Elterninitiativen für
sinnvoll. Die Ausgestaltung sowie Fragen der rechtlichen
Zulässigkeit werden Gegenstand künftiger Erörterungen im Bund-
Länder-Gesprächskreis »Sog. Jugendsekten und Psychogruppen«
sein.
20.     Zu welchen Themen sind wissenschaftliche Gutachten und
Expertisen von der Bundesregierung vergeben worden?
Die Bundesregierung hat bislang folgende Forschungsprojekte
bzw. wissenschaftliche Expertisen vergeben:
Sekten und Psychokultur
        Reichweite und Attraktivität von Jugendreligionen in der
Bundesrepublik Deutschland, erschienen im Verlag Herder,
Freiburg im Breisgau, 1987.
Sozialpsychologische Analyse der Anziehungskraft von
Alternativ-Welten zu einer demokratisch verfaßten und
aufgeklärten Gesellschaft unter besonderer Berücksichtigung
des Problemfeldes der sog. neueren religiösen Bewegungen und
der Tendenz zur Gewaltbereitschaft
        Die Forschungsergebnisse sind noch nicht veröffentlicht.
Wissenschaftliche Gutachten zu familienrechtlichen und
soziologischen Fragestellungen im Zusammenhang mit den sog.
Jugendsekten und Psychogruppen
Die Ergebnisse liegen noch nicht vor.
21.     Welche Statistiken stehen der Bundesregierung zur
Verfügung, die Auskunft geben sollen über Zahl,
Eintrittsgründe, Austrittswilligkeit, Anwerbemethoden,
Schädigungen von Personen, die mit sog. Jugendsekten und
Psychogruppen zu tun hatten?
Der Bundesregierung stehen hierzu keinerlei Statistiken zur
Verfügung.

Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des
Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
vom 12. März 1996 übermittelt.

Die Drucksache enthält zusätzlich -- in kleinerer Schrifttype -- den Fragetext.
15.03.1996 nnnn
 



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